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Im Test: Ni no Kuni II – Schicksal eines Königreichs

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Am ersten Ni no Kuni-Spiel scheideten sich die Geister. Einige liebten die Grafik und die charmante Geschichte, anderen stieß das schwerfällige Kampfsystem und die fehlende Herausforderung sauer auf. Es ist allerdings eines unserer liebsten Japano-Rollenspiele auf der PS3 und die Tatsache, dass Level-5 die Arbeit am Nachfolger aufnahm, schürte unsere Vorfreude. Nach langer Wartezeit bietet Ni no Kuni II allerdings wenig von dem, was den Vorgänger so besonders machte.

Hunderte Jahre nach dem ersten Spiel beginnt Ni no Kuni II damit, dass Protagonist Roland in eine andere Welt teleportiert wird. Dort trifft er Evan Pettiwhisker Tildrum, dem rechtmäßigen Anwärter auf den Thron des Königreiches Ding Dong Dell. Kurz nach seiner Ankunft wird das Königreich von Mäusen übernommen. Evan und Roland werden in die Flucht geschlagen. So beginnt Evans Reise, mit der Hilfe Rolands sein eigenes Königreich aufzubauen.

Die Eröffnungsstunde von Ni no Kuni II ist fantastisch und man verschwendet keine Zeit damit, die Schlüsselfiguren einzuführen und deren Motivationen zu vermitteln. Das bringt frischen Wind in die Reihe, denn beim ersten Teil stotterte der Motor noch am Start. Die ersten zwei Spielstunden sind sehr vielversprechend. Die Geschichte schreitet mit rasender Geschwindigkeit voran, doch am Ende schadet diese Designentscheidung dem Spiel. Die Entwickler nehmen sich wenig Zeit, neue Charaktere gebührend einzuführen. Aufgrund dieser Schnelllebigkeit ist es schwer, sich emotional der Welt von Ni no Kuni II hinzugeben.

Mit einer Spielzeit von knapp unter 30 Stunden ist die Hauptgeschichte sehr kurz gehalten und beinhaltet trotzdem Nebenaufgaben und andere niedere Tätigkeiten. Das Ensemble an Charakteren ist sympathisch, doch der Großteil davon wird nicht ausreichend abgebildet. Evan und Roland stechen dabei noch positiv hervor, doch auch sie leiden darunter, dass Level-5 das Potential der Charakterentwicklung nicht ausschöpft.

Der ärgste Übeltäter für das Pacing ist der Regierungsmodus. Früh im Spiel baut Evan sein Königreich von Evermore auf und rekrutiert neue Bürger, damit sie dort leben können. Unter anderem durch Bürgermissionen erhaltet ihr Kronen, die ihr in den Ausbau von Evermore investieren könnt. Durch mehr Bauvorhaben generiert ihr eine größere Anzahl von Kronen und erhaltet den Anreiz dazu, weitere Verbesserungen an eurem Königreich vorzunehmen.

Ihr macht euch oft auf den Weg, neue Figuren eurem Königreich hinzuzuführen, die alle ihre eigenen Talente haben. Mit diesen Talenten können die Bürger dann in bestimmten Gebäuden neue eurer Gruppe dienlicher Fähigkeiten erforschen. Das Spiel fühlt sich zwischen dem Freischalten neuer Charaktere und dem Ausbau eures Königreiches eher nach Arbeit an als nach Unterhaltung. Da hilft es nicht, dass sich die Nebenaufgaben entweder darauf beschränken, dass ihr einen bestimmten Gegenstand zu finden oder ein festgelegtes Monster zu legen habt. Manche Tätigkeiten sind mit etwas mehr Tiefe ausgeschmückt, generell seid ihr aber einem Laufburschen ähnlicher als einem König.

Die Erweiterung Evermores geht zu Beginn schnell von der Hand, dieser Vorgang verlangsamt sich hingegen enorm sobald ihr euer Schloss zum ersten Mal verbessert. Diese Aufgabe ist eine Art Beschäftigungstherapie und erfordert keine Voraussicht. Ihr seid ständig am Warten bis ihr Kronen generiert habt, bis die Forschungen abgeschlossen sind und bis ihr alle Gegenstände beisammen habt. Habt ihr letzten Endes ein riesiges Königreich mit zahlreichen Bewohnern, befriedigt euch das aufgrund des zähen Wegs bis dahin kaum. Die Tatsache, dass man gezwungen wird ständig zu überprüfen, ob man die Vermögensobergrenze erreicht hat oder ob die neuen Skills erforscht wurden, beendet jegliche emotionale Bindung zum von Evan aufgebauten Königreich.

Ein weiterer Fehlschlag ist die Änderung des Kampfsystems im Vergleich zu Teil 1. Die Kämpfe in Ni no Kuni II laufen in Echtzeit ab, doch actiongeladen sind die Auseinandersetzungen in der Mehrzahl nicht. Jeder Charakter kann mit einer leichten und schweren Attacke sowie aus der Ferne angreifen. Zusätzlich kann man Angriffe parieren, ihnen ausweichen und bis auf vier Fähigkeiten, die ihr außerhalb der Kämpfe nach Belieben wählen könnt, zurückgreifen. Das Kampfsystem ist zu Beginn aussichtsreich, wenn auch schlicht, offenbart im Laufe des Spiels jedoch grundlegende Schwächen und wenig Varianz.

Im Nahkampf erhaltet ihr Magiepunkte (MP), die ihr für Fernangriffe verwenden könnt. Die Krux ist, dass ihr auch für besonders durchschlagskräftige Attacken MP benötigt. Dadurch wir ddie Verwendung von Fernangriffen in vielen Auseinandersetzungen überflüssig. Ihr zieht mit drei Nahkampfwaffen, deren “Zing”-Anzeige ihr steigern könnt, in die Schlacht. Durch die Verwendung von “Zing” könnt ihr euch euren Feinden mit besonders mächtigen Attacken erwehren. Problematisch ist, dass ihr nach dem Benutzen dieser Funktion sofort wieder zu eurer stärksten Waffe zurückkehrt. Letztendlich dient dieses System also lediglich die schiere Menge an Ausrüstungsgegenständen, die ihr im Spiel mit euch herumschleppt, zu rechtfertigen. Die Kämpfe werden durch “Zing” nicht taktischer.

Im Kampf stoßen wir auf weitere Elemente, die wenig Berechtigung haben. Gnuffies sind kleine computergesteuerte Elementargeister, unterstützen euch im Kampf und nehmen die Rolle der Magischen Begleiter aus dem ersten Spiel ein. Sie können Feinde angreifen, eure Gruppenmitglieder verzaubern und Spezialangriffe unterstützen. Letzteres ist nur möglich, wenn ihr die erforderliche Anzahl an Gnuffies des benötigten Elements habt. Die Kämpfe sind aber meist vorüber, bevor ihr die knuffigen Begleiter einsetzen könnt, sodass sie selten zum Einsatz kommen. Lediglich in den Bosskämpfen kommt dieses System zum Tragen. Dabei fällt auf, dass die Unterschiede zwischen niedrig- und hochlevligen Gnuffies geringfügig ausfallen.

Im neuen Militärmodus bekämpfen sich ganze Armeen auf einer Oberwelt. Ihr übernehmt die Kontrolle von Evan und vier Einheiten, die sich um ihn scharen und automatisch Feinde ins Visier nehmen. Die taktische Komponente des Militärmodus’ liegt darin, dass die Kämpfe nach dem Stein-Schere-Papier-Prinzip funktionieren. Ihr könnt auswählen, welche Einheiten Evan begleiten und eine kampfentscheidende Sonderattacke einsetzen. Diese Scharmützel sind eine gute Idee, jedoch wenig herausfordernd gestaltet. Meist müsst ihr alle Gegner vom Bildschirm tilgen und eure Truppe auffüllen. Befindet ihr euch auf dem empfohlenen Level, ist wirklich keine Kampfstrategie oder Sorgfalt bei der Auswahl eurer Einheiten notwendig.

Erfreulicherweise ist das Spiel sehr hübsch und die musikalische Begleitung fantastisch, also ganz so wie im ersten Teil. Wir gehen sogar soweit zu sagen, dass Ni no Kuni II zu den aktuell schönsten Japano-Rollenspielen gehört und seinen Vorgänger übertrumpft. Die Städte unterscheiden sich optisch voneinander und ihre erstmalige Erkundung macht Freude. Die Hauptdungeons sind riesig, es gibt allerdings nicht gerade viele davon. Durch die Abwesenheit der Magischen Begleiter gibt es auch weniger Abwechslung bei den Gegnern, denen ihr begegnet. So stößt ihr nur selten auf schöne Monsterdesigns, die ihr viel zu oft neu eingefärbt und in der Größe verändert zu Gesicht bekommt. Im ersten Spiels gab es noch zahlreiche interessante Monster. Dies gelingt Ni no Kuni II lediglich in den größten Bosskämpfen.

Die wenigsten Dialoge sind wirklich synchronisiert, was dem Spieler schnell auffällt. Angesichts der überschaubaren Geschichte haben wir zumindest eine Vertonung erwartet. Die Handlung fühlt sich unfertig an, als ob die Entwickler Zwischensequenzen aussortieren hätten müssen, um das Spiel nach zahlreichen Verschiebungen auf den Markt zu bringen.

Gameplay-Video

 

Fazit

Ni no Kuni II hatte das Potential ein besonderes Spiel zu werden. Echtzeitkämpfe und die drollige Welt aus dem ersten Teil – das klang erfolgsversprechend! Nach der fantastischen Eröffnungssequenz verliert die Geschichte schnell ihren Reiz und die hinzugefügten Spielelemente sind bestenfalls überflüssig. Trotz dieser Schwachpunkte ist Ni no Kuni II keineswegs ein schlechtes Spiel. Der Großteil des Spiels ist einfach zu durchschnittlich und die Abenteuerstimmung des Vorgängers kommt in keiner Weise auf. Daher ist es insgesamt kein würdiger Nachfolger.

Anmerkung: Der Test basiert auf der PlayStation 4-Version und das Video wurde auf der PS4 Pro aufgenommen.