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Im Test: It Takes a War

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It Takes a War ergründet die toxischen Aspekte im Online-Gaming und beeindruckt dabei mit seiner kreativen Darstellungsweise, getarnt als Retro-Shooter.

In The Corridor (2020) erforschte Thomas Mackinnon bereits die Beziehung zwischen Videospielen und ihren Konsumentinnen und Konsumenten und jetzt kehrt er mit It Takes a War zurück, das gestern für 5,89 Euro auf Steam für PC mit einem kurzzeitigen zehnprozentigen Rabatt erschienen ist.

Wir spawnen in einer Partie eines Taktik-Shooters und treffen dabei fünf Spielende, die sich scheinbar bereits kennen. Eingangs wundert sich die Gruppe zwar, warum der Neuling nicht reden kann – uns wird erklärt, dass dies erst nach der ersten Partie möglich sei -, führt dann aber schnell munter Privatgespräche über gemeinsame Aktivitäten. Das Interface, die Map, die Charaktermodelle und die Waffen sehen allesamt aus wie aus einem Ego-Shooter Anfang der 00er Jahre – um es konkret zu machen, It Takes a War sieht aus wie Counter-Strike und der Entwickler macht auch keinen Hehl daraus und thematisiert Valves erfolgreichen Mehrspieler-Shooter auch.

Während wir also mit unserem Sturmgewehr auf die immer gleich herumlaufenden Gegner ballern, werden der aktuelle Zwischenstand und KD (Kill/Death-Ratio) akkurat im Overlay dargestellt, das Schussverhalten fühlt sich ähnlich authentisch wie in einem der Genrevertreter an, die das Spiel versucht zu imitieren, und die Gruppe um Aaron, Sophie, Colin & Co. reagiert so authentisch auf das Spielgeschehen, dass Unbedarfte anfangs wohl wirklich glauben könnten, es handele sich um menschliche Spielende. Gerade auch, weil die Dialoge auch in Textform im Chat mit dem Zusatz VTT (Voice-to-Text; Stimme-zu-Text) erscheinen.

Doch schnell wird klar, dass etwas nicht stimmt. Einerseits wiederholen die fünf ihre eigenen Eingaben in jeder Runde aufs Neue und andererseits fangen die Bot-Gegner plötzlich damit an, bei Treffern wild zu schreien, die Spielenden erinnern sich nicht an das, was sie gerade selbst gesagt haben sollen und Türen erscheinen, die Portale zu ganz anderen Schauplätzen sind. Bereits die ersten Trailer haben erahnen lassen, dass da einiges hinter dem Titel steckt, doch wie weit das geht, konnten wir uns nicht ausmalen. Der geschickt platzierte Einsatz verschiedener System- und Steam-Funktionen, von denen wir gar nicht wussten, dass Spiele dies können respektive dürfen, sorgen immer wieder für interessante Situationen. Durch die Variabilität kommt kaum Langeweile auf.

 

Dreh- und Angelpunkt der Geschichte ist die Gruppendynamik. Einerseits scheinen die fünf zwar oft online zusammenzuspielen, die dicksten Freundinnen und Freunde scheinen sie allerdings nicht zu sein. Einer der Spieler wird zusehends immer mehr ausgeschlossen und phasenweise regelrecht gemobbt. Das wird so intensiv dargestellt, dass es fast unverschämt erscheint, wenn wir beim Versuch einzugreifen immer die gleiche Meldung erhalten, der Sprachchat würde nach der ersten Partie erst freigeschaltet werden. Mit dem nötigen Fingerspitzengefühl wird die Perspektive des Gemobbten ausführlich dargestellt und das Spiel regt an darüber nachzudenken wie man andere Menschen behandelt, gerade wenn man nicht weiß, was in deren Leben gerade vorgeht. Es ist interessant, dass sich Thomas Mackinnon dazu entschieden hat, die Fassade eines vermeintlich stumpfen Ego-Shooters zu verwenden, in dem erst einmal für mehrere Minuten die gleiche Map und die selben Bot-Muster wiederholt werden. Die Spielenden müssen also eine ganze Weile dranbleiben, um zu den Kerninhalten des Titels zu gelangen.

Grafisch ist It Takes a War eine authentische Hommage an die Shooter der eingangs genannten Ära mit Soldaten in Militäruniformen, vielen kargen Häusern in Sepia, dem ein oder anderen Gegenstand, der da wohl eigentlich nicht hineingehört, und Pixelblut. Die zusätzlichen Schauplätze, die wir bereisen, sind visuell etwas interessanter gestaltet, alles bleibt aber in dem klassischen Look gehalten. Dem talentierten schottischen Cast rund um Angus Yellowlees, Jenna Innes, Viven Taylor, James Rottger und Rorry Barraclough gelingt es, die authentischen Dialoge in It Takes a War zum Leben zu erwecken.

Fazit

It Takes a War nutzt die vertraute Ästhetik eines Retro-Shooters, um ein (para)soziales Drama zu erzählen. Thomas Mackinnon stellt die toxischen Ausmaße, die sich gleichermaßen in Online-Gaming-Lobbies oder auch in Freundschaften entwickeln können, authentisch dar und lässt uns bis zum Ende mitfiebern, auch wenn – oder vielleicht sogar weil – wir regelrecht zur Tatenlosigkeit verdammt werden. Mit einer Spielzeit von knapp einer Stunde ist das Erlebnis recht kurz, es trägt sich allerdings zumindest über die volle Länge und der Kaufpreis ist auch recht fair. All denjenigen, die gerne Spiele wie The Beginner’s Guide oder The Stanley Parable gespielt haben, können wir It Takes a War bedenkenlos empfehlen.

Pantaloon hat uns It Takes a War für PC zur Verfügung gestellt. Mit dieser Version haben wir die Screenshots erzeugt.