Unter dem Motto „WTFuture?!“ fanden vom 22. bis 24. Oktober 2025 zum 39. Mal die Medientage München statt.
Die Medientage fanden in diesem Jahr als #MTM25 erstmals im House of Communication im Münchner Werksviertel statt und sie wurden vor allem von den Themen Künstliche Intelligenz (KI) und dem Verhältnis zwischen Plattformen wie Social Media und Streaming-Diensten sowie neuen Medien wie Podcasts und dem linearen Fernsehen bestimmt. Die Expo hat einmal mehr einen Einblick in die Arbeit der Medienschaffenden und die Möglichkeit, sich für eine Karriere in diesem Bereich zu engagieren, geboten. Auf sechs Bühnen diskutierten und sinnierten über 300 Speaker über die Zukunft der Medien.
Die Medientage und ihre Gipfel
Beim Eröffnungsgipfel trat neben Größen der Politik und Medienlandschaft Deutschlands auch der Satiriker Oliver Kalkofe auf, der im Kontext von Cancel Culture auf die Absetzung der Zeichentrickserie Schweinchen Dick etwa wegen „brutal erdachter Hinterhältigkeit“ hingewiesen hat und meinte, dass man alles weiterhin sagen könne und den Menschen die Scheu nehmen könne, vor dem Posten oder Sprechen einmal nachzudenken. Er ging auf die Verantwortung von Medienunternehmen, auch im Angesicht von Kontroversen und insbesondere in Unterhaltungsformaten der „Generation H.O.R.S.T. – hackedoof, oberflächlich, rammelbereit, selbstverliebt und tätowiert“, und auf Segen und Gefahren von KI ein.
Im TV-Gipfel waren zwar auch unterschiedliche Positionen zu finden – etwa der Kontrast der Stellungnahmen zwischen den Vertreterinnen und Vertretern des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und privater Medien zu den zahlreichen Konsolidierungen von riesigen und einflussreichen Medienunternehmen und einer möglichen Monopolbildung -, er wurde allerdings auch als Werbe- oder Networking-Möglichkeit genutzt, etwa um den Streaming-Dienst Joyn in die Amazon Prime Channels zu bekommen.
Während sich der Großteil der Panels auf Streaming, Fernsehen, Journalismus, Plattformen und KI bezogen hat, gab es auch eine Hand voll an Gesprächen zum Thema Gaming, auf die wir nachfolgend eingehen werden.
„Gamification“ des Journalismus – Nur Spielerei oder der Endgegner von Nachrichtenmüdigkeit?
Im Panel „‚Gamification‘ des Journalismus – Nur Spielerei oder der Endgegner von Nachrichtenmüdigkeit?“ haben sich Prof. Dr. Angelika Beranek, Professorin an der Hochschule München und Leiterin des Media Culture Labs, Prof. Clemens Hochreiter, Professor an der Hochschule Fresenius und Co-Geschäftsführer des Entwicklerstudios Reality Twist, das sich auf dokumentarische Spiele spezialisiert hat, Clemens Leitner, Leiter des Storytelling Labs „Audience First“ beim Bayerischen Rundfunk und Mareike Stürenburg, Institut für Rechtsexremismusforschung an der Universität Tübingen zusammengefunden. Dem von Linus Lüring (BR24 Medien) moderierten Panel hat es an einem klar definierten Thema gefehlt. Immer wieder wurden unterschiedliche Begriffsdefinitionen für „Gamification“ artikuliert und verschiedene Themen wie Nachrichten auf Social Media, Games-Journalismus, Spieleentwicklung und der Zusammenhang zwischen Spielenden und Rechtsextremismus (Fazit: Es gibt keine keinen.) kurz angerissen, ohne dabei in die Tiefe zu gehen.
Interessante Einblicke lieferte Prof. Hochreiter in die Entwicklungen in seinem Studio Reality Twist. Auf Basis einer erfolgreichen Seenotretter-Simulation wollte man ein Spiel dazu entwickeln, wie die Küstenwache mit der Flüchtlingskrise umgeht. Das sei „komplett in die Hose“ gegangen, da die Entwickelnden sehr unterschiedliche Positionen zu dem Thema eingenommen haben. Das Spiel Take Us North von Anima Interactive hat in jüngster Vergangenheit bewiesen, dass Videospiele mit dem Thema Migration weiterhin mit immensen Herausforderungen zu kämpfen haben. Während es auf dem Tribeca Festival und auf der gamescom gut angenommen wurde, entwickelte sich online eine Hetzkampagne gegen das Game und das Studio dahinter, was zeitweise dazu führte, dass die Social Media-Konten abgeschaltet wurden und die Zukunft des Spiels ungewiss ist.
Konträre Meinungen gab es dazu, wie innovativ ein kostenlos verfügbares öffentlich-rechtliches Game, also finanziert vom Rundfunkbeitrag, sein darf. Prof. Beranek, die die Meinung vertrat, dass diese Spiele eine möglichst große Spielerschaft ansprechen müssen, wunderte sich darüber, dass für eines der Spiele ein VR-Headset von Meta erforderlich sei. Leitner vom BR meinte, dass man sich ganz bewusst für die Entwicklung von Projekten wie der VR-Erfahrung München 72 und des XR-Spiels Green Guardian vom SWR entscheiden würde, auch wenn diese nicht barrierefrei seien, um im Innovationsbereich tätig zu sein und Erfahrung mit diesen Zukunftstechnologien zu sammeln. Barrierefreiheit und deren gesetzliche Verankerung sei trotzdem wichtig, was uns direkt zum nächsten Panel bringt.
Spiele für alle: Barrierefreiheit zählt – Wie inklusive Games Gemeinschaft und Innovation stärken
Im Panel „Spiele für alle: Barrierefreiheit zählt – Wie inklusive Games Gemeinschaft und Innovation stärken“ hat Iva Randelshofer, Leiterin der Design- und Forschungsabteilung bei Ubisoft, zunächst einen Impulsvortrag gehalten. Sie hat die wirtschaftliche Bedeutung der Barrierefreiheit in Videospielen hervorgehoben, da laut WHO derzeit rund 1,3 Milliarden (oder 16 Prozent) aller Menschen mit kognitiven, visuellen, auditiven, sprachlichen oder motorischen Einschränkungen leben würden und laut AbleGamers bis 2029 bis zu 3 Milliarden erwartet werden würden sowie 20 bis 30 Prozent der Spielenden davon betroffen wären.
Gute Beispiele für Barrierefreiheit seien The Last of Us Part II Remastered mit 60 verschiedenen Presets und einem Hochkontrastmodus, der die Farben entsättigt und den Fokus auf die Kernelemente des Spiels legt, Forza Horizon 5 mit Gebärdensprache und Unterstützung des Xbox Adaptive Controllers für Spielende mit motorischen Einschränkungen sowie Assassin’s Creed Valhalla mit Text-to-Speech und der Möglichkeit, Quick-Time-Events (QTEs) mit einer vereinfachten Eingabe zu ersetzen. Diese Maßnahmen hat das Ubisoft-Team im Sinne des „Curb cut effects“ getroffen, da sie für eine spezielle Gruppe konzipiert wurden, aber der Allgemeinheit zu Gute kommen sollen, deren durchschnittliches Alter ohnehin in den vergangenen 20 Jahren von 30 bis 41 gestiegen sei und von den Zusatzoptionen profitieren könnten.
Im Panel haben sich Randelshofer noch Luca Ram von Game2Gether und der Augsburger Allgemeinen und Boris Schneider-Johne, Produkt-Manager bei CipSoft und ehemaliger langjähriger Videospielredakteur u.a. für Power Play und PC Player, angeschlossen. Ram führte als Beispiel für die Verbesserung der Barrierefreiheit in den vergangenen Jahren den Wegfall von QTEs an und er wünschte sich, dass jeder Spielende alle Rollen „von der Ameise bis zum Astronauten mit allen möglichen Optionen“ übernehmen kann. Die Implementierung von Optionen wie Screenreadern wurde von Randelshofer als Herausforderung für die Entwicklerstudios genannt, man würde nun aber bereits in der Vorproduktion das Einbauen von Optionen von Barrierefreiheit mitdenken. Schneider-Johne, der selbst lange Jahre für Microsoft und Xbox tätig war, meinte, es gäbe gute Ansätze wie den Xbox Adaptive Controller, immer wieder gäbe es allerdings Spiele, bei denen etwa eine zu geringe Schriftgröße bemängelt wird. Konträre Positionen gab es zum Thema Barrierefreiheit in kompetitiven Spielen: Während Randelshofer sich wünschte, dass auch in Mehrspielermodi alle Spielende ihre Skills miteinander messen können sollten, meinte Schneider-Johne, dass dies nicht zu leisten wäre, weil das Entfernen von Barrieren eine „Mogeloption für gute Spieler“ eröffnen würde und man sich in punkto Barrierefreiheit rein auf den Bereich von narrativen Spielen konzentrieren solle, der ohnehin größer wäre.
Blauer Panther – TV & Streaming Awards
Am 22. Oktober 2025 fand im Rahmen der Langen Nacht der Medien die Verleihung des Blauer Panther – TV & Streaming Awards in der BMW-Welt in München statt, der von 1989 bis 2021 auf den Namen Bayerischer Fernsehpreis gehört hat. Nachfolgend findet ihr die Preisträgerinnen und Preisträger, die im Vergleich zu den Vorjahren teilweise bereits vor der Zeremonie bekanntgegeben wurden:
- Publikumspreise
- Beliebteste Reality-Serie in der Kategorie Entertainment: Kaulitz & Kaulitz (Staffel 1) (Netflix)
- Beliebtestes Orientierungsformat in der Kategorie Social Media: Tara-Louise Wittwer @wastarasagt
- Jurypreise Kategorie Entertainment
- Dave (David Henrichs), ausgezeichnet als Produzent und Teilnehmer von The Race (Staffel 2) (Joyn)
- Steven Gätjen, ausgezeichnet als Host von Licht aus (Staffel 1) (Prime Video)
- Jurypreise Kategorie Fiktion
- Gernot Krää, ausgezeichnet für das Drehbuch von Rosenthal (ZDF)
- Pia Strietmann, ausgezeichnet für die Regie von Herrhausen – Der Herr des Geldes (ARD)
- Lavinia Wilson, ausgezeichnet als Beste Schauspielerin für ihre Rolle der Cassandra in Cassandra (Netflix)
- Lamin Leroy Gibba, ausgezeichnet als Hauptdarsteller, Creator, Ko-Produzent und Headautor von Schwarze Früchte (ARD Mediathek)
- Marius Beck – Nachwuchspreis -, ausgezeichnet als Drehbuchautor, Ideengeber und Co-Produzent von Tschappel (ZDF Mediathek)
- Jurypreise Kategorie Information / Journalismus
- Lorelei Holtmann, ausgezeichnet als Headautorin von WTF is Jule?! (ZDF)
- Otto Walkes, ausgezeichnet als Creative Producer der Dokumentation Mein Name ist Ott (Prime Video)
- Jurypreise Kategorie Kultur / Bildung
- Corinna Wolf-Bartens, stellvertretend ausgezeichnet für die Gesamtleistung des Point of View-Experiments von NDR Story: Tagebuch einer Lehrerin (NDR Fernsehen)
- David Seeberg, ausgezeichnet als Autor, Regisseur und Kameramann von BLOCK PARTY – Peter Fox feiert mit Berlin (ARD Mediathek)
- Jurypreise Kategorie Social Media
- Marie Lina Smyrek für das Social Media-Format smypathisch – die show des Kanals @smypathisch
- Ehrenpreis des Ministerpräsidenten: Miroslav Nemec & Udo Wachtveitl
Die nächsten Medientage München sollen vom 21. bis 23. Oktober 2026 stattfinden.
Die Medientage München haben uns einen Pressezugang zu der Veranstaltung ermöglicht und die Fotos zur Verfügung gestellt.






