Loading...
Test

Im Test: Ken Follett – Die Säulen der Erde – Buch 1

Die Jungs und Mädels von Daedalic Entertainment kreieren in Hamburg seit nunmehr zehn Jahren aufregende Adventures. Mit der Übernahme durch den Verlag Bastei Lübbe zieht man jetzt die großen Lizenzen an Land.

Ken Folletts Bestseller-Roman Die Säulen der Erde wird aufgrund dieser Zusammenarbeit als Videospiel umgesetzt. Wir konnten uns auf der E3 in Los Angeles im Juni bereits ein Bild von der Versoftung des Historien-Epos machen und haben jetzt das komplette erste Buch gespielt und lassen euch an unseren Erfahrungen im nachfolgenden Test teilhaben.

In Die Säulen der Erde übernehmen wir die Rolle von drei Charakteren: dem Prior Philip, dem Baumeister Tom und dem jungen Wilden Jack. Allen drei ist gemein, dass wir sie in einer emotionalen Sequenz das erste Mal kennen lernen. Im weiteren Verlauf des ersten Buchs springt das Spiel zwischen den unterschiedlichen Perspektiven hin und her.

Die Figuren um Tom den Baumeister

Philip ist ein frommer Mönch, der von der Kirche damit betraut wurde, die kleine Zelle St. John-in-the-Forest zu leiten. Er kehrt in die Priorei Kingsbridge zurück und findet das Kloster in desaströsem Zustand wieder: das umliegende Dorf ist verlassen, die Mühle ist verfallen und die Kathedrale ist sehr baufällig, nachdem einer der Türme bereits vor einigen Jahren von einem Blitz erfasst wurde. Auch menschlich steht Kingsbridge vor dem Abgrund, denn der Prior ist tot. Man sage, der Teufel habe ihn spätnachts ins Eis gejagt und ertrinken lassen. Es ist Philips Aufgabe, die Mönche der Priorei Kingsbridge zusammen zu führen und ihnen Hoffnung zu spenden oder ihnen Gehorsam aufzudiktronieren, die Wahl liegt bei euch.

Tom Builder ist, wie sollte es bei diesem Namen anders sein, Steinmetz. Sein großer Traum ist es eine Kathedrale zu bauen. Die gut bezahlte Arbeit als Stellmacher in Exeter lehnt er deshalb ab und so finden wir Tom im verschneiten kalten Wald wieder. Seine Familie hungert und friert. Seine Frau Agnes ist zum dritten Mal schwanger, sein Sohn Alfred fühlt sich vernachlässigt und einzig die fleißige kleine Tochter Martha spendet der Familie Hoffnung. Ein weiterer Schicksalsschlag folgt und es bleibt ihnen nichts anderes übrig, als sich einer Gruppe Wilder anzuschließen.

Jack lebt sein gesamtes Leben lang mit seiner Mutter Ellen im Wald. Er kann jagen, Fleisch räuchern und interessiert sich für Burgen und Ritter, auch wenn ihm diese Welt fremd vorkommt. Die beiden sind die Rettung für die Builder-Familie und ziehen gemeinsam los, um in dieser harschen Welt überleben zu können.

Geschichte

Die Geschichte ist der Hauptmotivationsfaktor von Daedalics Die Säulen der Erde. Das erste Buch ist in sieben Kapitel aufgeteilt. Während zu Beginn die Schicksale der Figuren noch sehr individuell wirken, werden diese bald zusammengeführt und die Charaktere werden vor große Herausforderungen gestellt. Es gibt politische Verschwörungen, herzzereißende Dramatik und immer wieder den kleinen Funken Hoffnung auf ein besseres Leben für die geschundenen Menschen.

Die Figuren durchlaufen bereits in den ersten Kapiteln eine Entwicklung. Tom merkt, dass er seine Familie ernähren und seinen Kathedralenwunsch hinten an stellen muss und der raue Jack taut in der Gegenwart einer wahren Prinzessin auf. Einzig Prior Philip scheint aus dem teils nervösen teils selbstbewussten Verhalten bislang nicht auszubrechen.

Was die Entscheidungen anbelangt, so wählen wir nicht schlicht in Dialogen zwischen gut und böse. Zu Beginn hören wir etwa ein Schreien im Wald. Spielen wir weiter mit unserer Strohpuppe von Karl dem Großen oder laufen wir hinaus? Oder versuchen wir gleich beides? Doch Daedalic spielt auch etwas mit den Entscheidungen in Dialogen. Wenn Jack das erste Mal der vermeintlichen Prinzessin Aliena unter die Augen tritt, haben wir die Wahl ihr etwas Schlaues zu erzählen oder endlich aufzuhören sie anzustarren. Am Ende ist es jedoch gleich, denn Jack stammelt nur vor sich hin. Trotz des ernsten Settings schafft es Daedalic immer wieder die Situationen durch Witz und Charme aufzulockern.

Die Ergebnisse unserer Entscheidungen werden uns am Ende dann doch Videospiel-typisch in einer Liste aufgeführt und sind nicht immer ganz nachvollziehbar. Wir sind die ersten drei Kapitel mehrere Male angegangen und haben aufgrund des Vorwissens unsere Vorhaben auch umsetzen können. So schaltet man etwa wesentlich erweiterte Gespräche frei, die Hintergründe der einzelnen Figuren offenbaren. Andererseits versteht sich Jack mit dem grießgrämigen Alfred plötzlich wie “best buddies”, wenn Jack es schafft, das Fleisch des erlegten Rehs zu räuchern, auch wenn er ihm vorher Steine ins Gesicht schleuderte. Insgesamt fühlt sich das Entscheidungssystem jedoch wesentlich homogener an als in so manch ähnlich gestricktem Spiel.

Game of Pillars: Thrones of the Earth?

Ein mittelalterliches Szenario, die episodenhafte Erzählweise und das politische Schachspiel erinnern an Telltale Games’ Versoftung von George R.R. Martins Fantasy-Romanreihe Game of Thrones. Ähnlich wie im Spiel der Kalifornier springen wir zwischen den Perspektiven hin und her, wir bewegen die Figuren durch malerische abwechslungsreiche Kulissen und dürfen Entscheidungen treffen. Die Säulen der Erde unterscheidet sich jedoch auch in einigen Punkten. So ist das erste Buch mit knapp fünf Spielstunden deutlich umfangreicher als die übliche Telltale-Episode in Spielfilmlänge, wir dürfen wesentlich mehr erkunden, das Gameplay ist Point & Click (darauf kommen wir später zu sprechen) und das Verkaufsmodell ist ein anderes. Während Telltale die Folgen einzeln und als Staffelpass verkauft, so erwirbt man bei Daedalics Die Säulen der Erde die Lizenz für alle drei Bücher zu ihrem jeweiligen Erscheinungsdatum. Man kann das Modell daher eher mit Steam Early Access vergleichen, wobei die Bücher an sich jeweils fertig entwickelt sind.

Gameplay

Spielerisch orientiert man sich zwar an traditionellen Point & Click-Adventures, fährt aber nicht ein umfangreiches Inventar und diverse Rätsel auf. Die Säulen der Erde erscheint parallel auch für die PlayStation 4 und Xbox One, weshalb ein übersichtliches einsteigerfreundliches Interface wichtig ist. Die Controller-Steuerung haben wir bereits auf der E3 antesten können und sie funktioniert gut. Doch auch rein mit der Maus kommen wir super zurecht. Mit Klicks bewegen wir die Figur oder gehen Dialoge ein, am unteren Bildschirmrand sehen wir unsere getragenen Gegenstände und Hinweise. Hinweise sammeln wir in Dialogen. Manche sind von der Hauptstory vorgegeben, andere erhalten wir durch findige Dialogentscheidungen. Wir benutzen diese Hinweise wie einen Schüssel und ziehen sie per Drag & Drop auf die jeweilige Person oder einen Punkt in der Umgebung. Ein schönes Gimmick ist, dass wir per Rechtsklick die Gedanken unseres Charakters lesen dürfen, ähnlich wie in Heavy Rain.

Innerhalb des ersten Buches bereisen wir u. a. die Priorei Kingsbridge, das Anwesen des Bischofs und die Burg des Grafen von Shiring. In Kingsbridge dürfen wir Kathedrale, Kapitelraum, den Untergrund, aber auch die umliegende Landschaft erforschen. Das Spiel schaltet dann in eine Vogelperspektive, in der die Laufgeschwindigkeit glücklicherweise angepasst wird. Für diesen Ort gibt es auch eine Karte. Dank des übersichtlichen Levellayouts kennen wir das Kloster aber bald wie aus dem FF. Die weiteren Umgebungen sind zwar hübsch gestaltet und mit Leben gefüllt, erlauben aber wenig Raum für Erkundung. Hier wünschen wir uns für die kommenden Bücher weitläufigere Areale, was natürlich aufgrund der imens umfangreichen stringenten Buchvorlage etwas schwierig ist, aber wenn es jemand hinbekommt, dann die Adventure-Meister von Daedalic.

Technik

Wir erkunden verschneite Wälder, lebhafte Burgen, Brachland und vieles mehr und sind beeindruckt von der atmosphärischen Präsentation. Daedalic setzt auf einen interessanten Stil, dessen Detailgrad besonders in den Nahaufnahmen zum Tragen kommt. Die Gesichter verfügen trotz der comichaften Darstellung über viele emotionale Züge.

Effekte wie der fallende Schnee sind allerdings etwas stockend, was man als Stilmittel oder als Kompromiss aufgrund der Vielzahl an Objekten auf dem Bildschirm und der Optimierung für alle Systeme sehen kann. Uns ist es zu Beginn störend aufgefallen, im Verlauf des Spiels findet man sich allerdings damit ab und bekommt einige weitere atmosphärische Effekte zu sehen. Vor allem die Lichteffekte beeindrucken uns immer wieder, etwa wenn wir im Dunkeln von unserem eigenen plastischen Schatten erschreckt werden oder wenn ein Gebäude lichterloh brennt und wir uns aus den Flammen retten.

Das Spiel läuft weitgehend flüssig, einzig ein paar Nachladeruckler sind uns bisweilen aufgefallen. Elend lange Ladezeiten wie in so manch anderem Adventure bleiben uns erspart.

Der von Tilo Alperman (The Night of the Rabbid) komponierte Soundtrack ist stets passend. Wir wünschen uns, dass der vom FILMharominc Orchestra aus Prag eingespielte Soundtrack auch außerhalb der PC-Verkaufsbox im Handel erscheint. Die deutschen Synchronsprecher leisten durch die (Kirchen-)Bank hinweg hervorragende Arbeit, allen voran Ingo Abel als Prior Philip und Sonja Szylowicki als Ellen. Der Chorleiter wird jeweils von einem Spezialgast vertont. Im Deutschen spricht Let’s Player Erik “Gronkh” Range die Rolle, im Englischen ist es gar Ken Follett persönlich.

Video: Das gesamte 1. Buch im Let’s Play

Fazit

Auch als Nichtkenner der Vorlage bringt uns Daedalic dazu, schon nach dem emotionalen Paukenschlag zu Beginn für das Schicksal der Charaktere in Die Säulen der Erde Empathie zu entwickeln. Von der emotionalen Schlagkraft her kann man den Einstand mit dem Prolog von The Last of Us oder Firewatch vergleichen. Zudem wird die komplexe von Intrigen durchzogene Geschichte in einer authentischen Weise vermittelt. Wir erleben sowohl die Raue Art, als auch den Zusammenhalt einer Gesellschaft im Jahre 1135 in was damals zu England gehörte. Primär wird das Spiel in klassischer Point & Click-Adventure-Manier erzählt, wobei dies immer wieder mit Quick-Time-Events aufgelockert wird. Die Art läuft hingegen immer gleich ab, ähnlich wie die derer in Alan Wake, sie werden allerdings nur in Jacks Passagen eingestreut und fügen sich daher homogen in das Spielerlebnis ein. Die bisherige Umsetzung des Konzeptes, wie kleine Entscheidungen in Spielszenen und Dialogen große Konsequenzen nach sich ziehen können, wirkt authentisch. Wie sich die Entscheidungen auf längere Sicht entfalten, wird sich in den kommenden Büchern zeigen, für die es aktuell noch keine Veröffentlichungstermine gibt und die wir zeitnah ebenso detailliert unter die Lupe nehmen werden.

Die Säulen der Erde: Buch 1 ist ab dem 15. August für PC, PlayStation 4 und Xbox One erhältlich. In der aktuellen CompterBildSpiele befindet sich bereits 13 Tage vor Release das vollständige 1. Buch in DRM-freier Form. Zusätzlich kann man die weiteren Bücher zu einem Rabatt für etwa 12 € erwerben, wohl über Steam. Die PC-Retail-Version nennt sich Kingsbridge Edition, ist an Steam gebunden und enthält neben dem Spiel ein Handbuch mit Leseprobe aus Ken Folletts neuem Roman „Das Fundament der Erde“, ein hochwertiges Lesezeichen aus Leder, die Soundtrack-CD mit 43 Tracks, eine historische Karte als Poster, ein Postkartenset mit fünf Motiven und ein Daumenkino mit einer Animation aus dem Spiel.

Verpackung von Ken Follett's The Pillars of the Earth

Spieletitel: Ken Follett's The Pillars of the Earth

Genre: Adventure

Veröffentlichungsdatum: 15.08.2017

Plattformen: PC | PlayStation 4 | Xbox One | 

Entwickler: Daedalic Entertainment

Publisher: Daedalic Entertainment


We took all screenshots using the Steam version. This game was provided by the publisher for review purposes, check our review policy for details.