Loading...
Test

Im Test: Yakuza – Dead Souls

Mit Yakuza: Dead Souls versetzt SEGA Tokio in eine Zombie-Apokalypse und stattet die vier altbekannten Helden, von denen zwei erstmals in der Serie spielbar sind, mit Schusswaffen aus. Mageres Spin-off oder geglückter Szenenwechsel? Wir haben uns durchgeballert.

Kabukicho ist der berühmt berüchtigte Rotlichtbezirk Tokios und Schauplatz der Videospielserie Yakuza. Im Dezember 2006 schlug der erste Teil für die PS2 in Japan ein wie eine Bombe. Man kämpft sich seit jeher durch Horden von Straßengangstern, erkundet eine offene und mit Nebenaufgaben gespickte Stadt und entspannt in der lokalen Karaokebar oder an den zahlreichen fiktiven SEGA-Spielautomaten. Die Serie hat sich bis Teil 4 stetig weiterentwickelt, bis man 2011 mit Yakuza Of The End mit einigen Serientradition brach. Nach dem gewohnt langen Prolog stolpern nämlich Untote durch die Einkaufsmeilen Kamurochos, wie der Stadtteil in der Actionserie benannt ist. Dem nicht genug ist vom ausgeklügelten Nahkampfsystem nicht mehr viel übrig geblieben. Stattdessen schießt ihr euch in 3rd-Person-Shooter-Manier durch die Level. Doch eins nach dem anderen.

(Das Intro-Theme könnt ihr bei SEGA kostenlos herunterladen.)

Wie alles begann

Ihr könnt Kamurocho frei auf eigene Faust erkunden.

Als Shun Akiyama zu einer seiner regelmäßigen Geldeintreibtouren aufbricht, schwant ihm noch nichts Böses. Er verdient sein Geld darin, indem ihr anderen Bewohnern Tokios Kredite zur Verfügung stellt, für die man über keinerlei Sicherheiten verfügen muss. Das ist natürlich sehr verlockend und deshalb hat er es mit allerlei schrägen Vögeln zu tun. Doch mit am ausgeflipptesten ist sicherlich seine Sekretärin Hana, die ihn ständig auf Trab hält und den Faulpelz an seine Botengänge erinnert. Als die beiden gemeinsam über den Theater Square schlendern, fällt plötzlich ein Yakuza aus einem Hochhaus. Während Akiyama noch herum witzelt, beginnt der bleiche Mann die beiden anwesenden Polizisten zu verspeisen – hurra, eine weitere Zombie-Apokalypse ist im Gange!

In Yakuza: Dead Souls geht’s knallhart zur Sache. Das Bild haben wir in der japanischen Demo aufgenommen.

In die Ecke gedrängt muss sich Akiyama mit der Waffe des Gesetzeshüters verteidigen. Schluss also mit Roundhouse-Kicks und Fausthieben? Nicht ganz, dazu aber später mehr. Die Steuerung ist etwas anders als in (westlichen) 3rd-Person-Shootern umgesetzt. Ihr zielt nicht etwa mit dem rechten Analog-Stick des PlayStation 3-Controllers, sondern müsst wie in Resident Evil stehen bleiben und richtet die Pistole mit dem linken Stick aus, mit dem ihr euch auch bewegt. Das ist etwas gewöhnungsbedürftig, allerdings kommt man bei den einfachen Zombies auch mit der Schnellfeuermethode ohne manuelles Zielen aus und erlernt bald auch die Fähigkeit, beim Ziehen der Waffe automatisch auf den Kopf des Gegners zu zielen, was die Kämpfe enorm schnell und intuitiv macht. Trotzdem merkt man, dass Yakuza: Dead Souls ein erster Versuch des Yakuza-Teams ist, einen 3rd-Person-Shooter zu programmieren. Da ist die Steuerung in ihrem zweiten Shooter-Machwerk Binary Domain (XTgamer-Test) um einiges direkter und mit für westliche Gamer-Gewohnheiten angepasstem Buttonlayout gestaltet.

In der Sporthalle geht’s für Akiyama und Majima um’s nackte Überleben.

Nichtsdestotrotz machen die Kämpfe nach etwas Einarbeitung durchaus Spaß. Neben untoten Menschen schlagt ihr euch auch mit Mutanten herum. Nach und nach treten der untoten Riege immer mehr Arten hinzu. Da wäre der riesige Meathead, der mit seiner Faust Schockwellen verteilt. Oder das Cry Baby, eine kreischende Frau, die durch das schrille Geräusch massenweise Zombies herbeiruft. Etwas eklig wird euch zumute, wenn ihr gegen die Diptera antretet. Durch ihren unsauberen Lebensstil sind Insekten in deren Körper gelangt. Sie bespucken uns aus der Luft mit giftigen Flüssigkeiten, denen man in der Hitze des Gefechts nur schwer entkommen kann. Jede Art hat eigene Schwachstellen und ihr trefft auch immer wieder auf besonders starke und widerwärtige Schöpfungen, vergleichbar mit den Bosskämpfen aus Yakuza 4. Das Design der Mutanten ist unverkennbar von Left 4 Dead inspiriert, jedoch haben die Entwickler den Monstern eine eigene Note verpasst.

Eine umfangreiche Story, das ständige Freischalten von neuen Attacken und Nebenaktivitäten sind die Kernelemente eines Yakuzas. Ist man hier der Serie treu geblieben? Die Antwort ist ja. Die Geschichte ist komplex und mit vielen Haupt- und Nebensträngen ausgestattet. Man trifft auf aus dem Universum bekannte und neue Charaktere und bekommt allerlei Geschichten mit, die deren Werdegang fortführen. Die Story ist in vier Teile und mehrere Kapitel gegliedert und ist wie immer sehr cineastisch inszeniert. Außer den fantastischen CGI-Zwischensequenzen, in denen die tolle japanische Synchronisation punkten kann, gibt es wieder eine Menge Textbox-Dialoge, die jetzt auch teils vertont sind. Ebenfalls schön sind Zwischensequenzen, während denen ihr euch bewegen könnt. Zwar ist der Spielablauf – besonders am Anfang – noch sehr portioniert, dies erhöht aber etwas den Spielfluss und lässt die Hoffnung aufkommen, dass SEGA in Yakuza 5 tatsächlich die Übergänge zwischen Filmsequenzen und Spielgeschehen noch nahtloser macht.

Die Charaktere

Doch das ist Zukunftsmusik, kommen wir zurück zu den Kämpfen. Ihr steuert in jedem Kapitel einen anderen Charakter, dementsprechend unterscheidet sich auch deren Kampfstil. Während Akiyama auf seine zwei Pistolen setzt, hegt der Zombie-vernarrte Goro Majima eine Vorliebe für Schrotflinten und Maschinenpistolen. Ryu Goda, den Serienveteranen als Erzfeind aus Yakuza 2 kennen, gibt sich ebenfalls ein Stelldichein und killt blitzschnell dutzende Feinde mit seiner in den Arm integrierten Rail Gun – da wird selbst Barrett aus Deus Ex: Human Revolution blass vor Neid. Natürlich ist auch das Bindeglied aller Yakuza-Spiele, Kazuma Kiryu, wieder mit von der Partie. Dessen adoptierte Tochter Haruka wurde gekidnappt und wird im Millenium Tower festgehalten, was den Haudegen aus dem paradisischem Okinawa in’s von Tod und Verderben beherrschte Kamurocho verschlägt.

Die Kämpfe

Die Standardbewaffnung ist nicht alles, denn ihr könnt beim fahrenden Waffenhändler neue Knarren wie Sturmgewehre und Granaten kaufen, eure Wummen modifizieren oder an eurer Schutzkleidung schrauben. Das ist völlig optional, hier kann man aber viel freischalten und sich die Zombiehatz etwas erleichtern. Allerdings benötigt man für das Crafting häufig seltene Ressourcen, die nicht unbedingt ein Helm oder Gürtel eines bestimmten Gegnertyps sind, sondern auch gut und gerne einmal über mehrere Stationen ertauscht werden wollen. Ihr könnt wieder diverse Attacken – genannt Abilities – wie Shoulder Charge oder Leg Sweep freischalten, die euch im Nahkampf nützlich sind.

Heat Snipe-Angriffe erzeugen flächendeckenden Schaden.

Hinzu kommt, dass ihr fast jedes Objekt – mit der nötigen Stärke – aufnehmen und als Waffe missbrauchen könnt, egal ob Holzbrett, Feuerlöscher oder Motorrad. Durch das Sammeln von Adrenalin lasst ihr besonders starke Attacken vom Stapel. Habt ihr genügend Adrenalin durch Abschüsse gesammelt, könnt ihr einen Heat Snipe-Angriff ausführen. Dabei schießt in einem Quick Time Event auf explosive Objekte und schaltet dadurch viele Gegner gleichzeitig aus – den Abschusszähler in der rechten oberen Ecke wird’s freuen! Auch hier hat wohl ein westliches, hierzulande indiziertes Zombiespiel als Vorbild hergehalten.

In Kombination gestalten sich die Kämpfe flott und unterhaltsam, was aber auch ein Muss ist bei den vielen Aufgaben. Nach und nach trefft ihr auf Personen, die sich euch anschließen. Ihr könnt dann in der Quarantänezone entscheiden, ob ihr den infizierten Teil Kamurochos mit einem Partner angeht oder alleine betretet. Etwas unschön: Haben wir eine Aufgabe angenommen, in der wir jemanden retten müssen, können wir diese manchmal nicht ausführen, weil wir einen Partner im Schlepptau haben.

Majima kann endlich seiner wahren Bestimmung folgen und mimt den Zombiejäger.

Die Gehilfen stellen sich zwar nicht immer intelligent an, etwas zusätzliche Feuerkraft ist aber bekanntlich nie verkehrt. Beim Ausbilder, ein amerikanischer Soldat, könnt ihr eure eigenen Fähigkeiten und die der Partner steigern. Selbst Abilities und knappe Befehle wie “Folge mir!” oder “Warte hier!” könnt ihr ihnen zuweisen. Damit die zahlreichen Nebenquests aber nicht in stundenlangem Voranschreiten ausarten, könnt ihr mit etwas Vertrautheit mit der Levelarchitektur auch an vielen Zombiegruppen vorbeirennen, was eure Partner partout nicht machen und ihr folglich dann doch alleine unterwegs seid.

Klamauk & Minispiele

Akiyama mit Waffenbruder Nagahama.

Da sind wir auch schon bei den Aufträgen, welche abwechslungsreich und lustig inszeniert sind. Die Haupt- und Nebenmissionen sind gespickt von zahlreichen augenzwinkernden Anspielungen an Popkultur wie Low-Budget-Zombiefilmen, Men in Black und Metal Gear Solid. Auch der Schnellnachrichtendienst Yakker (aka Twitter) bleibt in einem Strang von Nebenmissionen nicht verschont. Ihr jagt gemeinsam mit einer Meute von Männern in mittlerem Alter einer Frau hinterher, die angeblich splitterfasernackt durch die infizierten Distrikte läuft und den Schutz eines starken Mannes sucht. Was euch dort letztenendes erwartet, findet ihr besser selbst heraus. Auch die Hintergrundgeschichte der Hauptcharaktere ist spannend inszeniert und selbst die Ursache für Apokalypse versucht SEGA in glaubwürdigem Rahmen zu erklären.

Was es wohl mit den gefährlichen Mutanten-Prototypen auf sich hat?

Missionen schön und gut. Gibt es aber auch wieder Karaoke und Tischtennis gegen wenig bekleidete Hostessen? Natürlich! Ihr könnt in diversen Clubs schönen Damen mit netten Worten und ein paar Flaschen des teuersten Champagners imponieren und sie als Happy End im Tischtennis herausfordern. Club SEGA bietet spaßige Arcade-Games, die zwar fiktiv sind, durch das neu hinzugekommene Online-Ranking – also eine weltweite Bestenliste – für größere Motivation sorgt. Doch um die Nebenaktivitäten nutzen zu können, müsst ihr den Hof vor den Läden erstmal von Zombies befreien. Die Apokalypse schreitet ständig voran und immer mehr Gebiete von Kamurocho werden durch den Fortschritt in den Hauptmissionen vom Militär abgeschirmt und die friedliche Quarantänezone, in der die Menschen unberührt ihrem Alltag nachgehen, verkleinert sich bis auf ein Minimum.

Es gibt so viel zu tun!

Das Befreien von Menschen in den Nebenquests sowie eine schnelle und besonders effektive Bewältigung der Hauptaufgaben verleihen euch Soul Points (Seelenpunkte), die ihr für neue Abilities ausgeben könnt. Doch da Geld im Ausnahmezustand Mangelware ist und ihr ab und an den ein oder anderen Tauriner-Drink vertragen könnt, gibt es noch zwei neue Aufgabenvarianten, die ihr von der mysteriösen Hasegawa erhaltet. Directives sind Sammelaufgaben, die erfordern, dass ihr eine bestimmte Anzahl von Zombies killt oder mit Waffen in bestimmten Wegen umgeht. Außerdem gibt es SpecOps-Missionen, die euch direkt in bestimmte infizierte Bereiche werfen und bei denen ihr so viele Treffer wie möglich erreichen müsst. Mit den gesammelten Punkten könnt ihr bei Hasegawa einkaufen gehen und das ganze ohne Geld, obwohl die üblichen Supermärkte und Restaurants natürlich wieder enthalten sind.

Am Ende von Missionen werdet ihr detailliert bewertet.

Im Gegensatz zum Vorgänger wurde das Itemmanagement verbessert, da ihr die Gegenstände nun gruppieren könnt. Trotzdem ist es unschön, dass ihr Gegenstände aus eurem selbst im ausgebautesten Status recht kleinen Inventar nur an Telefonzellen in euer Versteck schicken könnt, da diese nur außerhalb der infizierten Gebiete angebracht sind. Ihr lasst somit eine Menge brauchbarer Gegenstände zurück, nur um sie später für gewisse Aufträge wieder mühsam zu suchen. Technisch ist Yakuza: Dead Souls aufgrund seines enormen Umfangs ansprechend gestaltet. Die Darstellung der Charaktere ist sehr detailliert, während Umgebungen etwas triest wirken. Aufgrund der abwechslungsreichen und teils zerstörbaren Schauplätze fällt das aber kaum auf. Der Soundtrack ist wie immer von poppigen Klängen dominiert und erzeugt eine tolle Atmosphäre.

Kiryus… nennen wir es Alternativoutfit scheint bei den Hostessen gut anzukommen.

Deutsche Version

Die deutsche Version ist ungekürzt, was aufgrund des hohen Splattergrades etwas verwunderlich ist. Wie in den Vorgängern fehlt wieder ein Feature im Gegensatz zur japanischen Version. Diesmal ist es das Answer X Answer-Quizspiel. Intro- und Outro-Themes wurden ebenfalls verändert. Das Spiel findet sich hierzulande in einer Steelbook-Verpackung wieder. Diese Limited Edition bietet Zugang zu 32 Extra-Fähigkeiten und acht Extrawaffen für die vier Hauptcharaktere plus 25 Fähigkeiten, 14 Waffen und acht Kleider für die Hostessen. Die Sprachausgabe ist Japanisch, die Texte und Menüs Englisch.

Die ersten 60 Minuten von Yakuza: Dead Souls

Fazit

Die Yakuza-Serie hierzulande eine recht kleine Fangemeinde und mit Yakuza: Dead Souls haben viele, die mit der Reihe bislang nichts am Hut hatten, die Gelegenheit reinzuschnuppern und  gleichzeitig einen spaßigen, unkomplizierten Shooter zu bekommen. Wer sich im Universum der Serie etwas auskennt, der wird auf viele Verbindungen zu den “großen” Teilen treffen und eine schön präsentierte Story serviert bekommen. Das Gameplay ist hier und da etwas gewöhnungsbedürftig, ist aber nach wenigen Spielstunden in Fleisch und Blut übergegangen und dann motiviert das Spiel für viele viele Stunden. Wollt ihr alle Nebenmissionen erfüllen, vergehen locker 30 bis 40 Stunden. Auch der Humor im Spiel stimmt und es kommt selten Langeweile auf. Kleine Passagen in Fahrzeugen wie Panzern sind verbaut und lockern das Geschehen zusätzlich auf.

Es werden zwar Yakuza-typische Themen wie Ehre und Menschlichkeit behandelt, aber wenn Kiryu im letzten Kapitel erst Reue beim Kampf gegen die entmenschlichten Wesen zeigt, dann aber wenig später Flammenwerfer und Rail Gun auspackt, kann man das als hyperschnelle Charakterentwicklung sehen oder einfach als Merkmal, dass es sich hierbei immer noch um ein Videospiel handelt. Yakuza: Dead Souls bewahrt die Seele eines Yakuzas und erfreut mit einigen Überraschungen. Wir können das Spiel allen japan-affinen Actionfans und die, die es noch werden wollen, empfehlen.

Yakuza: Dead Souls
System: PlayStation 3
Genre: Action-Adventure
Preis: ca. 30 Euro (Deutschland) / ca. 10 GBP / 12 Euro (England) / ca. 30 US-Dollar (USA)
Entwickler: SEGA CS1 Team (Yakuza-Serie, Binary Domain)
Publisher: SEGA

3 comments
    1. XTgamerPatrick

      Das ist aber nett, wo du doch immer gern hier Zeug abstaubst und unsere Arbeit stets zu würdigen weißt. Danke!

Comments are closed.