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Test

Im Test: Last Day of June

Was wäre wenn wir die Vergangenheit ändern könnten? Läuft nicht sowieso alles am Ende in die gleichen Bahnen? Das Puzzle-Adventure Last Day of June dreht sich um diese Frage.

Ovosonico ist ein italienisches Entwicklungsstudio, das 2014 durch die Veröffentlichung des PS Vita-Spiels Murasaki Baby Berühmtheit erlangte. Hinter dem im lombardischen Varese beheimateten Entwickler steckt Industrieurgestein Massimo Guarini, Mastermind hinter Grasshoper Manufactures Shadows of the Damned. Während Murasaki Baby ein 2D-Platformer ist, geht man in Last Day of June neue Wege.

Geschichte

Last Day of June dreht sich um die Liebesgeschichte zwischen Carl und June. Wir lernen die beiden am Steg eines Sees (basierend auf Lake Varese?) kennen. Carls riesengroße Brille sticht direkt ins Auge, June besitzt so ein offensichtliches optisches Merkmal nicht. Es ist wohl Carls Geburtstag und sie überreicht ihm sein Geschenk. Doch schnell brechen die Wolken und die beiden eilen zurück zu Carls blauem Mini Cooper-artigen Auto mit dem Kennzeichen “OVO75”, das bestimmt nichts mit dem Namen der Macher zu tun hat.

Auf der Rückfahrt wird’s tragisch: Ein kleiner Junge rennt auf die Fahrbahn, um seinen Ball zu holen. Carl reißt im letzten Moment das Lenkrad um und der so schöne Tag des jungen Liebespaares endet auf schockierende Weise.

Carl verliert nicht nur die Liebe seines Lebens,  sondern auch die Möglichkeit zu laufen. Er fristet fortan sein Dasein in dem einst so mit Leben gefüllten Haus, das jetzt karg und dunkel ist. Die Bilder mit seiner verstorbenen Herzensdame hat er alle abgehängt und in das Kunstzimmer wagt er sich nur noch ungern, erinnert es ihn doch an die schöne Zeit mit seiner begeisterten Malerin.

Eines Nachts begibt er sich doch hinein und entdeckt eine Möglichkeit, die Zeit zurückzudrehen. Die Portraits der einzelnen Story-relevanten Personen sind verzaubert. Nach und nach springt Carl in die Rolle der verschiedenen Figuren und versucht ihre Talente zu nutzen, um die Tragödie zu verhindern.

Der weitere Verlauf der Geschichte und auch das Ende berühren selbst die erfahrensten Spieler. Die Story nimmt immer wieder überraschende Wendungen und endet ganz anders, als man das erwarten würde. Einzig ein Grund für Carls magische Fähigkeiten bleiben uns die Storyschreiber schuldig. So kann man die Geschichte aufgrund ihrer fantastischen Elemente nur in Teilen nachvollziehen und das verdirbt dem ernsten Ton etwas an seiner Wirkung, ändert am Ende aber nichts an der rührenden Story.

Gameplay

Wir schlüpfen nach und nach in die unterschiedlichen Rollen und spielen das tragische Ereignis nach, ändern aber jeweils eine kleine Tatsache, um den Unfall zu verhindern. Als kleiner Junge können wir etwa unseren Ball werfen. Wir entscheiden uns entweder mit dem Hund zu spielen, doch laufen dann Gefahr, dass wir ihn auf die Straße locken und zur potenziellen Gefahr für das autofahrende Liebespärchen machen. So können wir auch unserem Drachen nachgehen, müssen dazu aber gewisse Ziele erfüllen. Als Nachbarin, die die Stadt aus Gründen, die wir euch nicht spoilen möchten, verlassen möchte, sollten wir das unglaublich viele Gepäck auf der Hinterseite des Autos sichern. Hierzu benötigen wir ein Seil, welches allerdings auch der kleine Bub für seinen Drachen benötigt. Das Talent der Frau ist es, Dinge hochheben und von Punkt A nach Punkt B tragen zu können. Dem Jäger wurde hingegen eine seiner zahlreichen Trophäen von einem Vögelchen stibitzt, welches er fortan zusammen mit seinem Gewehr und dem mehr oder minder treuen Hund jagt.

Um die Geschichte umzuschreiben und June zu retten, gilt es alle Talente der Dorfbewohner zu nutzen. Hierzu spielt einem das Spiel nach jeder Änderung am Verlauf der Handlung das Ergebnis vor. Erst nach einem Dutzend Versuchen werden wir es schaffen, etwas zu verändern. Das wirft natürlich die Frage auf, ob nicht ständig die gleichen Aktionen zu wiederholen sind, um nur ein kleines Zahnrad am Uhrwerk des Schicksals zu verändern. Ovosonico schafft es durch Kürzungen diese Wiederholungen zu vermindern, ideal finden wir das System aber immer noch nicht. Die Puzzles sind dabei durch die abwechslungsreichen Talente der Spielfiguren raffiniert und uns gefällt der generelle spielerische Aufbau. Wenn wir einmal spielen dürfen und uns unterschiedliche Wege im Laufe der Zeit erschlossen werden, sind wir motiviert, die Lösung zu finden. Interagiert man etwa einmal aus Versehen mit dem falschen Objekt, ist der Versuch direkt verloren, wir müssen uns jedoch trotzdem zum x-ten Mal den fatalen Unfall ansehen. Einerseits hat das Spiel dank diesem System eine vertretbare Spielzeit, man hätte hier jedoch noch weiter den Rotstift ansetzen können und eine Rückspulfunktion im Stil von Life is Strange hätte dem Gameplay gut getan.

Technik

Last Day of June hat einen sehr interessanten Darstellungsstil für seine Figuren. Die Köpfe sind dabei riesig, die Körper und Gliedmaßen vergleichsweise klein und zierlich. Etwas unheimlich ist zu Beginn die Tatsache, dass die Charaktere keine Augen, sondern nur Kerben haben. Das Design erinnert an Tim Burtons Werke. Kein Wunder, schließlich basiert das Aussehen von Carl, June & Co. auf Steven Wilsons Song “Drive Home”, dessen Video von Jess Cope, einem Schützling von Tim Burton, realisiert wurde und der mit Ovosonico die Visualisierung der Protagonisten arbeitete.

Die gesamte Optik des Spiels ähnelt einem faszinierenden Gemälde, was zur Geschichte passt. Die Spielwelt ist größtenteils in lila und orange getaucht, Objekte und Teile der Umgebung, die gerade nicht im Fokus sind, werden in Wasserfarben dargestellt. Aufgrund des farbenfrohen, nicht allzu detailreichen Looks läuft das Spiel und die hübschen Animationen angenehm flüssig und Ladezeiten halten sich in Grenzen. Abstürze gibt’s bei uns nicht, technische Ungereimtheiten wie Clipping-Fehler gibt es an der ein oder anderen Stelle.

Die Figuren unterhalten sich in einer Sims-artigen Fantasiesprache, die durch Gestik dem Spieler den Inhalt der Konversationen auf anschauliche Weise vermittelt. Der Frontsänger der britischen Progressive Rock-Band Porcupine Tree Steven Wilson zeichnet sich für den von Klaviermelodien geprägten Soundtrack verantwortlich. Last Day of June könnte seine Magie ohne die hochqualitative Musik nicht in der bestehenden Form entfalten.

Fazit

Last Day of June erzählt eine hochemotionale Geschichte und entfaltet seinen spielerischen Reiz aufgrund der Mechanik, die Ereignisse durch die Taten der Dorfbewohner zu beeinflussen und am Ende zu ändern. Sowohl die Story als auch der spielerische Aspekt ist dabei keineswegs perfekt und makellos, so besteht in manchen Fällen Erklärungsnot und eine Straffung bestimmte Abschnitte hätte dem Spielfluss gut getan. Könnt ihr darüber hinweg sehen, werdet ihr euch bald in den charmanten Look und die sympathischen Charaktere verlieben und erlebt ein interaktives Drama, das ihr noch eine Weile verdauen werden müsst.

Verpackung von Last Day of June

Spieletitel: Last Day of June

Genre: Adventure

Veröffentlichungsdatum: 31.08.2017

Plattformen: PC | PlayStation 4 | 

Entwickler: Ovosonico

Publisher: 505 Games


This game was provided by the publisher for review purposes, check our review policy for details.

One comment
  1. Exxoz Zockt

    Aktuell recht schön zu sehen das es mitlerweile Spiele in den Markt schaffen und auch die Aufmerksamkeit erhalten die sich mit tiefergehenden Themen beschäftigen 🙂

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