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Im Test: Everybody’s gone to the Rapture – ein Sternchen am Spielehimmel

Ab und an stößt man auf Spiele, die wirklich eine besondere Atmosphäre erzeugen und einen ab der ersten Sekunde vergessen lassen, dass man ein Videospiel aus Nullen und Einsen spielt. Everybody’s gone to the Rapture ist so ein Spiel, wie euch unser Review hoffentlich zeigen wird.

Videospiele, die sich rein auf die Narrative, also das Erzählen einer packenden und im besten Falle ergreifenden Geschichte, konzentrieren, gibt es allerlei. Eins davon war der ursprüngliche Half-Life 2-Mod- und später als Stand-Alone Indie-Smashhit Dear Esther von Jessica Curry, die sowohl die Geschichte geschrieben hat als auch die Musik dazu beisteuerte. In Ego-Sicht erkundete der Spieler eine verlassene Insel und ergründet eine Geschichte, die zuerst diffus erscheint, aber allerlei religiöse und sozialwissenschaftliche Themen aufgreift. Mehr zu Dear Esther in unserem Review anno 2012, als das Spiel stand-alone für den PC erschien.

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Die Erfahrungen bei der Entwicklung ihres letzten Spiels nahm The Chinese Room in die Entstehungsphase ihres neuen Games mit, Everybody’s gone to the Rapture, welches ab heute exklusiv für die PlayStation 4 im PlayStation Store ab 15,99 Euro erhältlich ist.

everybodys-gone-to-the-rapture-screen-01-ps4-eu-23jan15Auch hier handelt es sich um ein Spiel, in dem man eine ziemlich frei erkundbare Spielwelt aus der Ego-Sicht erkundet und versucht die komplexe Handlung zu entschlüsseln. Wir befinden uns im britischen Örtchen Yaughton, hier scheint es zu einer Katastophe gekommen zu sein, bei der alle Einwohner umkamen. Mittels Audio-Logs versuchen wir herauszufinden, was mit den Bewohnern geschehen ist. Wir erkunden mehrere schön angelegte Siedlungen, zugewucherte Waldstriche, blubbernde Tümpel, eine riesige Farm und einen großen See. Dabei trefft ihr auf keine Menschenseele, die mittels CryEngine wunderschön modellierten Umgebungen sind nämlich allesamt verlassen.

Obwohl viele Spieler die Fülle an Schauplätzen vielleicht nie zu Gesicht bekommt, sind die Leveldesigner von The Chinese Room besonders detailverliebt gewesen. Jeder Garten in dem Dorf ist kunstvoll angelegt, in jedem verlassenen Haus befinden sich Bilder und Kunstwerke, Töpfereien und Alltagsgegenstände. Dank der starken Engine sieht es auch in der hintersten Ecke der Spielwelt noch toll aus, die Lichteffekte sind umwerfend, die Texturen knackig scharf – so darf ein Spiel im Jahr 2015 bitte öfter aussehen.

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Immer wieder treffen wir auf einen hellen Schein, der uns den Weg grob weist. Wir können zwar beinahe jedes der schmucken Häuser erkunden, können aber auch einfach nur linear der Sternschnuppe folgen. Macht ihr das, verpasst ihr aber einiges an interessanten Nebenhandlungen. Ohne zu viel zu verraten gab es in diesem Ort wissenschaftliche Experimente und die Dorfbewohner sind darüber nicht gerade glücklich. So gibt es diverse positive wie negative Begnungen, die allesamt nachgespielt sind in Art Licht-Shows. Die Charaktere sind dabei nur schemenhaft zu erkennen, uns haben diese Sequenzen aufgrund der toll geschriebenen und gesprochenen Dialogen besonders gut gefallen. Übrigens ist das Spiel in ganze sieben Sprachen synchronisiert worden (Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch, Italienisch, Russisch, Polnisch), das englische Original klingt schön britisch und die Fertigkeiten der Sprechen verleihen den Dialogen einiges an emotionaler Tiefe.

everybodys-gone-to-the-rapture-screen-10-ps4-eu-30jan15Gameplaytechnisch beschränkt sich Everybody’s gone to the Rapture wirklich rein auf das Erkunden und ab und an das Bewegen des Lichtballs durch Kippen des DualShock 4 anhand der Gyrosensoren. Das vergisst man aber recht schnell, da man sich in die saftigen Wiesen, kleinen Bäche und Wasserfälle, das Vogelgezwitscher und die punktuell eingesetzte großartige Musik verliebt und den Controller für die sechs Stunden nicht mehr aus der Hand gibt, so geschehen gestern live auf Twitch, wie manche von euch gesehen haben.

Die Story ist in sechs Kapitel unterteilt, allerdings könnt ihr jeden der Orte besuchen, selbst wenn ihr das vorige Kapitel noch nicht abgeschlossen habt, ganz im Gusto von The Vanishing of Ethan Carter (gamescom ’14-Bericht, XTgamer Playthrough). So kann man der komplexen Geschichte kaum folgen, ihr solltet also erst alle Radios, Telefone und Lichtspiel-Sequenzen anhören, bevor ihr ins nächste Areal voranschreitet. Auch interessant ist, dass die Geschichte aus der Perspektive von sechs unterschiedlichen Charakteren erzählt wird, darunter eine verwitwete Hausfrau, der junge Playboy-Wissenschaftler und dessen Gespielenen. Dabei wird die Handlung nicht chronologisch nacherzählt, man muss sich die einzelnen Szenen selbst in einer Zeitlinie zusammensetzen. Schnell wird einem aber bewusst, auf welche qualvolle Art die Menschen hier umkamen, an emotionalen und rührenden Momenten mangelt es in Everybody’s gone to the Rapture nicht.

Video: Die erste Stunde mit Everybody’s gone to the Rapture

(Game & Kommentar Deutsch, Sprachausgabe Englisch)

Anmerkung: Leider ist der Ton in den ersten 30 Minuten stummgeschaltet durch Twitch wegen lizenzrechtlichen Problemen. Wir versuchen das mittels Einspruch zu beheben und hoffen bald das Video mit der voll-vertonten Version zu ersetzen.

Review-Fazit

Man könnte hier wirklich ausschweifend diskutieren, welche Themen Everybody’s gone to the Rapture alle anspricht. Es ist wissenschaftlich, emotional, dramatisch, unfassbar traurig, voller Glücksmomenten und auch ein wenig fantastisch (in beiden Bedeutungen des Wortes), aber dann würden wir zu sehr in Spoiler-Territorien vordringen, wir wollen aber doch dass ihr diesen kongeniale Indie-Geheimtipp zockt. Stellt man sich eine Mixtur aus der zum Nachdenken anregenden Story von Chris Nolans Kinofilm Interstellar und dem Gameplay eines The Vanishing of Ethan Carter vor mit magischen visuellen Momenten eines The Unfinished Swan, so könnte man in etwa Everybody’s gone to the Rapture anhand von Referenzen beschreiben. Es bringt aber doch seine sehr eigene Note mit sich und zeigt wozu interaktives Storytelling in der Lage ist. Wir können eine unbedingte Kaufempfehlung aussprechen und euch dieses beachtliche Kunstwerk nur ans Herzen legen. Nullen und Einsen haben selten so eine große Rolle gespielt, wie hier.

Everybody's Gone To The RaptureEverybody’s Gone To The Rapture
Genre: Adventure
System: PS4
Preis: 19,99 Euro (15,99 Euro für PS+ Mitglieder)
Entwickler: The Chinese Room (Dear Esther)
Publisher: Sony

 

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