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Test

Im Test: The Walking Dead – A New Frontier

Telltale Games kündigt für 2018 die letzte Staffel ihres erfolgreichen episodenhaften Games’ The Walking Dead an. Zehn Wochen nach der Vollendung der aktuellen Staffel blicken wir zurück.

2016 ist ein Jahr, in dem mit einigen Serientraditionen gebrochen wird. Final Fantasy XV vermischt erstmals in der Franchise klassische Elemente mit einem Neuzeit-Setting, Mafia III lässt euch das kriminelle Leben zur Abwechslung nicht aus der Sicht eines italienischen Mafiosi, sondern eines dunkelhäutigen Vietnam-Veterans inmitten eines von Rassenkonflikten gebeutelten New Orleans Ende der 60er erleben und Telltale Games veröffentlicht mit The Walking Dead: A New Frontier erstmals eine vollwertige Staffel mit Untertitel – ein Konzept, das sich durch viele aktuellen Telltale-Fortsetzungen zieht – und setzt den Fokus auf eine lateinamerikanisch-stämmige Familie.

Story

Javier Garcia, genannt Javi, ist der Protagonist von The Walking Dead: A New Frontier. Er lebt zusammen mit seinem Bruder David, dessen Frau Kate und dessen Kinder Gabe und Mariana im Haus der Eltern. Nach dem Ausbruch der Zombieapokalypse ziehen Javi und Kate mit den Kindern seines Bruders von einem vermeintlich sicheren Fleckchen zum nächsten. Wir lernen zwei primäre Unterschlüpfe kennen, die Städte Prescott und Richmond. Prescott wird von einem rigorosen Regime angeführt, somit bleibt der Gruppe lediglich die Flucht ins vermeintlich sicherere Richmond.

Auf ihrer Reise erfahren wir nicht nur Hintergründe zu Javi, etwa dass er in seiner Vergangenheit ein erfolgreicher Baseballspieler war, wir treffen auch einen Charakter, der in einem The Walking Dead-Spiel von Telltale Games nicht fehlen darf, Clementine. Vorsichtig schließt sie sich der Gruppe an, denn es gilt bald einen gemeinsamen Feind zu bekämpfen und zu infiltrieren, die der Staffel den Namen verleihenden Gruppe The New Frontier. Clem warnt als ehemaliges Mitglied vor deren fragwürdigen Methoden und wir erfahren im Laufe der Staffel was mit AJ, dem Baby, das wir am Ende von Season Two beschützen, passiert ist.

Die Geschichte von A New Frontier lebt im Wesentlichen von der Dynamik zwischen Javi und Kate. Beide finden in den ausweglosen Situationen zueinander. Kates Motive sind dabei nachvollziehbar, schließlich hat sich ihr Mann David, ein ehemaliger Soldat, zu einem rücksichtslosen Raubein entwickelt. Javi hingegen steht im Twist, hinter seinem Bruder, der ihn seit jeher und sogar vor Davids damals noch jungen Sohn Gabe geschändet hat, zu stehen oder seiner Liebe zu Kate zu folgen. Zur Abwechslung sind Abkömmlinge außer Clem in dieser Staffel nicht nur blasse Nebenfiguren. Gabe steht vor der harten Wahl, seinem Vater zu folgen oder in Javis Fußstapfen zu folgen.

Die innere Politik von Richmond, das von Ava, Clint, Dr. Lingard und David kontrolliert wird, stellt ebenfalls einen Pfeiler in der Story der dritten Staffel dar. Die Rollenverteilung wird schnell deutlich: Ava ist das Alpha-Weibchen, Clint der blasse Doofkopf , Dr. Lingard ein Arzt mit dubiosen Methoden und ernsthaften Problemen und David der einzige, der noch einen Rest an Moral in sich trägt. Das lässt die vermeintlichen Storywendungen schon vorausblicken und so ist dieser Teil der Handlung weder großartig spannend, noch sonderlich unterhaltsam.

Clems Stellenwert ist in The Walking Dead: A New Frontier höher als bei einer gewöhnlichen Nebenrolle. Wir schlüpfen in manchen Szenen auch in ihre Rolle. In ihren Grundzügen basiert sie auf dem Charakter, den wir mit unseren Entscheidungen in Staffel 1 und 2 geformt haben, ihre Zügen haben sich durch ihre Erfahrungen mit Gruppen von Überlebenden und deren Scheitern jedoch verhärtet und es sich mit einigen Leuten verscherzt, zum Leidtragen ihrer neuen Verbündeten. Clem ist tougher dennje und ihre bruchstückhafte Anwesenheit zählt zu den Lichtblicken von Staffel 3.

Gameplay

Im Vergleich zum zuletzt veröffentlichen The Walking Dead-Sprössling Michonne und vor allem zur letzten fünf Folgen umfassenden Staffel zeigt sich, in welche Richtung Telltale Games die Erfolgsformel weiterentwickelt. Szenen, in denen wir einen abgesteckten Bereich erkunden und mit Figuren reden, werden weiter reduziert und klassische Adventure-Rätsel gibt es so gut wie keine. Stattdessen entscheidet man sich dafür, die Dialoge auszuweiten und hier und da einen Kampf einzustreuen. Die Unterschiede der spielbaren Charaktere Clem und Javi sind im Gameplay minimal.

Wir kämpfen also in Quick Time Event-Abfolgen gegen Untote und treffen in Dialogen Entscheidungen. Entscheidungen ist ein gutes Stichwort, schließlich ist The Walking Dead: A New Frontier Telltales erstes Spiel der Serie, das nicht für PlayStation 3 und Xbox 360 erscheint. Telltale patcht die Vorgänger stattdessen auf eine Weise, dass man alle Speicherstände in eine Art Telltale-Cloud hochlädt, um sie dann plattformübergreifend herunterzuladen. Habt ihr hingegen euren Speicherstand verloren oder startet ihr von Neuem, so könnt ihr entweder eine über 40 Entscheidungen umfassende Speicherdatei anlegen oder mit einer von Telltale selbst zusammengestellten Vorgeschichte vorlieb nehmen. Wir finden das System löblich und so einige Entwickler können sich eine Scheibe davon abschneiden.

Wie in jedem Spiel des kalifornischen Studios stellt sich auch hier die Frage, inwieweit die viel gepriesenen Entscheidungen wirklich einen Einfluss auf den Ablauf der Geschichte haben. An unser Aussage hierzu zu den Vorgängern, ändert sich auch in der dritten Staffel nichts. Wir treffen auf Figuren, deren Schicksal wir nicht ändern können. In ausgewählten Momenten können wir hingegen tatsächlich über das Ab- oder Weiterleben einzelner Charaktere entscheiden. Hier kommt die Krux, denn Telltale dreht unsere Wahl in diesem Moment einfach um und begründet das mit der Unbarmherzigkeit einer Figur. Als eine der wenigen Momente, in denen wir wirklich eingreifen, ist das für uns hingegen eine vergebene Chance dem zu Beginn jeder Episode eingeblendeten Satzes “The Story is tailered by how you play” gerecht werden zu können.

Technik

Visuell stellt A New Frontier einen Kontrast zu allen bisherigen TWD-Staffeln dar. Charaktermodelle sind wesentlich detaillierter, Animationen runder und Hintergründe schmucker. Auch in Sachen Rucklern und Ladezeiten haben wir nichts zu bemängeln, was über die Fehlerchen eines jeden Spieles hinaus geht. Das mag daran liegen, dass man sich auf die aktuelle Konsolengeneration konzentriert und deren Stärken ausspielt. Aus den Boxen dröhnt ein angenehmer Mix aus den tollen Kompositionen von Jared Emerson-Johnson und einem lizenzierten Song von Lungs and Limbs.

Fazit

Das einst so frische Konzept eines interaktiven Dramas war um ehrlich zu sein schon bei der Veröffentlichung von The Walking Dead: Season One ein Alter Hut, wenn man Telltale Games’ Werke damals schon gespielt hat. Wie es so viele andere Marken spüren, etwa Assassin’s Creed oder Call of Duty, ist es manchmal Zeit dafür, etwas Pause zu machen und die einstige Erfolgsformel zu überdenken. Ohne Verkaufszahlen zu kennen, spricht es schon Bände, dass A New Frontier wenige Monate nach Michonne erscheint und Telltale bereits wenige Wochen nach Veröffentlichung der letzten Folge von Staffel 3 die nächste, angeblich letzte Staffel ankündigt. Hört man sich bei Spielern um, so sind viele nach den ersten beiden Staffeln ausgestiegen. Telltale macht trotzdem unbeirrt weiter und führt Figuren aller Couleur hinzu.

In The Walking Dead: A New Frontier muss man zwischen der erzählten Geschichte und der Umsetzung unterscheiden. Bei einem interaktiven Drama ist es unweigerlich erforderlich, eine packende Handlung mit Charakteren, an deren Schicksal wir Anteil nehmen wollen, zu erzählen. In A New Frontier gelingt dies nur zum Teil. Es ist mutig, den Ausbruch der Apokalypse aus einer völlig anderen Sicht, einer auseinander bröckelnden Latino-Familie, zu erzählen. Das resultierende Ensemble entspricht einer Patchwork-Familie, also alles im Zeichen der Zeit. Auch die Heranziehung von einem steten Stützpfeiler der Serie, Clementine, ist ein wohltuender Faktor, um die Story von mehreren Seiten zu beleuchten. Bei der Ausführung ist aber auch die Charakterentwicklung anhand von Herausforderungen ein wichtiger Aspekt und das fehlt uns in A New Frontier. Trotz einer ereignisreichen Staffel fühlen wir uns in der gleichen Ausgangslage, wie zu Beginn der fünf Episoden und das zeigt uns, dass den Story-Schreibern doch eine Pause gut tun würde, um das Konzept zu überdenken. Nichtsdestotrotz erleben wir auch in der dritten Staffel eine Menge eindringlicher emotionaler Momente, für die die Serie bekannt und beliebt ist.

Spielerisch trifft diese These mindestens genauso stark zu. Die Entscheidungen verlieren zusehends an Gewicht und haben sie es doch, so gibt es eine unvorhersehbare Wendung, die die Geschichte wieder in die fest vorgegebenen Schienen legt. Von den klassischen Point’n’Click-Wurzeln ist The Walking Dead weit entfernt, was nicht verwerflich ist, die Interaktivität sollte allerdings dann zumindest in einer Form umgesetzt werden, die den Spieler zufriedenstellt. Überraschend stabil ist hingegen die Technik. Hier hat sich Telltale sichtlich erfolgreich darum bemüht, die Erfahrung wesentlich frustfreier als zuvor zu gestalten und dabei den bekannten Look und Charme beizubehalten.

Für The Walking Dead: The Final Season wünschen wir uns eine von Anfang bis Ende durchdachte Handlung, überarbeitete Interaktionsmöglichkeiten und ein würdiges Ende von Clems Geschichte.

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Video: Die gesamte Serie im Let’s Play