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Test

Im Test: INDIKA

Switch to: Englisch

In INDIKA begleiten wir eine vom Teufel besessene Nonne auf einer kompromisslosen Selbstfindungsreise und das seit heute auch auf der Nintendo Switch.

Das von Odd Meter entwickelte und von 11 Bit Studios vertriebene narrative Action-Abenteuer INDIKA ist am 2. Mai letzten Jahres für den PC, die PlayStation 5 und die Xbox Series X|S erschienen und heute wird es für die Nintendo Switch veröffentlicht. Zusätzlich ist das Spielseit dem 19. August im PlayStation Plus-Spielekatalog enthalten und für PS+ Extra- und Premium-Mitglieder zugänglich.

Im Land von Jessenins Poesie

Im Russland des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts übernehmen wir die Rolle der jungen Nonne Indika. Sie scheint vom Teufel persönlich besessen zu sein, der ihr ständig wie ein Floh im Ohr sitzt und hinterlistige Gemeinheiten bis abgrundtief böse Dinge einflüstert. INDIKA vermischt übernatürliche Elemente einer düsteren Fantasy-Welt mit dem in der Realität verankerten Schauplatz. Das zeigt sich gleich zu Beginn, als Indika aus einem russisch-orthodoxen Kloster ausgestoßen wird, weil sie während der heiligen Kommunion einen kleinen beleibten winkenden Mann im Pyjama aus dem Mund der Mutter Oberin schlüpfen sieht und darauf entsprechend reagiert, wenn auch noch etwas zurückhaltend in Anbetracht der Ereignisse.

Auf ihrer Selbstfindungsreise trifft sie den schwer verletzten Ex-Häftling Ilya, unterstützt ihn bei seiner Flucht und macht sich daran, den sagenumwobenen Kudez zu finden. Dieses religiöse Artefakt soll Wunden an Körper und Seele heilen. INDIKA enthält Elemente des Surrealismus (etwa dargestellt durch Rückblenden in Indikas Zeit mit ihrem Vater im 2D-Pixel-Art-Stil), philosophische (kritische Auseinandersetzung mit religiösen Themen) und satirische Untertöne (ständig flüstert ihr der Teufel süffisante Kommentare ins Ohr) inspiriert von den Werken von Michail Bulgakow, Fjodor Dostojewski und Nikolai Gogol. Das cineastische Storytelling zieht seine Einflüssen hingegen von den prestigeträchtigen Filmemachern Yorgos Lanthimos (Poor Things, Bugonia), Darren Aronofsky (Requiem for a Dream, Black Swan) und Ari Aster (Midsommar, Eddington).

Die Story wird sowohl von wilden aufwendig inszenierten Sequenzen wie unserer Flucht auf einem Dampf-Bike über schneebedeckte Feldwege als auch von Momenten der Verletzlichkeit, in denen sich das Duo näherkommt, geprägt. Indika erlebt nicht nur die Leiden der verarmten Bevölkerung, sie wird auch selbst immer wieder traumatischen Erlebnissen ausgesetzt. Körperliche und seelische Gewalt gegen Frauen wird in INDIKA mehrfach in explizierter Form dargestellt. Auch in diesen Momenten verwenden die Entwickelnden zuweilen recht ungewöhnliche Darstellungsmethoden und Perspektiven und liefern damit nicht plumpe Schauwerte, sondern regen dadurch noch mehr zum Nachdenken an. Das Ende bietet dabei ebenfalls viel Raum für Interpretationen. Die Vertonung ist sowohl im Englischen wie im Russischen exzellent geworden. Anastassia Dyachuk und Isabella Inchbald als Indika, Efim Shifrin und Silas Carson als der Teufel und Sergey Gabrielyan und Louis Boyer als Ilya spielen ihre Rollen leidenschaftlich gut. Die Texte stehen auf Englisch, Französisch, Deutsch, Spanisch, Russisch, Polnisch, Portugiesisch (Brasilien), Chinesisch (vereinfacht) und Japanisch zur Verfügung und die deutsche Lokalisierung ist gut gelungen.

Symbiose aus unterschiedlichen Stilen

Spielerisch handelt es sich bei INDIKA um einen Walking-Simulator aus der Verfolgerperspektive mit einigen Rätsel- und Jump’n’Run-Elementen. So erkunden wir die architektonisch interessant gestalteten Schauplätze des Spiels wie ein verschneites Dorf, dessen Häuser allesamt etwas schief und monströs groß aussehen. Als wir inmitten dessen fünf Mal händisch Wasser vom Brunnen holen sollen, obwohl es gleich nebenan eine funktionsfähige Pumpe gibt, fühlt man sich wirklich wie ein kleines Rädchen in einer unverständlichen Maschinerie. Das ein oder andere Umgebungsrätsel lockern die Spielmechanik auf. Während der Teufel mit Hasstiraden buchstäblich unsere Umwelt zerreißt, können wir sie nur durch Beten und geschickte Navigation zusammensetzen, um voranzuschreiten. Des Weiteren verwenden wir unterschiedliche dampfbetriebenen Maschinen, um in der Spielwelt voranzuschreiten. Nachdem wir uns den Weg durch Unmassen an riesigen abgehangenen Fischen gebahnt haben, reihen wir mit einem Stapler überdimensionale Fischkonserven aufeinander, um das höher gelegene Ziel zu erklimmen und versetzen auf einer unfertigen Baustelle ganze Brücken mit einem Kran. Anders als in anderen narrativen Abenteuern müssen wir hier nicht ständig Quick-Time-Events vollführen, sondern können uns in den Filmsequenzen ganz auf das Gezeigte einlassen.

Nachdem INDIKA ein Jahr in der Entwicklung war, mussten der Studiochef Dimitri Swetlow und ein Großteil des Entwicklerteams bei Odd Meter aufgrund des russischen Angriffskrieg auf die Ukraine aus Russland in das kasachische Almaty fliehen. Jene russisch-orthodoxe Kirche, die eine zentrale Rolle im Spiel einnimmt, wurde für Propagandazwecke eingesetzt und zur Überraschung Swetlows hielt der polnische Publisher 11 Bit Studios (This War of Mine) trotzdem an der Entscheidung fest, das Spiel zu veröffentlichen. Ausgestoßen, von Schuldgefühlen geplagt und auf einer Selbstfindungsreise – die Entwicklungsgeschichte und die fiktive Story in INDIKA scheinen Parallelen aufzuweisen.

INDIKA bricht immer wieder mit dem meist in Grautönen gehaltenen realistischen Grafikstil, indem etwa die Pixel-Münzen aus den Pixel-Art-Rückblenden auch in der Spielwelt zu finden sind und wir damit in einem Fertigkeitenbaum uns dafür entscheiden, etwa unsere Reue oder Demut zu steigern, ohne dass dies irgendeinen Effekt auf den Spielverlauf zu haben scheint. Zur beeindruckenden Symbiose von Spielmechaniken und Präsentation trägt der großartige Soundtrack von Mike Sabadash bei, der wie das Spiel ganz unterschiedliche Stile vereint und mancher Sequenz das i-Tüpfelchen aufsetzt.

Der Teufel liegt im Detail

Bei der vormals so eindrucksvollen Präsentation muss man allerdings in der neuen Umsetzung für die Nintendo Switch einige Abstriche machen. Während Indika auf einem PC und der PS5 Pro durch riesige plastische Matschpfützen watet, tiefe Spuren im Schnee hinterlässt, sich ihre glänzende Robe im Wand wiegt und darauf sogar einzelne Schneeflocken landen, bleibt davon auf der Switch nicht viel übrig. Es gibt keine Spuren im Schnee, viele Objekte wie Pfützen, Indikas Robe und die im Original bereits unzureichend dargestellte Vegetation verlieren enorm an Details und auch an Schatten. Gerade die flache Beleuchtung und die pixelige Optik führt zu einem visuell enttäuschenden Erlebnis und das Spiel ist auf der Switch stellenweise so dunkel, dass die Navigation problematisch werden kann.


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Auf Nintendo Switch 2 ist die Auflösung etwas höher und das Bild daher deutlich klarer, doch die beschriebene Detailarmut der im Original hochaufgelösten Assets besteht auch hier weiter. Eine dedizierte Switch 2-Version mit höherer grafischer Qualität könnte die Lösung sein, doch das könnte auf Kosten der Leistung gehen. Auf der PS5 Pro gelingt es INDIKA bis heute nicht, die maximal möglichen 60 Bilder pro Sekunde zu halten und die Tonabmischung lässt Stimmen oftmals völlig übersteuern. Während auf Nintendo Switch immer wieder das angepeilte Framerate-Limit von 30 FPS (frames-per-second; Bilder pro Sekunde) nicht gehalten werden kann – insbesondere in den beiden Szenen, in denen der Teufel die Spielwelt auseinanderreißt -, läuft INDIKA auf der Switch 2 in unseren Tests nahezu durchgehend flüssig. Auch die Ladezeiten sind hier mit rund 10 bis 20 Sekunden zwar nicht so fix wie auf einem PC oder der PS5 Pro mit einer SSD, allerdings deutlich kürzer als auf der ersten Switch-Hybrid-Konsole. Hier kann es bis zum Laden des nächsten Kapitels schon einmal bis zu einer Minute dauern, was den Spielfluss gehörig negativ beeinflusst. Nennenswerte Unterschiede zwischen dem Handheld- und dem TV-Modus außer einer leicht höheren Auflösung gibt es auf der Switch nicht.


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Unsere Reise wurde auf der Switch 1 und 2 mehrfach durch Abstürze des Spiels unterbrochen, außerdem fehlte einmal eine ganze Dialogspur (siehe Video) oder die Spielwelt glitchte. Technisch hat Odd Meter also bei allen von uns gespielten Konsolenversionen noch nachzuarbeiten und wer INDIKA möglichst frei von Fehlern und Leistungsproblemen spielen möchte, sollte es auf dem PC spielen. Dort hat man sehr viele Optionen, um das Spiel auf die Leistungsfähigkeit des eigenen Systems anzupassen. Mit einem AMD Ryzen 7 5800X3D, 32 GB Arbeitsspeicher und einer Nvidia GeForce RTX 4070 (12 GB) läuft INDIKA in 4K mit maximalen Grafikeinstellungen und Nvidias Upscaler DLSS im Ultra-Qualität-Profil konstant über 90 Bilder pro Sekunde. Die PC-Screenshots haben wir im Übrigen in nativem 4K aufgenommen, was nicht unbedingt viel besser aussieht und dort haben wir maximal 50 FPS erzielt.


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Fazit

INDIKA schickt uns auf eine interessante rund vier- bis fünfstündige Selbstfindungsreise der titelgebenden ausgestoßenen Nonne, überrascht dabei mit unterschiedlichen Stilbrüchen und überzeugt mit einer authentischen Charakterentwicklung sowie teuflisch guten Leistungen des englisch- und russischsprachigen Synchro-Ensembles. Indika beginnt ihr Weltbild und ihren Sinn für Moral in Frage zu stellen und beginnt damit einen eigenen Willen zu entwickeln, hinterfragt dabei die Bräuche und Rituale, die sie sich bislang zu Eigen gemacht hat – oder war es doch anders herum? Die übrigen Figuren inklusive ihrem Begleiter Ilya bleiben allerdings eher blass und ihnen wird keine so komplexe Charakterentwicklung gegönnt, auch wenn es gute Ansätze dafür gibt.

Spielerisch bietet INDIKA wenig was über einen gewöhnlichen sogenannten Walking-Simulator hinausgeht, auch wenn es ab und an Umgebungsrätsel zu lösen oder ein Rennen gegen Indikas Vater im Pixel-Art-Stil zu gewinnen gibt. Das fällt allerdings nicht gerade negativ auf, da Spiel und Geschichte zu einer Symbiose werden und die in Videospielen üblichen Mechaniken selbst aufgegriffen und hinterfragt werden, ohne allerdings dabei zu sehr in die Tiefe zu gehen. Wer narrative Erlebnisse wie die Hellblade-Serie oder INSIDE mag, wird mit INDIKA potentiell nichts falsch machen und wie bei diesen Games noch für längere Zeit darüber nachdenken.

Aus technischer Sicht sind alle von uns gespielten Konsolenversionen allerdings stark verbesserungswürdig. Anderthalb Jahre nach der Veröffentlichung hat INDIKA auf der PlayStation 5 immer noch Framerate-Einbrüchen zu kämpfen und das auch auf der potenteren PS5 Pro, auf der das Spiel beeindruckend aussieht. Im Anbetracht dessen sind die Abstriche im Detailgrad auf der Nintendo Switch verständlich, allerdings geht dabei – selbst auf Switch 2 – sehr viel der starken visuellen Identität und des Storytellings der Umgebung verloren. Darüber hinaus muss man auf der Hybrid-Konsole mit Glitches und Abstürzen auskommen. Sollten sich der Publisher und die Entwicklerinnen und Entwickler dahinterklemmen, könnte INDIKA mit einer grafisch aufgepeppten Switch 2-Version und einer stabilen PS5-Fassung, ggf. mit einem 30 FPS-Modus, endlich auch auf Konsolen eine gute Figur machen. Bis dahin empfehlen wir euch, das Abenteuer auf dem PC anzugehen.

11 Bit Studios hat uns INDIKA für Nintendo Switch und PC zur Verfügung gestellt. PlayStation hat uns den Zugang zur PS5-Version von INDIKA über PlayStation Plus ermöglicht (derzeit im Spielekatalog über PS+ Extra und Premium enthalten). Alle nicht beschrifteten Screenshots wurden am PC erzeugt. Die Screenshots wurden zu Vergleichszwecken unkomprimiert aufgenommen und aus Platzgründen etwas verkleinert (90 Prozent Bildqualität).