Vor zehn Jahren verzauberte Doug TenNapel mit The Neverhood die Spielewelt mit seinem einzigartigen Stop-Motion-Knetgummi-Look. Zehn Jahre testen wir die spirituelle Nachfolge auf Verdaulichkeit.
1996 war die Videospiele-Landschaft übersät mit vielen heute nahezu ausgestorbenen Genres. 3D-Platformer wie Crash Bandicoot und Super Mario 64 brachten Millionen von Kinderaugen zum Funkeln, große Marken wie Resident Evil, Diablo und Quake entstanden gerade. Auch Grafik-Adventures erfreuten sich außerordentlicher Beliebtheit, etwa Baphomet’s Fluch, Leisure Suit Larry 7 oder auch The Neverhood.
Knete garantiert noch keine Knete
Das in der sogenannten Neverworld angesiedelte Game The Neverhood wurde komplett aus Knetgummi anhand von Stop-Motion-Kamerafahrten animiert. 42.000 verkaufte Exemplare waren die Folge. Das steht zwar in keinem Vergleich zu Baphomet’s Fluch, womit Revolution Software die Millionen-Marke durchbrechen konnte, ist aber durchaus ansehnlich. Auf der PlayStation gab es mit Skullmonkeys einen indirekten Nachfolger, allerdings ohne Point & Click, als Platformer.
Neun Jahre später erschien am 30. September 2015 Armikrog, einmal mehr aus der Feder von Doug TenNapel, der übrigens auch für Shiny Earthworm Jim 1 & 2 programmierte. Das Setting und auch der Protagonist gleichen der Neverworld und dem Klaymen frappierend. Ihr schlüpft in die Rolle von Tommynaut, der auf dem Planeten Spiro 5 bruchlandet. Eingeschlossen im Schloss Armikrog sucht ihr nach Antworten und einem Ausweg.
Nach der holprigen Ankunft sehen wir durch ein Fenster wie die Einzelteile unseres Schiffes geklaut werden und anschließend die Diebe den Kampf unter sich ausmachen – Nahrungskette und so. Schnell wird der Slapstick als vorherrschendes Stilmittel etabliert. Ein Geist weist Tommynaut an Schlüsselpunkten in der Geschichte den Weg. Tommynaut wird von seinem geflügelten Hund Beak-Beak begleitet, den ihr ebenfalls per Point & Click steuern dürft. Meist schlüpft er durch in schwarz/weiß aufgrund der Farbenblindheit Beak-Beaks gehaltene Schächte hindurch und aktiviert Schalter, durch die sich neue Wege öffnen. Das Baby Pi ist euer zweiter Begleiter und wird im Laufe der Geschichte eine schicksalsträchtige Rolle einnehmen.
Drei Türme, sie zu knechten…
Das Spieldesign von Armikrog gleicht einem klassischen Point & Click-Adventure. Ihr ordnet Symbole an, aktiviert Hebel und dürft später sogar Beak-Beak in die Lüfte entlassen. Innerhalb der drei Türme, die von Okotopoden durchsetzt sind, gilt es allerlei Rätsel zu lösen. Der Anspruch der Rätsel schwankt dabei von Pi-leicht bis Oktopus-schwer. Schön ist etwa das Rätsel, in welchem ihr eine Reihe von verschiedenfarbigen Planeten korrekt anordnen und einfärben müsst. Nervig wird es, wenn sich Rätsel dank der drei Türme-Struktur wiederholen. Jedes Mal gilt es etwa Holztafeln innerhalb eines Kreuzes korrekt anzuordnen und dem schreienden Baby sein Mobilé neu aufzuhängen.
Aufgrund der sympathischen Figuren, der detailliert gestalteten Spielwelt und der interessanten Story bleibt man jedoch dran und wird nach etwa 90 Minuten bis drei Stunden, je nachdem wieviel Zeit man mit den Rätseln der Präsidentschaftskrabben verbringt, schon mit dem Abspann konfrontiert. Das Ende lässt hingegen vermuten, dass ein Nachfolger nicht gerade weitere zehn Jahre in Anspruch nehmen könnte.
Am 23. August 2016 erschien Armikrog für PlayStation 4, Xbox One und die Wii U. Nachdem wir auf der gamescom bei Publisher Versus Evil Klebstoff anhand der Wii U-Version geleckt hatten, spielten wir das Game für diesen Test auf der PS4 durch.
Fazit
Armikrog zeigt, dass die altbewährte Formel bedingt auch im Jahre 2016 noch funktioniert. Zwischenzeitlich gab es mit Machinarium und The Dream Machine unterhaltsame Point & Click-Adventures, die sich diese Technik zu Eigen gemacht haben. Während in den genannten Games moderne Elemente wie Inventarbildschirme und eigenes Speichersystem integriert wurden, bleiben die Pencil Test Studios ihren Wurzeln etwas zu treu. Armikrog ist ohne Frage toll animiert. Allein mit Tommynauts selbst gebastelten Gefährt an den Kanten der holzvertäfelten Spielwelt entlang zu düsen macht sehr viel Spaß. Doch fühlt sich das Spiel aufgrund seiner Abwechslungsarmut und des unzeitgemäßen Pacings etwas altbacken und kommt nicht richtig in Fahrt. Wer ein gemächlich fantastisch anmutendes, abendfüllendes und kindgerechtes Abenteuer sucht, der liegt mit dem aufwendig produzierten Armikrog richtig.
Die PS4-Version steuert sich tadellos mit dem Controller. Ihr könnt neben dem Analog-Stick auch auf das Touchpad des DualShock4 zurückgreifen, allerdings ist hier die Sensitivität etwas hoch eingestellt.
Armikrog
Genre: Adventure
Syteme: PS4 (getestet), Xbox One, Wii U, PC/Mac
Preis: ca. 25 Euro
Entwickler: Pencil Test Studios
Publisher: Versus Evil
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