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Eine Reihe von Dokus geben Einblick in Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine, der auch Auswirkungen auf die Videospiel-Entwicklung hat.
Inhaltswarnung: In den besprochenen Filmen sind explizite Kriegshandlungen enthalten.
In unserem Themenschwerpunkt Ukraine-Krieg haben wir für euch zwei aktuelle Dokumentationen und zwei neue Kurzfilme herausgesucht. Der brutale Konflikt tobt seit nunmehr drei Jahren nur ein paar Stunden entfernt von uns, reißt Familien auseinander und kostet viel zu viele Menschenleben. Während diese Filme derzeit primär auf Festivals die Runde machen und nicht auf DVD, im Streaming oder als Download verfügbar sind, sind immerhin zwei davon regional begrenzt zu sehen.
20 Tage in Mariupol (Regie: Mstyslaw Tschernow)
Die mit dem Oscar für die Beste Dokumentation ausgezeichnete Doku 20 Tage in Mariupol dokumentiert die Belagerung der Stad durch russische Streitkräfte kurz nach dem Ausbruch des Krieges, welche insgesamt 86 Tage andauerte und über 25.000 Opfer nach sich zog. Die von der Außenwelt abgeschnittene und Stück für Stück zerfallene Stadt wird Opfer eines schrecklichen Angriffs auf eine Geburtsstation, was hautnah dokumentiert wird. Der mutige Fotograf Mstyslaw Tschernow filmt das schreckliche Ausmaß der verheerenden Angriffe und kommentiert die Geschehnisse. Da man sich dazu entschieden hat die deutsche Fassung zu synchronisieren und nicht zu untertiteln, hören wir davon leider wenig. Die gesamte Dokumentation befindet sich derzeit auf Abruf in der ARD-Mediathek und ist ein eindrucksvolles zeitgeschichtliches Dokument, das allerdings wirklich an die Substanz geht.
I Died In Irpin (Regie: Anastasiia Falileieva)
Auch I Died In Irpin spielt direkt in den Tagen nach der russischen Invasion. Anastasiia Falileieva lebt mit ihrem Freund in Kyjiw und flüchtet in die nordöstlich gelegene Stadt Irpin, nahe der Stadt Bucha, in der schlimme Massaker an der Zivilbevölkerung dokumentiert wurden. Dort lebt sie einige Zeit mit den Schwiegereltern, die trotz der schweren Angriffe auf Irpin nicht fliehen wollen. I Died In Irpin besteht größtenteils aus handgezeichneten Szenen, die mit Realaufnahmen vermengt werden. Die überzeichneten Darstellungen, gepaart mit der intensiven Audiokulisse, lassen einem das Blut in den Adern gefrieren und die unglaubliche Verzweiflung der Protagonistin erahnen. Derzeit ist der ca. 11-minütige Kurzfilm über das Schweizer Radio und Fernsehen SRF verfügbar.
As It Was (Regie: Damian Kocur/Anastasiia Solonevych)
Lera lebt seit beinahe einem Jahr in Berlin nach Ausbruch des Krieges. Sie entscheidet sich an Weihnachten dazu, nach Kyjiw zurückzukehren und dort ihren Freund Kyrylo zu treffen, da ihre Familie nicht zu Hause ist. Das 15-minütige Drama As It Was würde als einer der besten Kurzfilme beim Cannes-Filmfestivals 2023 präsentiert. Im Gegensatz zu den vorherigen beiden Filmen findet hier der Krieg mehr im Hintergrund statt, wird allerdings allgegenwärtig als sich Lera bei Luftalarm in einem Bunker verschanzt. Der im Original mit Untertiteln gehaltene Kurzfilm zeigt eindrucksvoll, wie der Krieg jede Familie auf eine Weise betrifft – etwa wenn der beste Freund in die Armee eingezogen wird.
Mr. Nobody Against Putin (Regie: David Borenstein/Pavel Ilyich Talankin)
Über einen Zeitraum von zwei Jahren filmte Pavel „Pasha“ Talankin, der Schulfotograf und Veranstaltungsmanager, seine Eindrücke aus der Karabasch Gesamtschule #1 im Südlichen Ural. Die 90-minütige Doku Mr. Nobody Against Putin zeigt, wie die Schule langsam immer mehr der Propaganda anheimfällt, obwohl zwischen Moskau und dem entlegenen Ort über 1.700 Kilometer liegen. Wo Pavel zu Beginn noch ein sehr enges Verhältnis zu den Schülerinnen und Schülern unterhält, so wird er immer isolierter, da er eine Freiheitsflagge in seinem Büro aufgehängt hat und aus seinem Widerstand zur Staatspropaganda kein Geheimnis macht. Es fällt ihm sichtlich immer schwerer, Teil der Propaganda zu sein – den morgendlichen Appell zu filmen oder die verdrehten Geschichtsstunden abzulichten. Keiner stellt sich im Dorf gegen die Staatspropaganda, außer Pavel, der etwa aus Protest die US-amerikanische Hymne, gesungen von Lady Gaga, durch die kargen Säle des Sowjet-Baus schallen lässt.
Ein Wendepunkt ist, als Pavel nachdem er seine Kündigung eingereicht hat und sieht, wie seine Aufnahmen als Propaganda auf den Straßen verwendet werden, für eben genau diese Dokumentation aus dem Ausland angeworben wird. So werden seine Aufnahmen ab sofort zu Beweisen, die er undercover aufnimmt, anstatt sie nur auf einen Staatsserver hochzuladen. Mr. Nobody Against Putin bietet einmalige Einblicke darin, wie tiefgreifend die Schülerinnen und Schüler der Staatspropaganda ausgesetzt werden, um dann auch für das Militär eingezogen zu werden, und welche tragischen Schicksale sich daraus für die vielen Familien entspinnen. Für all diejenigen, die sich mit der Thematik auseinandersetzen wollen, ist Mr. Nobody Against Putin uneingeschränkt zu empfehlen.
War Game: The Making of Stalker 2 Documentary
Zu guter Letzt können wir euch auch die Dokumentation War Game zur Entwicklung des Videospiels Stalker 2: Heart of Chornobyl empfehlen, in denen die Mitglieder des ukrainischen Studios GSC Game World über die Entwicklungsgeschichte, welche von Vertreibung, Flucht und Repressalien geprägt war, berichten. Das Projekt stimmt auch zuversichtlich: Auch unter den widrigsten Bedingungen kann, wie Stalker 2 beweist, ein gutes Videospiel entstehen.
Ihr könnt die Überlebenden und Hinterbliebenen der Opfer des Krieges unterstützen, indem ihr etwa für die nachfolgend genannten Organisationen spendet:
Ukrainische Rotes Kreuz Gesellschaft (Ukrainian Red Cross Society): https://www.icrc.org/en/donate
Die ukrainische Hilfsorganisation Nova Ukraine: https://novaukraine.org/donate/
Die UN-Kinderhilfe UNICEF: https://www.unicef.org/ukraine/en