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Im Test: Quantum Break – Wer hat am Chronon gedreht?

Lange Zeit musste man auf Remedys neuen Coup warten. Quantum Break steht seit einigen Monaten im Regal und wir widmen uns an dieser Stelle dem Zeitreise-Thriller.

Remedy Entertainment ist eine Spieleschmiede mit Sitz in Espoo / Finnland. Die Stadt zählt zu den bevölkerungsreichsten Städte im Land, in etwa vergleichbar mit Wiesbaden oder Münster. 1995 pellte das Induestrieküken mit Mitgliedern aus der lokalen Demoszene. Der erste Überraschungserfolg des Teams war Death Rally, ein Rennspiel aus der Vogelperspektive, das jüngst auf Steam wieder eine neue Zielgruppe erreichen konnte. Die übrige Firmengeschichte ist nur allzu bekannt: Mit den ersten beiden Max Payne-Spielen traf Remedy zu Beginn des 21. Jahrhunderts genau den Nerv der Zeit. In Zeitlupe flog ein hartgesottener Typ und ehemaliger Polizist durch Kugelhagel und kämpfte nicht nur mit miesen Ganoven und dem New Yorker Wetter, sondern vor allem mit sich selbst in den ikonischen Monologen, die Rockstar Vancouver im dritten Teil auf die Spitze trieb.

Danach wandte man sich neuen Projekten und vor allem den Konsolen zu. Alan Wake sollte der große Hit für Windows Vista werden, erschien dann doch mit großer Verspätung erst exklusiv für die Xbox 360 und nach weiteren zwei Jahren auch für den PC. Remedy schaffte es auch außerhalb der Kämpfe einen spannenden Action-Thriller mit Horror-Elementen auf die Beine zu stellen und vermischte die Struktur einer TV-Serie mit der Spielbarkeit eines Action-Adventures. Das Spin-off American Nightmare führte die Geschichte fort, doch auf einen offiziellen zweiten Teil warten wachsame Fans (hö hö hö) noch immer.

Quantum Break Xbox One time shield

Ein Quantum Neues

Anfang April 2016 erschien Quantum Break exklusiv für die Xbox One und Windows 10. In der Vergangenheit gab es viele Unklarheiten, inwieweit Gameplay mit einer real abgedrehten TV-Serie vermischt werden. Am Ende setzte man auf eine für die klassische Videospielmachart unkonventionelle Lösung. Das Spiel besteht aus fünf Akten, die durch sogenannte Kreuzungen und TV-Episoden miteinander verbunden werden. In den Spielesequenzen wird eine andere Seite der Geschichte beleuchtet als in den TV-Episoden, die rund 25 Minuten pro Folge umfassen. Auf die Kreuzungen kommen wir im Laufe des Reviews noch zurück.

Zur Geschichte: Ihr seid Jack Joyce, der in einen Unfall verwickelt ist, dass überdimensionale Auswirkungen auf die Welt haben wird. Sein Freund Paul Serene wollte in einem simplen Uni-Projekt durch die Benutzung der sogenannten Chronon-Partikel mittels einer Zeitmaschine die Zeitreise ausprobieren. Das hat fatale Konsequenzen und so droht der Welt plötzlich der Kollaps in Form von absolutem Stillstand – in der schnelllebigen Zeit mag das eine neue Form der Apokalypse sein.

Im Laufe der rund 10- bis 10-stündigen Kampagne erzählen der leitende Autor Sam Lake und sein Team aus Schreiberlingen Mikko Rautalahti und Tyler Smith eine packende Geschichte, die die Motivationen von allen Charakteren ausführlich beleuchten und aufzeigen, dass es keine klare Unterscheidung zwischen gut und böse gibt. Selbst der vermeintliche Antagonist Paul hat nachvollziehbare Motive, auch wenn man dessen Sicht nicht ganz teilen mag.

Quantum Break Xbox One striker

TV-Serie und Entscheidungsgewalt

Schon in Alan Wake experimentierte Remedy mit Story-Sequenzen, die mit echten Schauspielern abgedreht wurden. In Quantum Break wurde eine waschechte TV-Serie integriert. Diese befindet sich nicht auf der Game-Disk, da diese alle Maßen sprengen würde. Ihr könnt sie entweder streamen oder als über 50 GB schweres Full HD-Paket auf euere Xbox One laden. PC-Spieler können die Folgen nur streamen, dafür in 4K-Auflösung.

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Visuell steht die Serie dem Spiel in nichts nach. Man schaffte es den gleichen teils klinischen, teils dreckigen Look aus den Spielumgebungen in die Serie zu integrieren. Die Spielgrafik ist so detailliert, dass die Immersion über Akt und Episode hinweg bestehen bleibt. Auch die schauspielerische Leistung der meisten Akteure kann sich sehen lassen. Einzige Kritikpunkte an der Serie: Manches Mal fällt man selbst hier in klischeebehaftete Rollenmuster wie in anderen Serien zurück und das ein oder andere Mal passen die Zusammenhänge zum Spiel nicht ganz.

Im Spiel habt ihr öfters Wahlmöglichkeiten in Form der sogenannten Kreuzungen. Die gibt es immer direkt zwischen einem Akt und dem Beginn der TV-Folge. Hier schlüpft ihr interessanterweise in die Rolle des vermeintlichen Bösewichts Jack Serene und habt die Entscheidung, wie ihr weiter vorgehen wollt. Das hat Auswirkungen auf das weitere Spiel und die kommenden TV-Folgen. In der ersten Kreuzung nimmt sich Jack eine Journalistin zur Geisel. Er kann sie entweder nutzen, um positive Propaganda für seine Sache zu verbreiten oder aber er setzt ein Exempel und foltert sie. So kann man dem Antagonisten einen eigenen Anstrich geben, was es in dieser Form noch in keinem anderen Spiel gab. Den grundsätzlichen Ablauf der Geschichte verändert man dadurch nicht, die emotionalen Hintergründe jedoch schon.

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Geschichte – steif, aber spannend

Die Geschichte von Quantum Break ist ein großes Gesamtkunstwerk, dessen feine Nuancen sich erst nach Abschluss des Spiels in seiner Gesamtheit erschließen. Da der Dreh- und Angelpunkt im Spiel die Zeit ist, gibt es sehr viele Sprünge und alternative Realitäten. Das macht die zu Beginn recht konventionell wirkende Story so interessant. Motivationen der Charaktere, die man glaubt durchschaut zu haben, sieht man plötzlich aus einem ganz anderen Licht.

Quantum Break Xbox One Joyce close-up

Jack Joyce ist natürlich nicht allein unterwegs die Welt zu retten. Zu seinen Unterstützern zählen etwa ein soziophober Hacker, der beim eigentlich bösen Monarch-Konzern seine Brötchen verdient. Natürlich darf auch der toughe Einzelkämpfer nicht fehlen und auch mehrere weibliche Sidekicks sind dabei. Quantum Break erzählt eine etwas stilisiertere Geschichte. Es ist kein Uncharted 4 (Review) mit kleinen Gags an jeder Ecke und in dem man jeden Gedanken der Charaktere kennt. Man hat sich darauf konzentriert einen spannenden Action-Thriller auf die Beine zu stellen und aufgrund der Spannung öfters mal geheimniskrämerisch an die Sache heranzugehen. Mit Erfolg, wie wir meinen.

Einen wichtigen Pfeiler bei dem Schaffen einer tollen Atmosphäre ist einmal mehr Petri Alanko. Der orchestrale Soundtrack des Finnen untermalte bereits in Alan Wake das Geschehen. Mit QB beweist er, dass er auch mehr kann, als Gänsehaut erzeugende mysteriöse düstere Klavierstücke auf die Beine zu stellen. Gepaart mit den tollen Lizenztracks, die wie zuvor in den Pausen laufen und lyrisch fantastisch zu den Geschehnissen passen – von Paramore über Nick Cave & The Bad Seeds bis Kate Tempest in einiges an Variation geboten.

Quantum Break Xbox One Beth Wilder

Gameplay – keine Revolution & kein Reinfall

Das Gameplay ist es, was man Alan Wake öfters vorwirft, in dem man sich noch verbessern könnte und nicht auf repetitive Kämpfe zu setzen. In Quantum Break hat Remedy aus den Versäumnissen vergangener Games gelernt. Die Kämpfe spielen sich schnell, spannend und knackig. Jack Joyce verfügt aufgrund diverser Umstände über verschiedene Fähigkeiten, mit denen er die Zeit beeinflussen kann. Er kann Gegner kurz einfrieren, blitzschnell nach vorne preschen oder ein Schild um sich aufzäunen. Als kleines RPG-Gimmick könnt ihr die Fertigkeiten im Laufe des Spiels aufwerten und so etwa in Zeitlupe Takedowns vollführen oder die in weiß gehüllten Zeitsoldaten von hinten überraschen. Denn manche Gegner können ebenfalls auf diese Kräfte zugreifen, was die Kämpfe immer anspruchsvoller macht.

Der Endkampf hingegen ist etwas zu hektisch aufgemacht. Ohne zu viel Details zu verraten müsst ihr hier nicht nur alle Talente einsetzen, ihr werdet auf alle erdenkliche Arten unter Druck gesetzt. Dieser plötzliche Anstieg im Schwierigkeitsgrad als Belastungstest für die Nerven dürfte so manchen das Spiel nach hinten heraus etwas verderben.

Doch es gibt nicht nur klassische Kämpfe in abgesteckten Bereichen. Stutter nennt man im Spiel die Momente, in denen die Zeit stillsteht. Aufgrund der Story-Entwicklungen gibt es diese Momente immer häufiger und wir gehen darauf dann später im Technik-Teil ein. Während der Zeitspaltungen müssen wir dann etwa an der Port Connolly Bridge crashenden Autos ausweichen und sie als Brücke verwenden. Der Einsatz von Objekten in unkonventioneller, fast übernatürlicher Weise im Gameplay spielte bereits in Alan Wake eine große Rolle – etwa wenn ihr herunterregenenden Wohnmobilen attackiert werdet. Im aktuellen Remedy-Abenteuer ist dieses Element häufiger wiederzufinden und macht eingebettet in die Geschichte auch Sinn, führt zwar manches Mal zu Frustmomenten, wird insgesamt aber durhcaus eindrucksvoll dargestellt.

Quantum Break Xbox One tech heavy

Technik – (bringt die) Zeit zu glänzen

Remedy war nie berühmt dafür, die technologischen Grenzen aktueller Plattformen auszuloten. Bei Quantum Break sieht das anders aus. Das Spiel verfügt nicht nur über verdammt hübsche Effekte, Charaktere werden plastisch und mit eindrucksvoller Mimik dargestellt, Animationen sind meist flüssig und vor allem die Stutters sind sehr beeindruckend. Wenn ein riesiger Frachtcontainer durch deine Brücke bricht und dabei buchstäblich alles im Weg stehende sprengt und wir uns einen Weg durch das Schlamassel suchen müssen, klappt einem gern ‘mal die Kinnlade ‘runter. Die Bildwiederholungsrate bleibt dabei stets stabil – was will man mehr? Vielleicht ein paar weniger Clipping-Fehler. Im vorletzten Teil unseres Let’s Plays seht ihr etwa wie ein Gegner im Boden erschienen ist und so ein Neustart vorprogrammiert war. Das passierte aber wirklich nur das eine Mal.

Quantum Break Windows 10 scattered bullets

Let’s Play – das komplette Spiel im XT Gameplay [engl. Spiel  | dt.  Kommentar]

Fazit

Quantum Break ist der erhoffte hochqualitative Blockbuster für die Xbox One geworden. In der Spielstruktur geht man neue Wege und das Konzept geht auf, denn die Geschichte motiviert zum Weiterverfolgen, lässt euch Einfluss nehmen und das Gameplay fügt sich homogen in die Zeit-Thematik ein. Wir würden uns über einen angedeuteten Nachfolger freuen – selbstverständlich nachdem die Geschichte des erfolglosen Kriminalroman-Autoren weitergeführt wurde.

2D Boxshot Wizard v1.1

 

Quantum Break
Genre: Action-Adventure
Sytem: Xbox One
Preis: 45 Euro
Entwickler: Remedy (Max Payne, Alan Wake)
Publisher: Microsoft

 

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