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Im Test: Dishonored – Die Maske des Zorns

Aus dem Herzen der Hölle stech ich nach dir, dem Haß zu liebe spei‘ ich meinem letzten Hauch nach dir.

Ein weiteres Spielelement welches euren Spielverlauf enorm beeinflusst sind die recht früh verfügbaren übernatürlichen Fähigkeiten. Neben der Möglichkeit euch zu teleportieren könnt ihr so zum Beispiel die Zeit anhalten, euren Gegnern Ratten an den Hals hetzen oder auch eure Umgebung in Brand setzen. Zusätzlich zu den aktivierbaren Kräften könnt ihr euch auch passive Statusveränderungen zu Nutze machen und diese aufleveln. Am ehesten lässt sich dieses System mit den Plasmiden und Tonika aus Bioshock vergleichen. Jedoch müsst ihr zum Verbessern eben jener Kräfte keine kleinen Mädchen ausbeuten, sondern Runen sammeln.

Diese können mithilfe des Herzens, einem magischen Gegenstand, aufgespürt werden. Toll dabei: Die Runenverstecke führen euch oftmals an Orte, welche ihr ansonsten nicht einmal im Traum aufsuchen würdet. Wer also fleißig diese magischen Objekte sammelt, bekommt einiges mehr von der Spielwelt mit und kann sich auch über einige zusätzliche Herausforderung freuen.

Neben Runen kann das magische Herzchen jedoch auch Knochenartefakte ausfindig machen. Diese verbessern ebenso wie passive Talente gewisse Spielelemente. Beispielsweise wird euer Manavorrat dauerhaft etwas erhöht oder das Verzehren von Nahrung stellt mehr Lebensenergie wieder her. Ihr könnt Corvo also wunderbar an euren eigenen Spielstil anpassen, dieses Feature gefällt durchaus. Auch eure Waffen und die markante Maske könnt ihr aufrüsten. Beispielsweise könnt ihr dadurch eure Armbrust zu einer vollautomatischen Tötungsmaschine verwandeln, die Lautstärke eurer Schritte verringern oder auch einen Zoom für eure Maske erwerben. Neben eurem Schwert und der Armbrust könnt ihr übrigens auf ein recht respektables Arsenal an Werkzeugen zugreifen, etwa Tretminen, die eure Gegner durch Klingen brutal zerteilen, oder Schlafpfeile, welche eure sonst tödliche Armbrust zu einer wertvollen Waffe für Pazifisten macht. Wer seine Gegner lieber hochjagt, kann dies auch mit Explosivpfeilen bewerkstelligen – es ist also für jeden etwas dabei.

Krach, Bumm, Knall! In Dishonored habt ihr die Qual der Wahl.

Was jedoch gar nicht gefällt ist die unausgewogene Intelligenz eurer Widersacher. Teilweise erkennen euch Wachen selbst nicht, wenn ihr ihnen auf offener Straße auf die Füße steigt, an anderer Stelle scheinen sie jedoch nachträglich mit Augen im Hinterkopf ausgerüstet worden zu sein. Diese Diskrepanz resultiert vor allem auf dem recht vagen Stealth-System.

Anders als bei Schleichkollegen wie Splinter Cell oder auch Deus Ex ist nämlich nie klar, wann ihr für den Gegner sichtbar seid oder nicht. Zwar kann die Fähigkeit durch Wände sowie die Ausrichtung der bösen Buben zu sehen Abhilfe schaffen, wirklich optimal ist das Versteckspiel allerdings nicht.

Eine übernatürliche Fähigkeit verschafft euch den vollen Durchblick.

Glücklicherweise ist das Vorbeischleichen in direkter Nähe von Gegnern aufgrund der enormen Möglichkeiten euren Auftrag abzuschließen nur selten notwendig. Dishonored setzt euch nämlich keine linearen Missionen vor, sondern wirft euch vielmehr in einen großen Spielplatz, welchen ihr frei erkunden könnt. Diese Hubs erinnern sehr an Deus Ex: Human Revolution und erweitern eure Spielerfahrung auch auf ähnliche Weise.

Ob ihr euch nämlich direkt auf die Jagd nach eurem Ziel begebt oder erstmal die Gegend erkundet um eventuelle Nebenaufgaben freizuschalten und zu erledigen bleibt euch überlassen. Diese Nebenquests belohnen euch oftmals mit weiteren Wegen, um eurem Ziel ein Stückchen näher zu kommen oder teilweise auch mit ganzen Quest-Reihen.

Entscheidungen spielen, wie wohl jedem schon aufgefallen ist, generell eine enorme Rolle. Am besten lässt sich dies als eine spielerische Mischung aus der Hitman-Serie und Bioshock beschreiben. Wo ihr als glatzköpfiger Barcode-Meuchler quasi eine unendliche Vielfalt an Möglichkeiten hattet um euer Ziel zu eliminieren, so war in Bioshock das Ausbeuten oder Retten der Little Sisters elementarer Bestandteil eures Abenteuers.

Auch in Dishonored könnt ihr eure Missionen auf verschiedene Art und Weise angehen. Die Möglichkeiten sind hier ähnlich unbegrenzt wie bei Agent 47, jedoch habt ihr immer die Wahl ob ihr euer Ziel letztendlich wirklich über den Haufen pusten oder doch eine weniger finale, sprich nicht tödliche, Lösung bevorzugt. Ähnlich wie bei Hitman sind manche Ereignisse auch zeitlich begrenzt. Natürlich präpariert man jedoch in Dishonored nicht etwa Damenhöschen mit Gift oder liefert Donuts an FBI-Agenten aus, der Variantenreichtum ist jedoch mindestens ebenbürtig.

Wer jetzt denkt: „Hey dann pack ich mal Schwert und Armbrust aus, die paar Vögel mach ich doch locker platt“, dem sei gesagt, dass dies durchaus Konsequenzen haben kann. Bei Dishonored solltet ihr es euch zweimal überlegen ob ihr euer Ziel nun wirklich über den Jordan schicken wollt oder nicht. Je brutaler ihr vorgeht, desto mehr Chaos herrscht in Dunwall und desto schwerer wird euer Abenteuer. Wie vorher schon erwähnt können sich manche Charaktere auch gegen euch wenden, dies verändert den weiteren Spielverlauf und den letztendlichen Ausgang eures Vorhabens enorm.

Ein Spieldurchlauf ohne Tote endet somit in einem weniger chaotischem und vor allem beschaulicherem Ende als es bei dem Finale nach einem Amoklauf quer durch die Stadt der Fall ist. Wer die Welt also einfach nur gerne brennen sieht weiß genau was zu tun ist…

Wie schon vorher erwähnt werdet ihr nicht dazu gezwungen eure Auftragsziele zu eliminieren, ihr könnt das Spiel sogar beenden ohne auch nur eine Person zu erdolchen, in die Luft zu jagen, zu verbrennen, erschießen, von Ratten fressen zu lassen oder kurzerhand von einer Klippe zu stoßen. Doch damit auch die Obermotze überleben können, müssen optionale Aufgaben erledigt werden, welche das weitere Vorgehen oftmals erschweren. Euren Zielen Gnade zu gewähren ist allerdings immer die optimale Lösung. Dies ist bei einem Spiel, welches den Entscheidungen des Spielers derartiges Gewicht zuspricht, wirklich schade, auch wenn diese Einschränkung aufgrund des Settings durchaus Sinn macht.

Das schmerzt besonders, da eure Vorgehensweise quasi nur durch eure Fantasie eingeschränkt wird. Ob wir uns nun von Laterne zu Laterne teleportieren, eine Ratte per Gedankenkontrolle übernehmen, um deren Löcher als Schleichweg zu ansonsten unzugänglichen Orten zu nutzen, oder ob wir schlichtweg mit gezogenen Waffen allem und jedem den Krieg erklären, bleibt uns überlassen. Wer gar nicht mehr weiter weiß kann sogar einen Fisch übernehmen und neben einem Achievement oder einer Trophy auch das Leben als geschupptes Abendessen genießen.

Backstory Trailer

Dishonored stellt ein mutiges Experiment dar. Ihr seid der Pinsel, eure Werkzeuge die Farben und Dunwall eure Leinwand. Eure Entscheidungen malen ein Bild, welches vollkommen euren Handlungen entspricht. Ob einem das fertige Gemälde jedoch letztendlich gefällt, ist die andere Sache. Allein für dieses Gefühl muss man Arkane Studios einen Klaps auf die Schulter geben. Es handelt sich bei Dishonored nämlich definitiv um einen der erfrischendsten und interessantesten Titel dieses, wenn nicht sogar der letzten Jahre.

Nicht jeder Charakter wird ein derartiges Vorgehen gutheissen.

Fazit

Dishonored überrascht durch eine lebendige, dreckige und gleichzeitig beunruhigend realistische Welt, die in Sachen Design ihresgleichen sucht. Wer auch nur einen Funken für Steampunk übrig hat, sollte schon allein aufgrund dessen ohne Nachdenken zugreifen.

Doch eine wunderbare Spielwelt kann nur durch eine ebenso ausgefeilte Geschichte wirklich glänzen und hier trifft Dishonored den Nagel auf dem Kopf. Neben exzellent ausgearbeiteten Charakteren und interessanten Dialogen wird die Kultur und Historie Dunwalls sowie der restlichen Welt durch Audiologs und Bücher weiter vertieft. Nicht vergessen werden darf auch die geniale englische Synchronisierung des Titels, über die deutsche Vertonung können wir jedoch leider nichts sagen.

Bis auf einige Ausnahmen kann dieses Lob auch auf das Gameplay übertragen werden. Die Gefechte spielen sich flott und übernatürliche Fähigkeiten verleihen dem Gesamteindruck das gewisse Etwas. Dieser kann selbst durch das oftmals recht seltsame Stealth-System nicht verdorben werden. Corvo mit Artefakten und Fähigkeiten auf den eigenen Spielstil anzupassen sorgt für weiteren Tiefgang und ein enormer Wiederspielwert ist schon allein aufgrund der  multiplen Enden mehr als gegeben. Jetzt bleibt nur noch zu hoffen, dass die Welt von Dishonored durch weitere Titel näher erkundet wird. Sollten die vorhandenen Fehler bei zukünftigen Ablegern der Vergangenheit angehören, dann kann man sich nur freuen. Mehr als genug Material ist auf jeden Fall vorhanden.

Dishonored: Die Maske des Zorns
Genre: Rollenspiel
System: PS3, Xbox 360, PC
Getestet mit: Xbox 360 (englische Version)
Preis: ca. 53 Euro
Entwickler: Arkane Studios (Dark Messiah, Arx Fatalis, Bioshock 2)
Publisher: Bethesda Softworks

 

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