Loading...
Test

Im Test: Far Cry 3

Von einer mit Mutanten und einem Bond-Bösewicht bewohnten Insel in die afrikanische Savanne und nun zurück ins tropische Setting – auch wenn dieses Mal keine genveränderten Menschen euch das Leben schwer machen, so erinnert Far Cry 3 des öfteren an den Erstling der Serie. Dies könnte vielleicht auch daran liegen, dass sich dieser Titel der Erschließung des Zustands Wahnsinn verschworen hat, inklusive obligatorischer Alice-Zitate.

Artikel-Autor: Merlin

Did i ever tell you the definition of insanity?

In Far Cry 3 übernehmt ihr die Rolle von Jason Brody, der an sich mit seinen Freunden und Brüdern einen netten Urlaub auf einer tropischen Insel verbringen wollte, aber unglücklicherweise von Piraten gefangen genommen wurde. Da amerikanische und recht vermögend aussehende Parytkanonen durchaus ein recht hohes Sümmchen an Lösegeld wert sind, kann man diesen Schritt durchaus nachvollziehen. Unglücklicherweise gelingt es Jason jedoch aus der Gefangenschaft zu entkommen, auch wenn dabei sein Bruder das zeitliche segnet.

Wer jetzt meint, dass wir eher den Piraten zujubeln, als dem eigentlichen Helden des Spiels, der hat durchaus recht.

Dies liegt vor allem daran, dass Jason und dessen Freunde durch ein Video vorgestellt werden ,welches eben jene als das laufende Klischee des amerikanischen “Papa zahlts schon”-Draufgänger darstellt. Wennn dieses Video dann durch den charismatischen und zugegebenderweise wahnsinnigen Piratenanführer Vaas unterbrochen wird, dann kann auch die missliche Lage der Jungspunde nicht viel daran ändern.

Jason schafft es also aus dem Piratenlager zu entkommen und findet sich jetzt als gebranntmarktes Kind auf einer Insel voller böser Buben wiedder. Glücklicherweise wird er jedoch von einem Einheimischen aufgenommen, welcher ihm mit einem Tattoo, dem sogenannten Tatau, die Möglichkeit gibt, besser auf der Insel zu überleben. Dieses Tattoo stellt quasi den Rollenspielanteil in Far Cry 3 dar, könnt ihr hier doch im Verlauf des Spiels Punkte verteilen und so eure eigene “Skillung” erarbeiten. Auch wenn Jason nun seine wiedergefundene Freiheit genießen kann, so gilt dies nicht für dessen Freunde. Also macht er sich auf um im Alleingang nicht nur sie, sondern auch die Einheimischen aus den Fängen der Piraten zu retten.

Soweit so klischeehaft. Im Verlauf des Spiels wird Jason nämlich nach und nach zu einem immer besseren und tödlicheren Jäger. Wieso man dafür gerade einen recht dümmlich daherkommenden Amerikaner auserkehren musste, ist schleierhaft, denn wirklich identifizieren kann sich mit Jason wohl kaum jemand. Schließlich reagiert dieser nur in der Intro- Sequenz geschockt auf die von seinem Bruder ausgeführten Morde, sobald ihr selbst allerlei Piraten um den Haufen ballert belastet dies Jason nicht im Geringsten.

Auch recht seltsam: ihr könnt während eures Abenteuers so ziemlich jedes Wildtier erlegen und häuten sowie allerlei Pflänzchen pflücken. Mit den dadurch gewonnenen Rohstoffen könnt ihr zum Beispiel Spritzen herstellen die euch heilen oder diverse Statuseffekte mit sich bringen. Häute werden jedoch für allerlei Aufbewahrungsbehälter gebraucht. Das Seltsame daran: Um mehr Waffen mit uns führen zu können, müssen wir diverse, teils bedrohte Tiere umwuchten. Hätte hier ein wenig Ziegenleder nicht auch ausgereicht? Wieso kann ich mit einem Portemonnaie aus Haileder mehr Geld mit mir führen, als mit einem regulären Geldbeutel ? Wieso kann ich mir nicht einfach zwei Dingolederbeutel herstellen ?

We are all mad here.

Jedoch kann man es Jason auch nicht krumm nehmen, wenn er des öfteren in der Tierwelt Amok läuft. Anders als bei Far Cry 2 sprüht das Inselparadies nämlich geradezu mit Leben. Neben Ziegen, Schweinen und Tapiren machen auch Bären, blutrünstige Tiger oder auch Haie eure neue Heimat unsicher. Wer sich nun also blindlings in Richtung Dschungel aufmacht könnte durchaus das Zeitliche segnen.

Doch diese recht aggressive Tierwelt hat auch ihre Vorteile. So halten beispielsweise Piraten unglaublich gerne diverse putzige Tiere in deren Lagern. Die instabilen Holzkäfige lassen sich durch einen gezielten Schuss öffnen und voila: Der Jäger wird zum Gejagten.

Dies spiegelt übrigens einen der Hauptpunkte des Gameplays in Far Cry wider: der Spieler bestimmt, wie er vorgeht. Ob ihr euch nun mit Pfeil und Bogen bewaffnet in die befestigten Lager schleicht und die ahnungslosen Piraten durch brutale Hinrichtungen über den Jordan schickt oder euch bis an die Zähne bewaffnet mit Raketenwerfer, Granaten und Molotow Cocktails eure Gegner in die Luft jagt, ist vollkommen euch überlassen.

Selbiges gilt übrigens für das gesamte Spiel. Ihr könnt natürlich stur der Hauptquest folgen und eine Storymission nach der anderen abschließen, viel interessanter ist es jedoch, die Spielwelt zu erforschen – Skyrim mit Schießprügeln eben. Die Erforschung erfolgt bei Far Cry 3 durch das Erklimmen von Radiotürmen. Nachdem ihr diese Kolosse aus Metall erobert habt, wird ein Teil der gigantischen Karte aufgedeckt und Quests, Piratenlager sowie allerlei anderer nützlicher Informationen werden auf eurer Karte markiert. Spätestens wenn ihr in luftiger Höhe auf die tropische Hölle hinab seht fällt euch auch die wirklich schöne grafische Gestaltung der Spielwelt auf. Far Cry 3 überzeugt durch eine enorme Weitsicht und kann auch sonst in Sachen Grafik punkten. Wirklich matschige Texturen sieht man selten. Bunker und rostige Kanonen aus dem Zweiten Weltkrieg bilden, wenn auch überwuchert, einen wunderbaren Kontrast zum organischen Dschungel und zerfallene, uralte Tempel der indigenen Bevölkerung des Eilands sorgen für das gewisse Etwas. Abgesehen davon werdet ihr im Verlauf des Spiels auch des öfteren Zeuge von recht paranormalen Ereignissen, diese hat Ubisoft jedoch perfekt in das Geschehen eingebunden. Was Drogen so alles können…

I didn’t know that Cheshire cats always grinned; in fact, I didn’t know that cats could grin.

Auch super: Die Insel gibt nach und nach ihre Geschichte preis, jedoch nur wenn der Spieler auch daran interessiert ist. So kann man in der gesamten Spielwelt Briefe aus dem Zweiten Weltkrieg finden, welche dem Spieler einen tieferen Einblick in das Leben der Inseleinwohner verschaffen.

Die Kampagne ist auf jeden Fall interessanter, als es noch in Far Cry 2 der Fall war, wirklich überzeugen konnte mich das Abenteuer in Jasons Schuhen jedoch nicht. Zwar trifft man wie von Ubisoft versprochen diverse wahnsinnige Einwohner der Insel, jedoch erfüllen diese bestenfalls gängige Klischees. Da haben wir beispielsweise einen verdeckt ermittelnden amerikanischen Agenten oder auch einen Deutschen, welcher mit euch Haschischfelder abfackelt und dazu natürlich “BLITZKRIEG!” schreien muss.

Hier wären tiefer gehende Charakterentwicklungen wünschenswert gewesen. Apropos Entwicklung: Im Vornherein wurde damit geworben, dass Jason als waffenscheuer und ziemlich hilfloser Halbstarker das Spiel beginnt und nach und nach zum perfekten Jäger wird. Jedoch ist dieser Vorgang quasi nicht existent. Schon bei der ersten Mission in der ihr euch mit Piraten messen müsst, ist Jason ein fast perfekter Schütze, welcher ohne mit der Wimper zu zucken einen Gegner nach dem anderen niedermäht, eine wirkliche Reflektion findet nie statt. Zwar werden ihm seine eigenen Taten des öfteren von Freunden aufgezeigt, eine Reaktion darauf sucht man jedoch vergeblich. Aufgrund dessen wirkt das Thema Wahnsinn und die “was wäre, wenn ich alles machen könnte was ich will”-Situation eher aufgesetzt. Dies ist wirklich schade, hätte doch aus diesem Titel ein wunderbarer Thriller werden können, leider bleibt es bei gewohnter Actionkost.

 Insanity is doing the exact… same fucking thing… over and over again expecting… shit to change… That. Is. Crazy.

Lediglich ein Charakter entspricht dem eigentlichen Entwurf: Vaas. Der Anführer der Piraten hat mehr als nur eine Schraube locker und handelt im gesamten Spiel unvorhersehbar. Die perfekte (englische) Vertonung vermag es jedoch erst, diesem Irren wirkliches Leben einzuhauchen. In einem Moment spottet er nur über euch, nur um einige Sekunde später in einen Tobsuchtsanfall auszubrechen. Hier hatte jemand viel Freude bei den Tonaufnahmen, was sich letztendlich wirklich auszahlte. Umso tragischer ist es, dass Vaas im Verlauf des Spiels durch einen Bösewicht ersetzt wird welcher eine nicht einmal  annähernde Bedrohung ausstrahlt.

Wo die Synchronisation glänzt, fällt jedoch die restliche Vertonung eher mau aus. Euer Arsenal kracht und knallt wie es soll und die Fauna der Insel wirkt aufgrund ihres Knurrens, Fauchens und Brüllens lebendig. Der Soundtrack besteht jedoch leider zum großen Teil aus leicht störendem Dubstep-Sound, welcher wirklich überhaupt nicht zur Kulisse passt. Wer jedoch auf Wub-Wub steht, wird dies etwas anders sehen.

Spielerisch kann Far Cry 3 vollkommen überzeugen: Neben einem massiven Arsenal, der lebendigen Tierwelt und dem Jagdsystem sowie der quasi unerschöpflichen Anzahl an Nebenquests, sammelbaren Items und den zahlreichen Piratenlagern, welche von eur erobert werden wollen, spielt sich dieser Titel auch klasse. Die Waffen fühlen sich mächtig an, kommen mit mehreren Individualisierungsoptionen daher und machen einfach, und das ist wohl das wichtigste, verdammt viel Spaß. Vor allem der Bogen wird im Verlauf des Spiels zu einer Allzweckwaffe und stellt den heimlichen Star des Titels dar.

Launch Trailer

Die ersten 45 Minuten (PC-Version, Stimmen: englisch, Untertitel: deutsch)

Mehr Screenshots aus der PC-Fassung haben wir hier für euch zusammengestellt.

Fazit

Wer nun Lust auf einen Strandurlaub hat, der kann gerne zugreifen. Far Cry 3 kommt zwar mit einigen Schwächen daher, letztendlich bleibt jedoch auch mit jenen ein solider Action Titel übrig welcher mit Karibikflair überzeugen kann. Vielleicht enttäuscht Far Cry 3 jedoch auch gerade deshalb. Ubisoft hätte ohne Probleme einen spannenden, provokanten Thriller schaffen können. Aufgrund der seichten Charakterentwicklung unseres Alter Egos sowie der etwas holprig geschriebenen Story bleibt es eben leider bei einer typischen Ballerorgie am Strandparadies.

Far Cry 3Far Cry 3
Genre: Ego-Shooter
System: Xbox 360, PlayStation 3, PC
Getestete Version: Xbox 360
Preis: ca. 60 Euro (auch via Xbox Live, PSN und Steam)
Entwickler: Ubisoft Montreal
Publisher: Ubisoft

Comments are closed.