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Im Test: Uncharted 4 – Ein diebisch gutes Ende?

Uncharted 4: A Thief’s End ist die große Hoffnung in diesem Jahr für die PS4. Schafft es Naughty Dog ein neues spannendes Abenteuer auf Basis der neuen Hardware zu veröffentlichen oder geht dem fünften Franchise-Titel die Puste aus?

Nathan Drake, der Hauptcharakter von Naughty Dogs PlayStation-exklusiver Serie, hat bereits alles erreicht. Er spürt die vergessene goldene Stadt El Dorado auf, findet sich im mystischen Shambhala in den Himalayas wieder und stöbert mitten in der Rub al-Chali-Wüste die heilige Städte Iram auf. Der letzte Teil, Uncharted 3: Drake’s Deception, erschien 2011 für die PlayStation 3. 2015 veröffentlichte Sony die von Bluepoint Games entwickelte Nathan Drake Collection, die alle drei Teile in verbesserter Optik auf der PlayStation 4 einer neuen Generation von Spielern die Abenteuer von Nathan Drake eröffnet.

Der vierte Teil ist schon seit Längerem angekündigt und man ging so sorgsam mit dem vermeintlich großen Coup auf der PS4 um, dass A Thief’s End das ein und andere Mal eine mehr-monatige Verschiebung erfahren hatte. Jetzt ist es endlich da und wir haben uns für diesen Review durch das Abenteuer geschlagen.

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Old Nathan – Drake will be Drakes

Nathan Drake findet sich zu Beginn in der Geschichte von Uncharted 4 in einer Rolle wie andere Seriendarsteller, die schon viele Abenteuer erlebt haben. Er ist mittlerweile mit Elena Fisher verheiratet – Serienveteranen kennen das schlagfertige blonde attraktive Mädel; nicht verwandt oder verschwägert mit Sam Fisher. Obgleich Elenas Abenteuerlust in den vorangegangenen Teilen, ist es ihr nicht recht, dass ihr Ehemann noch immer an den steilsten Klippen entlanghangelt und Dutzende von schwergepanzerten, bis an die Zähne bewaffneten Piraten-Schergen bekämpft. Und so verdingt sich Nathan als Taucher und Aufstöberer von modernen “sicheren” Schätzen – etwa der Bergung von Frachtcontainern aus dem 20. Jahrhundert. So kann das natürlich nicht lange bleiben und drei Mal dürft ihr raten, wie das restliche Abenteuer aussieht.

Uncharted 4 geht allerdings andere Wege als die Teile zuvor. Es liegt in der Natur der Sache, dass euch ein durchkomponiertes Action-Feuerwerk präsentiert wird. A Thief’s End scheint jedoch variantenreicher im Gameplay, emotional tiefgreifender und umfangreicher zu sein, als die Serie es jemals zuvor war. Deshalb möchten wir vor allem diese drei Punkte aufgreifen, bevor wir auf die Geschichte (ohne Spoiler) und die technische Seite zu sprechen kommen.

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This is for the Zocker(ita)s

Naughty Dog schafft es einen niemals langweilig werdenden 12 bis 15-stündigen Action-Blockbuster zu kreieren. Wie das Erfolgsgeheimnis lautet, können wir hier nicht abschließend klären. Einen Großteil trägt die Variation im Spielgeschehen dazu bei. Diesmal wird nicht nur geklettert und geschossen. Es wird geschwungen, gerutscht, gefahren, ausgebrochen, geschoben, gezogen, gesprochen und markiert – nicht unbedingt in dieser Reihenfolge.

Es gibt hierbei einen unverkennbaren Vorteil, der sich aus dem Erfolg der PlayStation 4 ergibt. Von der Gimmickhaftigkeit mancher Uncharted-Teile ist in Uncharted 4 nichts mehr zu spüren. Man erinnere sich mit Schaudern an manche Implementierungen der SIXAS- (PS3) oder Touch-Funktionen (PS Vita). Uncharted 4 nutzt den brillianten DualShock 4 optimal aus, ohne sich zu sehr auf einzelne Features zu konzentrieren. Das Touchpad etwa fungiert einzig und allein dazu, das obligatorische Notizbuch aufzurufen und zu schließen. Ansonsten hält man sich stark an die altbekannte Steuerung, die euch mit einem Knopf springen, mit dem nächsten schlagen und mit einem weiteren kontern lässt.

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Hinzu kommen zwei entscheidende Neuheiten: Der Enterhaken und der Kletterhaken. Per Schultertaste schießen wir an vorgegebenen Stellen unseren Enterhaken ab und hangeln uns über tödliche Bergspalten und nutzen den Vorteil der Beweglichkeit im Kampf. Das klappt erstaunlich gut und mischt sich homogen in die alltägliche Kletterei. Man kann dabei auch Kisten verschieben und dort den Enterhaken festmachen. Das bringt etwas Freiheit in die Benutzung des Gadgets, allerdings kann mich den Enterhaken dadurch nicht so frei wie etwa in Just Cause, Far Cry und Zelda. Manchmal wäre es durchaus wünschenswert, dass dieses System überdacht worden wäre. Alles in allem erfüllt der Enterhaken seinen Zweck.

Später kommt auch noch der Kletterhaken dazu. An porösen Wänden schlagen wir unseren Pflock in das Mauerwerk, um damit neue Wege zu erreichen. Nathan erhält dieses Werkzeug erst nach einiger Zeit und auch der Kletterhaken wird immer wieder sinnvoll eingesetzt, ohne dabei zu repetitiv zu werden.

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PunchMania

Reptitiv ist ein gutes Stichwort: Die Trilogie nervte den ein oder anderen Spieler ganz gehörig an Stellen, in denen viele Gegnerhorden auf Nathan einstürmten und diese erstmal niedergestreckt werden mussten. Dieser Negativpunkt wurde in Uncharted 4 endlich angegangen. Durch die erweiterte Bewegungsfreiheit und punktuell eingesetzten Kampfszenen macht es jetzt deutlich mehr Spaß den Schergen auf den Latz zu geben.

Die Kämpfe laufen dabei auf verschiedenste Arten ab: Manches Mal befinden wir uns verschneiten Bergen und nutzen den Enterhaken, um von einer Plattform zur nächsten zu gelangen. Dadurch, dass es jetzt auch hüfthohe Büsche und Wiesen gibt, verschanzt man sich dort leicht und Nathan legt den verdutzten Gegner dann automatisch in das sanfte Grün, wo er von den Kameraden gar nicht erst gefunden wird. An anderer Stelle sind wir auf Motorrädern unterwegs um Nathans Bruder Sam zu retten. Hier gilt es nicht nur zu fahren, sondern auch andere Vehikel gezielt zu übernehmen und die ankommende Verstärkung mit dem Raketenwerfer zu dezimieren – das spielt sich flott, spannend und ist bombastisch inszeniert.

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Die altbekannte Formel von Gegnerwellen gefolgt von einem Bosskampf gibt es in dieser Form also nicht mehr. Man geht den freieren Weg, in dem man auch Gegner umschleichen kann – MGS V hinterlässt seine Grüße. Richtige Bosskämpfe gibt es trotzdem noch. Hier verraten wir besser nicht zu viel, aber da sind einige sehr spannende Szenen dabei, in denen ihr glücklicherweise mehr Kontrolle übertragen bekommt, als nur ein paar Knöpfchen in Quick-Time-Events zu drücken.

Was etwas zu kurz kommt sind die Rätsel. Die Trilogie strotzte vor vielen Denkaufgaben, die selbst mit eingeblendeten Tipps schwer lösbar waren, aber stets eine schöne Herausforderung geboten haben. Im neuesten Ableger sind solche Rätsel wieder mit dabei. Nathan zückt meist sein Notizbuch und muss die zuvor gesammelten Tipps in opulent gestalteten, aber vom Rätsel her auf relativ direkte Art und Weise herungergebrochen Räumen seine Gehirnzellen anstrengen. Sowohl die Frequenz als auch der Umfang der Rätsel ist um einiges gesunken im Vergleich zur PlayStation 3-Trilogie. Zwar gibt es immer noch einige Kopfnüsse, viel zu häufig sind die vermeintlichen Rätsel aber relativ schnell zu lösen. Hier haben wir mehr erwartet.

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Powered by Emotion

Die Uncharted-Trilogie sorgte bereits für einige Gänsehaut-Momente. Uncharted 4 führt die Serie hier in eine neue Generation, auf mehreren Ebenen. Die Serie steht seit eh und je für einen neckischen Grundton. Ständig werden flapsige Sprüche zwischen den Hauptcharakteren Chef-Abenteurer Nathan Drake, dessen gealterten treuen Gefährten und Gentleman Victor Sullivan, der schlagfertigen Elena Fisher und jetzt auch Nathans Bruder Sam ausgetauscht. Gerade die Geschichte um Nathan und Sam, die erstmals in Uncharted 4 beleuchtet wird, verschafft den Charakteren mehr Tiefe.

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Gab es schon in Uncharted 3 Rückblicke, in den wir den jungen Nathan spielen durften und den Moment erlebten, in dem er Sully kennenlernt, so sind diese noch prominenter in den vierten Teil integriert. Hier geht Naughty Dog noch weiter zurück und lässt uns Nathans und Sams Kindheit miterleben. Uncharted 4 springt dabei häufig in der Zeitlinie hin und her, allerdings versteht der aufgeschlossene Spieler auch ohne eingeblendete Jahreszahlen, in welchem Stadium wir uns gerade befinden – David Cage, aufgepasst!

Es ist wohl das Zusammenspiel zwischen der Nähe, die man zu den Figuren im Laufe der Jahre entwickelt hat, der gewonnenen Tiefe durch die äußerst tragische Hintergrundgeschichte mit Bruder Sam sowie der verbesserten cineastischen Präsentation. Die Mimik der Charaktere ist verblüffend detailliert. Konnte man zuvor noch leicht zwischen vorgerenderten Sequenzen und Gameplay-Grafik unterscheiden, verschwimmen hier die Grenzen buchstäblich zusehends. Gepaart mit dem fantastischen orchestralen Soundtrack (erstmals ohne Nate’s Theme und trotzdem toll!) ergeben sich magische Momente, die man so schnell nicht vergisst.

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The Longest Journey

Obgleich der gestiegenen Anforderungen an die Entwickler durch die neue Technik ist Uncharted 4 das bislang umfangreichste Abenteuer in der Nathan Drake-Saga. Man erlebt so viele Facetten des Gameplays, einer toll geschriebenen und inszenierten Geschichte (dazu später mehr) und von Umgebungen, die man so gern in der Realität abklappern wollen würde, wenn man Nathans stets anwesender Schutzengel bei den gefährlichen Reisen ausleihen könnte.

Uncharted ist seit Anbeginn in interessanten Umgebungen angesiedelt. Der vierte Teil macht da keine Ausnahme: Ihr bereist die sonnigen (und nicht so sonnigen) Inseln Madagaskars, brecht aus einem heruntergekommenen panamesischen Gefängnis aus, rutscht auf blankem Hosenboden durch die matschigen Berge Schottlands und schleicht in ein wohlhabendes italienisches Anwesen. Der Spannungsbogen bleibt in den rund 15 Stunden ständig gespannt mit ein paar Lockerungen und angezogenen Action-Sequenzen ist Naughty Dog das sogenannte Pacing (also der Verlauf der Spielgeschwindigkeit) sehr gelungen.

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Pirates!

Uncharted 4: A Thief’s End soll der Abschluss der Geschichte von Nathan Drake sein. Wenn uns die Popkultur eines gelehrt hat, dann dass die Autoren immer einen Weg finden den für Abenteuer verloren geglaubten Protagonisten zurück in die Action zu holen – sei es in diesem Spiel, in Metal Gear Solid oder TV-Serien wie 24 und Prison Break.

Die Grundgeschichte von Uncharted 4: A Thief’s End enthält die Prämisse, dass Nathan & Crew an den Schatz des legendären Piraten Henry Avery kommen könnte. Der Freibeuter brachte ein Schiff voller Habseligkeiten zum Kentern und unsere Helden suchen nun von einem Wendepunkt der Geschichte zum nächsten nach dem verloren geglaubten Schatz, dessen Suche sich quer durch die Leben der Gebrüder Drake ziehen. Dadurch wird die Grundgeschichte auf das emotionale Level der genannten schicksalshaften Story zwischen den Brüdern gehoben, und dadurch wirken die Motivationen der einzelnen Charaktere wesentlich glaubwürdiger denn je.

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Technology

Die PS3-Vorgänger waren bereits Vorreiter in Punkto visueller Pracht. Uncharted 4 setzt auf der PS4 ebenso neue Maßstäbe wie man aus den Reserven der PS3 mit Uncharted 3 (Let’s Play) und The Last of Us (Review) die schönsten Spiele der Konsole erschafften. Nicht nur die Charaktere und Umgebungen strotzen vor Detailreichtum, vor allem sind es die Animationen, Licht- und Partikeleffekte, die in A Thief’s End beeindrucken. Mal blitzt ein Sonnenstrahl in eine dunkle Höhle, man erreicht eine Aussichtsplatform im Dschungel und genießt die Weitsicht oder genießt die staubigen Weiten Madagaskars mit dem Jeep vom Fuße des Vulkans bis zur Spitze ohne jegliche Ladezeit.

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Der Effekt, dass man sein Ziel von Weitem sieht und dort ohne Ladezeit ankommt, der sollte uns als hartgesottene Gamer eigentlich nicht mehr sonderlich beeindrucken, schließlich schafft das nahezu jedes aktuelle Open-World-Spiel. Uncharted hingegen hatte nie diesen Anspruch. Und doch hat man jetzt mehr das Gefühl in einer zusammenhängenden Welt unterwegs zu sein und nicht in Call of Duty-haften Kurzabschnitten. Gerade in diesem Aspekt trägt das verbesserte Technikgerüst enorm zum Spielvergnügen bei.

Let’s Play – das komplette Spiel im XT Gameplay [engl. Sprachausgabe  | dt. Text + Kommentar]

Fazit

Schon seit Ankündigung des vierten Uncharted-Teils fragten wir uns, ob er seine Daseinsberechtigung hat. Wir haben schon viele packende Abenteuer mit Nathan Drake erlebt, kann man da denn noch eine Schippe drauflegen? Naughty Dog beantwortet uns dies mit einem klaren Ja. Wir könnten hier mit Superlativen um uns werfen, doch eigentlich ist schon alles gesagt. Nathan Drakes Geschichte wird würdevoll abgeschlossen. Uncharted 4 strotzt vor tollen Details für Veteranen, beinhaltet viele frische Ideen in Punkto Story und Gameplay und ist ein Pflichtkauf für jeden PlayStation 4-Spieler, der ein bombastisch inszeniertes Abenteuer erleben möchte, das selbst die kleinen Töne in solcher Symphonie arrangiert, das sie mit den knalligen und lauten Momenten mithalten können. Greatness from small beginnings ist das Motto aus dem ersten Uncharted und seither der Drake’sche Leitspruch. Greatness awaits hat sich Sony für die Veröffentlichung der PS4 auf die Fahne geschrieben. Greatness ist was Uncharted 4 für die Spielelandschaft darstellt.

Uncharted 4: A Thief’s End
Genre: Action-Adventure
Sytem: PlayStation 4
Preis: 60 Euro
Entwickler: Naughty Dog (Crash Bandicoot)
Publisher: Sony

Alle Bilder aus dem Let’s Play – Spoiler möglich

We took all of the screenshots off our PlayStation 4 utilizing the Photo Mode. This game was provided by the publisher for review purposes, check our review policy for details.