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Test

Im Test: Life is Strange: Double Exposure

Switch to: Englisch

Max Caulfield kehrt in Life is Strange: Double Exposure zurück und taucht in ein Abenteuer ein, in dem die Zeitlinien verschwimmen.

Life is Strange: Double Exposure wurde von Deck Nine Games (Life is Strange: Before the Storm und True Colors) entwickelt und erscheint morgen für PlayStation 5, Xbox Series X|S und via Steam für PC. An der Nintendo Switch-Version wird unterdessen noch gearbeitet. Das Adventure setzt zehn Jahre nach den Ereignissen rund um Max Caulfield und Chloe Price in Arcadia Bay im ersten Teil an, welches von Don’t Nod (Lost Records: Bloom & Rage, Life is Strange 2) stammt. Dabei wird jedes der beiden Enden des ersten Life is Strange berücksichtigt. Diese schwierige Entscheidung müsst ihr zu Beginn von Double Exposure erneut treffen. Die Auswirkungen spürt ihr über das gesamte Spiel hinweg. Egal wie ihr euch entscheidet, erzählt Max von Chloe das gesamte Spiel über nur, ein Auftritt bleibt ihr verwehrt – das finden die Fans nicht gerade “amazeballs”. Zwar ist Double Exposure an einem komplett neuen Ort mit neuen Charakteren angesiedelt, es lohnt sich durchaus besonders für den späteren Teil des Spiels zumindest den ersten Teil und ggf. das Prequel Before the Storm zu kennen, die Ereignisse von LiS 2 und True Colors mit jeweils eigenen Casts spielen hingegen keine Rolle.

Max ist ihrer Leidenschaft für die Fotografie treu geblieben und so ist sie nach einem ausgiebigen Roadtrip ein Artist in Residence an der Caledon University in Lakeport, Vermont geworden. Eines Nachts wird Max von einem weiteren Ereignis traumatisiert: Beim in die Sterne schauen mit dem Astrophysiker Moses Murphy und der angehenden Poetin Safiya Llewellyn-Fayyad fällt ein Schuss und eine Person stirbt – es ist Max’ beste Freundin Safi. Zwar konnte Max im ersten Teil die Zeit zurück spulen, nach den dramatischen Ereignissen in Arcadia Bay hat sie ihre Kräfte aber nicht mehr eingesetzt. In Double Exposure entwickeln sich Max’ Kräfte weiter: sie kann zwischen zwei Zeitlinien hin und her wechseln. Beide Welten sind bis auf ein wichtiges Detail nahezu identisch – in einer Realität lebt Safi, in der anderen nicht. Max macht sich auf, die Hintergründe zu Safis Tod zu ergründen und das Ereignis zu verhindern.

Die Charaktere aus Life is Strange sind uns bis heute in Erinnerung geblieben. Auch in Double Exposure trifft Max ein bunte Ensemble an Charakteren, die mal mehr und mal weniger drei-dimensional geschrieben wurden. Während Moses und die Lehrerin Gwen Hunter mit Diskriminierung wegen ihrer Hautfarbe oder ihres Geschlechts Diskriminierung erfahren, werden sie nicht darauf reduziert, sie sind drei-dimensionale Charaktere mit Ecken und Kanten. Gwen erhält etwas wenig Screentime, ihre Hintergründe lassen sich aber auch in Fotos, Notizen und Briefen in ihrem Büro ergründen. Moses nimmt eine zentralere Rolle in der Geschichte ein und wächst uns schnell an Herz. Der Uni-Professor Lucas Colmenero erscheint zu Beginn als stoischer Egomane, gewinnt im Laufe des Spiels allerdings an Menschlichkeit. Anders sieht es etwa bei Detective Vince Alderman aus, der als harter Cop in seiner kurzen Anwesenheit wenig Eindruck schindet und schnell in Vergessenheit gerät. Ähnlich sieht es bei Uni-Leiterin und Safis Mutter Yasmin und ihrem Assistenten und Präsidenten der Abraxas-Studierendenverbindung Vinh Lang aus, der zu Beginn noch als zwanghaft locker wirkender Schleimbolzen daherkommt, später aber in einem Annährungsversuch noch unheimlicher wird und mit dem wir, neben Amanda, sogar eine Beziehung eingehen können. Amanda ist ein Stand-up Comedian, die in der lokalen Bar Snapping Turtle arbeitet. Recht schnell stellt sich heraus, dass sie etwas für Max übrig hat. Es bleibt euch im Übrigen überlassen, ob ihr eine Romanze eingeht oder nicht. Daneben stellt euch das Spiel zwar auch in den top auf Englisch synchronisierten und mal gut, mal weniger erfolgreich ins Deutsche lokalisierten Dialogen vor kleinere Entscheidungen, die wichtigen Momente werden wie gewohnt in einem Freeze-Frame hervorgehoben.

Gerade in der zweiten Spielhälfte nimmt die Story ordentlich an Fahrt auf, also nach den beiden Kapitel aus dem Advanced Access, der seit dem 15. Oktober für einen saftigen Aufpreis (80 statt 50 Euro (PC) bzw. 60 Euro (Konsole) für die Standard-Edition) möglich ist. Insbesondere die Gespräche über die Auswirkungen der Superkräfte der Charaktere in Life is Strange gehen endlich mal etwas mehr in die Tiefe. Bei den vielen Wendungen, auf die wir aus Spoilergründen nicht eingehen, bleibt ab und an die Substanz dahinter auf der Strecke. Die Serie geht mit Double Exposure in eine neue Richtung und es wird interessant sein zu sehen, wie die Geschichte fortgesetzt werden wird.

Spielerisch reiht sich Double Exposure gut in die Serientradition ein. Wir dürfen den Uni-Campus zwar erkunden, allerdings gibt das Spiel vor, welche Bereiche wir zum aktuellen Zeitpunkt betreten dürfen. An fest vorgegebenen Punkten dürfen wir von der Welt, in der Safi tot ist in die “lebendige” Welt und zurück wechseln. Hiermit lösen wir optionale Umgebungsrätsel, etwa um Sammelobjekte aufzustöbern, und treiben vor allen Dingen den Plot voran. Jederzeit dürfen wir auf Knopfdruck in eine Zwischenwelt wechseln, in der im näheren Umkreis die Charaktere und Objekte aus der jeweils anderen Realität schemenhaft dargestellt werden. So können wir etwa unbemerkt Gespräche belauschen oder Spuren folgen. Max führt natürlich wieder ein Tagebuch, in dem sich eure Entscheidungen widerspiegeln und eure Fotos, die ihr auf Knopfdruck auch mit doppelter Belichtung (engl.: Double Exposure) aufnehmen könnt. Ständig prasseln Benachrichtigungen über neue Textnachrichten und Beiträge aus den Sozialen Medien auf euch ein, auch während Zwischensequenzen, was uns ein ums andere Mal aus der dichten Atmosphäre reißt. Hier würden wir uns eine subtilere Form der Benachrichtigen wünschen. Es gibt zahlreiche Einstellungen betreffend der Barrierefreiheit und so können wir Inhaltswarnungen etwa für Gewalt und Diskriminierung aktivieren, die Kamerabewegungen limitieren, uns mehr Zeit für Entscheidungen einräumen und das Gameplay gar komplett überspringen.

  

Max’ Haus ist der zweite Schauplatz des Spiels. Hier stöbern wir durch Memorabilia aus ihrer Zeit in Arcadia Bay, füttern unsere Katze bzw. unseren Kater und wechseln unser Outfit. Oder wir machen es uns vor dem Kamin gemütlich und lauschen ihrem inneren Monolog während eines der zahlreichen lizenzierten oder extra für das Spiel produzierten Lieder läuft. Die Musikuntermalung ist häufig im Vergleich zu den Stimmen viel zu laut eingepegelt und leider haben wir keine Möglichkeit gefunden, dies außerhalb der Zwischensequenzen, die gut gemischt wurden, einzustellen. Die Animationen der Charaktere in Double Exposure gehören definitiv zu den hübschesten der Serienhistorie und so geraten die puppenhaften Gesichter der ersten Teile langsam in Vergessenheit, wobei True Colors bereits auch schon ein großer Fortschritt war. Auf unserem Test-PC mit einer Nvidia GeForce RTX 4070 lief das Spiel weitestgehend flüssig, allerdings schwankte die Bildrate häufig zwischen 60 und 120 Bildern pro Sekunde und ab und an brach sie in der Zwischenwelt auch auf 30 Bilder pro Sekunde ein. Ein paar optische Fehler wie zu spät ladende Texturen und Schatten, die in niedriger Stop Motion-artiger Bildrate über die Gesichter huschen, sind zwar zu bemängeln, sie fallen allerdings nicht schwer ins Gewicht. Die Spielzeit fällt mit rund zehn bis zwölf Stunden im Übrigen ähnlich wie im letzten Serienteil aus. Wie in den Vorgängern fördern die unterschiedlichen Enden den Wiederspielwert.

 

Fazit

Life is Strange: Double Exposure hat einerseits den Mut, neue Wege in der Serie einzuschlagen, es ist aber andererseits auch stark in der Vergangenheit verwurzelt. Während die Geschichte spätestens ab der zweiten Hälfte bis zum überraschenden Ende hin zum Weiterspielen motiviert, gilt das gleiche nicht für den spielerischen Aspekt. Das das Hin-und-Her-Wechseln zwischen den Realität fühlt sich zu Beginn frisch an, nutzt sich aber im Laufe des Spiels aufgrund von Videospiel-typischen Sammelquests ab. Hier hätten wir uns etwas mehr Kreativität gewünscht. Auch die Schauplätze sind im Vergleich zu den Vorgängern in Anzahl und Umfang stark limitiert, möglicherweise aufgrund der aufwendigen Zeitlinien-Mechanik. Egal ob in Spielgrafik oder den Zwischensequenzen, Double Exposure macht optisch bis auf ein paar kleinere Makel eine tolle Figur und die Original-Synchro sowie die musikalische Untermalung sind wieder einmal auf hohem Niveau. Wer bislang nicht mit Life is Strange warmgeworden ist, der wird auch mit Double Exposure nicht unbedingt eine bessere Zeit haben. Fans der Serie und von interaktiven narrativen Erlebnissen können wir das Spiel mit den oben genannten Einschränkungen ans Herz legen.

Der Publisher Square Enix hat uns die PC-Version von Life is Strange: Double Exposure zur Verfügung gestellt, mit der wir die Screenshots aufgenommen haben.