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Test

Im Test: Truck Driver: The Dutch Connection

Switch to: Englisch

Windmühlen, Tulpenfelder und idyllische Deichlandschaften: Der neue Teil der Trucking-Reihe Truck Driver verschlägt uns unverkennbar in die Niederlande.

Truck Driver: The Dutch Connection von SOEDESCO ist am 31. Oktober für PlayStation 5 und Xbox Series X|S zum Preis von rund 40 Euro (für kurze Zeit gibt’s 10 Prozent Rabatt für PS Plus-Mitglieder und im Xbox-Store) erschienen. Der Nachfolger des 2019 für PS4 und Xbox One, und in den beiden Folgejahren für Nintendo Switch und den PC erschienenen Truck Driver. Zwar ist The Dutch Connection aktuell nur für Konsolen erhältlich, eine PC-Version soll allerdings auch noch erscheinen.

Trucking in Oran-yay, Story nay

Wir schreiben das Jahr 2027 und Truckerinnen und Trucker müssen sich mit KI-Disponenten herumschlagen. Trucker Felix, in seinen Fünfzigern und mit schlappen 30 Jahren Berufserfahrung, ist aus den USA in eine fiktionalisierte Version der Niederlande umgesiedelt und muss sich mit den daraus resultierenden Problemen mit seiner zu Hause gebliebenen Frau Sara auseinandersetzen. Bei der Arbeit trifft auf den zweiten spielbaren Protagonisten Lucas, der sich in seinen Mitzwanzigern und im Zwist mit seinen Eltern befindet, da er sich für ein Leben auf der offenen Straße und nicht für einen stabilen Bürojob entschieden hat. Zwischen den beiden soll eine authentische Vater-Sohn-Dynamik entstehen, doch die Story ist mit ihren klischeebehafteten und wenig tiefgründigen Dialogen stellenweise schwer zu ertragen, etwa wenn Lucas in seinem Zweitjob als Influencer einen weiteren Kalauer bringt, beim Reden über sensible Themen jegliches Fingerspitzengefühl vermissen lässt oder in Fremdscham-Momenten mit der Studentin Lily anbandelt. In Zwischensequenzen in Form von Standbildern im Aquarelllook erfahren wir, was abseits der Straße passiert – relativ wenig.

Während des Fahrens lauschen wir diesen belanglosen und relativ professionell auf Englisch eingesprochenen und in schwankender Qualität auf Deutsch untertitelten Dialogen, die im Laufe der 15 Aufträge umfassenden und etwas über ein Dutzend Spielstunden langen Kampagne immer weniger werden. Dafür werden die Routen immer länger und mitunter werden wir doppelt über die gesamte Karte geschickt. Ganz selbstreferentiell liefert Lucas Videospiele für den Publisher des Games SOEDESCO aus, was durchaus Sinn ergibt, schließlich ist er leidenschaftlicher Fan des Truck Driver-Franchise. Immerhin endet die Kampagne mit einem sehr langen Text, in der zurecht auf die widrigen Arbeitsbedingungen und die Wichtigkeit der Arbeit der Fahrerinnen und Fahrer eingegangen wird.

Das virtuelle Abbild der Niederlande ist abwechslungsreich gestaltet, von ausladenden Tulpenfeldern und Windmühlen, über Leuchttürme an der Küste und Segelbooten auf See, mächtigen Windparks, steilen Gebirgsketten und einigen Kleinstädten im Schachbrettmuster, die gespenstisch leer sind – außer ein paar Menschen, die aus irgendeinem Grund meist von etwas davonrennen und laut kreischenden Möwen ist hier wenig zu finden. Die Umgebungsdetails sind nicht immer sonderlich aufwendig gestaltet und manche Gebiete sind karge Ödländer, die offenbar mit möglichst vielen Objekten vollgestopft wurden.

Vorsicht: Übersaturierung

Das Spiel unterstützt eine Reihe von Lenkrädern, wir haben das Spiel allerdings auf der PlayStation 5 Pro mit einem DualSense-Controller gespielt, der hier sowohl die adapativen Trigger als auch haptisches Feedback unterstützt. Das Fahrverhalten der drei verfügbaren Trucks ist weder realitätsnah noch im Arcade-Stil solide umgesetzt. Bei hoher Geschwindigkeit bricht das Fahrzeug gerne plötzlich aus und wir müssen die Schäden an der nächsten Garage kostspielig reparieren lassen. Eine Anpassung der Sensibilität des Lenkrads ist unsere einzige Option, die Trucks einigermaßen auf der Piste zu halten und selbst das hat kaum Auswirkung. In den Garagen können wir die Stabilität, Langlebigkeit und Geschwindigkeit unserer Trucks anpassen, unsere Kabine mit allerlei Krimskrams vollstopfen und eine kleine Auswahl an vorgefertigten Lackierungen erwerben. In einem rudimentären Fähigkeitenbaum können wir ein paar Boni erwerben, am Ende haben wir allerdings ohnehin so viele Erfahrungspunkte um alles freizuschalten.

Während die Trucks relativ detailliert präsentiert werden, gilt das nicht unbedingt für den in einfachen Models dargestellten Verkehr. Mit Ray Tracing kommen wir in den Genuss von hübschen Licht- und Schatteneffekten und auch die Echtzeit-Spiegelungen sehen nett aus. Gerade die Wettereffekte und die Tag-/Nacht-Simulation machen einiges her, auch wenn die Übergänge zu abrupt sind. Selten haben wir in einem Videospiel so intensive Unwetter wie in Truck Driver: The Dutch Connection erlebt. Hier peitscht der Wind lautstark, der Regen prasselt gegen die Windschutzscheibe und Bäume wiegen im Sturm. Das sieht häufig aufgrund des hohen Kontrastes und der starken Farbsättigung überzeichnet und apokalyptisch aus und die grellen Armaturen sind in der Fahrerkabine in dunkler Umgebung kaum lesbar. Sobald sich der Sturm verzogen hat und die gleißende aufgehende Sonne ihre ersten Strahlen durch die Baumwipfel scheinen lässt und sich in den Pfützen spiegelt vergessen wir beinahe den letzten Fremdschammoment der Kampagne.

Überleben des Geduldigen

An Tankstellen müssen wir regelmäßig unseren Sprit auffüllen, bei Imbissen und Bäckereien etwas Nahrung zu uns nehmen und uns in Hotels ausruhen – das hat wenig mit dem realen Trucker-Leben zu tun, in dem man an den völlig überfüllten Rastplätzen um die letzten verbliebenen Ruheplätze kämpft. Es gibt auch viel zu wenige von diesen Einrichtungen und so passiert es immer wieder, dass wir kurz vor dem Eintreffen am Restaurant verhungern Das kann man zwar als Gesellschaftskritik an den widrigen Arbeitsbedingungen sehen, die Integration dieser Überlebenselemente wirkt im Spiel allerdings einfach nicht durchdacht. Die nachfolgende automatsche Teleportation zur nächsten Tankstelle erspart uns immerhin manchmal etwas an Fahrtzeit.

Bauen wir einen Unfall, fahren wir bei Rot über die Ampel (das passiert schnell, da viele Streckenmarkierungen fehlen) oder werden wir mit überhöhter Geschwindigkeit geblitzt bzw. von einer Streife gesehen, erhalten wir ein Bußgeld. Da unser Einkommen in der Kampagne automatisch generiert wird, werden wir kaum vor monetäre Probleme gestellt.

Im Freedom-to-Roam-Modus dürfen wir unsere Aufträge mit unterschiedlicher Länge frei wählen und neben dem aus der Kampagne bekannten Fähigkeitenbaum neue Anpassungsmöglichkeiten und Trucks freischalten. Hier müssen wir mit unseren Finanzen klug wirtschaften, das ist aber nicht vergleichbar mit dem Euro Truck Simulator 2, in den wir zahlreiche Aufträge, Frachtarten, Trucks und KI-Personal zur Verfügung haben.

Radio Free Europe

Im Radio läuft generische Instrumentalmusik der Genres Heavy Metal, Techno und Pop, wenn gerade nicht der Streamer-Modus unwiderruflich aktiviert wird und wir nur einem sich wiederholende minimalistische Instrumentalstücke und den eher einem Güterzug als einem LKW gleichenden Motorengeräuschen lauschen. Da es kaum Optionen gibt, können wir das nicht einmal leise stellen. Auch die Knopfbelegung können wir nicht ändern und der Tempomat hat bei uns nicht ein Mal funktioniert.

Das Spiel strotzt vor Bugs und Glitches. Bildschirmanzeigen bleiben häufig stecken und der KI-Verkehr scheint fest vorgegebene Routen zu haben, unabhängig davon ob ihr euch im Weg befindet. Sie biegen auch gerne auf der linken Spur rechts ab, nutzen bei Rot eine imaginäre Abbiegeampel und bleiben mitten auf der Straße stehen, um Unfälle und ellenlange Staus zu kreieren. Einmal ist sogar ein ganzer Straßenabschnitt verschwunden und alle Autos fuhren an den Bergen entlang. Das öde minimalistische Straßenlayout erlaubt in diesen Fällen auch kaum Ausweichmöglichkeiten und wenn dann ist man ewig unterwegs. In der dritten Abfahrtsschleife in Folge setzt bei aufkommender Erschöpfung ein Sekundenschlaf ein – virtuell wie real.

 

Verbesserungen auf der PS5 Pro

Auf der PS5 Pro gibt es im Vergleich zur PS5, bei der auf eine Softwarelösung zurückgegriffen wird, Hardware-basiertes Ray Tracing mit bis zu 60 FPS (frames-per-second; Bilder pro Sekunde), 120 Hz-Modi mit Bildraten über 60 FPS und höhere Grafikeinstellungen. In den Einstellungen finden wir eine Menge Grafikoptionen vor, darunter vier Rendermodi (einen Qualitäts-Pro-Modus mit 30 FPS oder unbegrenzter Bildrate und einen Leistungsmodus mit und ohne Ray Tracing) mit bis zu drei unterschiedlichen Framerate-Begrenzungen (40/60/120 FPS), unterschiedliche Qualitätsmodi für Schatten und Spiegel, V-Sync und sogar die Bildschärfe des Upscalers dürfen wir festlegen. Darüber hinaus können wir auf eine überraschenderweise umfangreiche Auswahl an unterschiedlichen grafischen Effekten und Filtern zugreifen und diese nicht nur im integrierten Foto-Modus nutzen.


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Während der optische Unterschied zwischen der regulären Optik und Ray Tracing von Umgebungsbeleuchtung, Reflexionen und Schatten deutlich ausfällt, bietet der Qualitäts-Pro-Modus schärfere Schatten und etwas mehr Vegetation. Das Spiel nutzt die variable Bildrate (VRR) und das kann zu massiven Problemen führen. Mit VRR erzielen wir rund 50 bis 70 FPS im Qualitäts-Pro-Modus, im RT-Leistungsmodus bei wenig Verkehr gerne auch einmal 100 FPS. Sobald allerdings viele Objekte im Blick sind fällt die Framerate regelmäßig unter die VRR-Grenze der PS5 Pro bei 48 Hz. Dann sollte normalerweise Low Framerate Compensation (LFC) einspringen und die Bildrate stabilisieren, im Spiel wechselt die Hertzfrequenz dann allerdings wild zwischen 48 und 120 und die Folge sind ein starkes Bildschirmflimmern und transparente Balken am Bildschirmrand. Deaktivieren wir die variable Bildfrequenz in den Systemeinstellungen, wirkt das Frame Pacing zwar unausgewogener als im VRR-Idealzustand, zumindest blinkt dann der ganze Bildschirm nicht mehr.

Fazit

Eine Fahr-Berufssimulation mit Story-Fokus klingt nach einem interessanten Konzept, nur leider scheitern viele Spiele wie zuletzt Lake und nun auch Truck Driver: The Dutch Connection daran, eine interessante Geschichte zu erzählen und die Spielwelt lebendig wirken zu lassen. Es wirkt einfach wenig authentisch, wenn wir auf dem Parkplatz vor einem Hotel erschöpft in Ohnmacht fallen, weil der klischeebehaftetet Dialog erst zu Ende abgespielt werden muss.

Das würde weniger ins Gewicht fallen, wenn die Fahrphysik nachvollziehbar wäre, da der Truck ab 85 km/h gerne unkontrollierbar zum Flummiball wird, werden die mitunter langen Touren zur Nervenprobe. Das öde Streckennetz mit wenig realistischen Abfahrten und chaotischem KI-Verkehr tragen nicht dazu bei, dass man im Freedom-to-Roam-Modus gerne mehr Zeit in der virtuellen Niederlande verbringen will.

Für den nächsten Serienteil wünschen wir uns ein besseres Drehbuch, ein abwechslungsreicheres Streckennetz und eine lebendigere Spielwelt, dann könnte Truck Driver zu einer soliden narrativen Fahrerfahrung werden. Truck Driver: The Dutch Connection können wir selbst beinharten Trucking-Fans nicht ans ölverschmierte Herz legen.

SOEDESCO hat uns Truck Driver: The Dutch Connection für PlayStation 5 zur Verfügung gestellt. Wir haben die Screenshots mit der PS5 Pro erzeugt.