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Aller guten Dinge sind drei? Hazelights drittes Koop-Spiel lässt uns in gleich zwei kreative Welten abtauchen, um der Maschine eines größenwahnsinnigen CEOs zu entkommen.
Split Fiction ist, genauso wie die beiden vorherigen Titel aus der Feder von Josef Fares A Way Out und It Takes Two, ausschließlich online oder offline im Zwei-Spieler-Koop spielbar. Entscheidet man sich dazu die Online-Variante zu spielen, kann euer Gegenüber seit dem 6. März 2025 das Spiel via dem Freundes-Pass gratis auf PC, PS5 oder Xbox Series X|S herunterladen und unabhängig von der Plattform, auf der wir spielen, beitreten – genial.
Mio und Zoe sind aufstrebende Schriftstellerinnen, die bei Raider Publishing einem experimentellen Programm beitreten. Eine Maschine soll ihre Kreationen zum Leben erwecken, doch die Metaverse-Maschine wird von dem korrupten CEO J.D. Rader dazu verwendet, allen Teilnehmenden die kreativen Ideen, ohne dafür Tantiemen auszuschütten, zu entziehen. Das mag erstmal ein hochaktuelles Thema in der Gaming-Branche sein und es bleibt zu hoffen, dass in Anbetracht dessen alle an der Entwicklung des Action-Adventures beteiligten Entwicklerinnen und Entwickler auch in den Credits genannt werden, was derzeit auch nicht immer so ist. Mittels eines wiederkehrenden Glitches versuchen Mio and Zoe die Maschine zu zerstören und dem bösen Treiben Raders ein Ende zu setzen.
Quietschbunt, paddelig, Groot
Das Duo muss sich zunächst in den Fantasiewelten akklimatisieren, doch dazu bleibt wenig Zeit. Passend zu den Fachgebieten der beiden Autorinnen werden wir im Laufe der rund vierzehnstündigen Kampagne in Fantasy- und Science-Fiction-Welten, die uns immer wieder zum Staunen bringen, entführt. Grundsätzlich ist Split Fiction ein Action-Adventure aus der Third-Person-Perspektive, in dem wir gemeinsam Sprungpassagen bewältigen, Umgebungsrätsel lösen und Bossgegner bekämpfen. Im Laufe des Spiels wird diese Formel allerdings immer wieder angepasst, schließlich kann sich die Perspektive in jedem Moment ändern, dann wird Split Fiction zum Metroid-artigen Side-Scroller-Platformer oder zum Action-Game aus der Iso-Perspektive.
Gerade die Fantasy-Welt hat es uns angetan, da wir dort als Gestaltenwandlerinnen jederzeit zu einer von bis zu drei Rollen pro Charakter wechseln können, die Rätsel nur so vor kreativ strotzen, das Leveldesign dabei trotz irrer Perspektivwechsel weitestgehend übersichtlich bleibt und die Spielwelt unglaublich charmant design und mit Leben gefüllt wurde. Während Mio als Affe an lila Pflanzen entlangklettert und als Fisch, Zoe sicher über die raue See geleitet, kann ihre Partnerinnen als Fee gleiten und als sprechender Baum eins mit der Natur werden. Mios Sci-Fi-Welt bietet einen wunderbaren Kontrast mit seinen sterilen Umgebungen (inkl. Future-Knicks) und hebt sich mit zahlreichen Kämpfen und Explosionen an jeder Ecke stark von Zoes gemütlicher Fantasiewelt ab.
In Zoes Welt kämpfen wir etwa mit Energieschwertern und nutzen Mios Hacking-Künste in Kombination mit Zoes Fähigkeit, sich magnetisch über grüne Flächen bewegen zu können. Eine Bootsfahrt, die ist lustig, zumindest sobald die Paddel der beiden Spielenden einen Rhythmus gefunden haben. In den zwölf optionalen Nebengeschichten meistern immer schwierigere Hindernis-Parcours, bei denen wir eine Bombe vor der Explosion untereinander abgegeben müssen, erleben das zunächst fröhliche Farmleben einer Gruppe von ein paar Schweinen, erkunden einen beschaulichen Mondmarkt, in dem wir durch das Lösen von kleineren Knobeleien einige Katzen retten und einige Gadgets finden können, und bestreiten die kunterbunte Reise von zwei Zähnen durch eine Geburtstagswelt, nur um am Ende gegen den ultimativen Endgegner jedes Kindes antreten zu müssen – dem Zahnarzt.
Charakterentwicklung yay, Animus-like nay
Die Hauptgeschichte um den machtbesessenen eindimensionalen CEO motiviert nicht unbedingt bis zum Ende hin und die Szenen, in denen er sich mit den Vorstandsmitgliedern zofft und seine Mitarbeitenden anschnauzt, wirken als blasse Lückenfüller, ähnlich wie die Animus-Laborszenen in den Assassin’s Creed-Spielen. Es ist vielmehr die Selbstentdeckungsreise von Zoe und Mio, die für einige erinnerungswürdige Momente sorgt. Wie auch schon im Vorgänger It Takes Two fehlt auch eine gewisse Prise Kitsch nicht, das ungleiche Duo wächst uns allerdings schnell ans Herz. Die Protagonistinnen hadern mit ihren persönlichen Schicksalen und unterstützen sich dabei, ihre Traumata zu überwinden und entwickeln sich dabei spürbar weiter – das ist bei der zunächst übermäßig unsympathischen Mio auch bitter nötig.
Split Fiction ist cineastisch in Szene gesetzt, hat einen hervorragenden Soundtrack und die Gesichtsanimationen der Charaktere in den Zwischensequenzen sehen sehr authentisch, doch die in ihrer Qualität schwankende deutsche Synchro passt da nicht immer dazu, ebenso wie die teils von den gesprochenen Dialogen abweichenden Untertitel. Die englischen Stimmen sind hingegen auf einem hohen Niveau, von dem was wir gesehen haben. Auch die Charakteranimationen sind gelungen, genau wie die hübschen Umgebungen – in der detaillierten Fantasy-Welt etwas mehr als in unendlichen Sci-Fi-Klischees des Weltraums, wenngleich die ständigen bombastischen Explosionen einiges hermachen.
Plattfrom-übergreifendes Vergnügen
Während die Steuerung mit einem Controller meist gut funktioniert, ist die Zielhilfe manchmal etwas irritierend. In manchen Abschnitten haben wir enormes Auto-Aim, in anderen Segmenten wieder gar nicht. Ebenso variiert die Empfindlichkeit der Eingabe häufig und die standardmäßige Analog-Stick-Invertierung bei der Flugsteuerung können nicht angepasst werden. Davon abgesehen bietet das Spiel enorm viele Anpassungsmöglichkeiten des Schwierigkeitsgrads und Bedienhilfen. So viel Zugänglichkeit sollte jedes aktuelle Spiel, besonders mit dem nötigen Budget dahinter, haben. Mit Maus und Tastatur kommt man nach etwas Eingewöhnung größtenteils gut zurecht, muss aber ab und an mit Kameraproblemen kämpfen, was gerade bei Wandläufen und insbesondere beim wilden reizüberfluteten Endritt, in dem die Entwickelnden ihrer Kreativität voll ausgelebt zu haben scheinen und der viele der gelernten Spielelemente auf großartige Weise vereint, etwas auf die Spaßbremse drücken kann.
Die PC-Version von Split Fiction läuft auf einem relativ aktuellen System mit einer GeForce RTX 4070 ausgesprochen gut auf maximalen Details in 1440p, mit schwächeren Grafikkarten könntet ihr allerdings so eure Probleme haben. Uns ist es nicht gelungen, das Spiel auf einem potenten Gaming-Laptop mit einer RDNA 3-basierenden Grafikkarte (iGPU / Radeon 780M) lauffähig zu machen, es sei denn wir verunstalten das Spiel in 720p mit FSR-Upscaler im Performance-Modus so sehr in einen Pixelbrei, dass man es kaum wiedererkennt. Sobald wir allerdings die RTX 4080 Laptop GPU hinzuschalten, können wir Split Fiction in 1600p mit temporaler Kantenglättung und maximalen Grafikdetails in butterweichen 80 bis über 100 Bildern pro Sekunde spielen. Hazelight sollte das Spiel noch weiter für schwächere Systeme optimieren und sich überlegen, ob nicht doch Nvidias in den meisten Spielen recht performanter DLSS-Upscaler auch integriert werden könnte.
Auf der PlayStation 5 läuft Split Fiction in unseren Tests durchgängig flüssig mit 60 Bildern pro Sekunde und das offenbar in einer Auflösung von 1800p. Auf der PS5 Pro sollen gar native 4K mit Temporaler Kantenglättung laufen, das konnten wir allerdings nicht testen. Auch die Verbindungsqualität war in unseren Tests, egal ob über Steam oder im Plattform-übergreifenden Spielen zwischen PC und PS5 über die EA-Server, stets stabil – und das über Ländergrenzen hinweg und mit unterschiedlich schnellen Internetverbindungen.
Fazit
Split Fiction knüpft an das bewährte Koop-Gameplay-Konzept von It Takes Two an. Hazelight schickt uns auf eine emotionale Reise in zwei Welten, die sich angenehm unterschiedlich spielen, wunderschön designt sind und so herrlich kreative und abwechslungsreiche Gameplay-Ideen enthalten, dass wir auch keine der Nebengeschichten verpassen wollen. Die Hauptgeschichte um den größenwahnsinnigen CEO, der die Welt mit seiner mächtigen Erfindung verändern will, ist weder neu noch wird sie besonders interessant erzählt – gut also, dass diese Szenen nicht viel Spielzeit beanspruchen. Wem die ersten beiden fantastischen ausschließlich im Zwei-Spieler-Koop spielbaren Hazelight-Titel A Way Out und It Takes Two bereits gefallen haben, sollte mit Split Fiction mindestens genauso viel Spaß haben.
Der PS5-Teil des Tests wurde von Francesco beigesteuert. Split Fiction für PC und PlayStation 5 und die Screenshots wurden uns von EA zur Verfügung gestellt.