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Im Test: Life Is Strange – True Colors & Wavelengths

Wir sind nach Haven Springs aufgebrochen und haben für euch sowohl Life Is Strange: True Colors als auch die Erweiterung Wavelengths getestet.

Life Is Strange: True Colors wurde von Deck Nine Games entwickelt. Es ist das vierte Spiel in der populären Videospielserie und wurde von Square Enix am 10. September 2021 für Xbox Series X|S, Xbox One, PlayStation 5, PlayStation 4, PC und GeForce NOW veröffentlicht. Die bis dato einzige Story-Erweiterung Wavelengths ist am 30. September 2021 für alle Plattformen erschienen. Die Nintendo Switch-Version ist zum Testzeitpunkt noch nicht erschienen.

Life Is Strange: True Colors

True Colors spielt im Jahr 2019 in der Kleinstadt Haven Springs in Colorado und setzt die Geschichte, die in Life Is Strange (2015, Dontnod Entertainnment, spielt im Jahr 2013) und dem Prequel Life Is Strange: Before the Storm (2017, Deck Nine Games, im Jahr 2010 angesiedelt) erzählt wurde fort. Insbesondere zu Before the Storm finden sich diverse Verbindungen wieder. Der Hauptcharakter ist allerdings gänzlich neu in der Franchise.

Zu Beginn des Spiels wird Alex Chen aus einem Pflegeheim entlassen. Die 21-Jährige entscheidet sich dazu, ihren vier Jahre älteren Bruder Gabe in Haven Springs zu besuchen. Wie jede Protagonistin in Life Is Strange hat auch Alex eine besondere Gabe. Ihre Fähigkeit, die Gefühle von Menschen lesen zu können, wird schon bald das 600 Einwohner-Nest von Grund auf verändern. Eingangs lernen wir die wichtigsten Charaktere kennen, mit denen wir den Rest des Spiels verbringen werden. Da wären zum Beispiel Jed Lucan, Wirt und lebende Legende in Haven Springs, der uns in einem Zimmer über der Kneipe wohnen lässt, die an Alzheimer erkrankte Floristin Eleanor Lethe, der exzentrische Kriegsveteran Duckie und die Regionale Betriebskoordinatorin von Typhon Mining Diane Jacobs, die die kontroversen Handlungen des Megakonzerns ständig verteidigt. Alex‘ engste Vertraute in Haven Springs sind neben Gabe, Steph Gingrich und Ryan Lucan, mit denen Alex je nach euren Entscheidungen eine Romanze beginnen kann. Steph kennen Life Is Strange-Fans bereits aus Before The Storm als begeisterte Dungeons & Dragons-Spielerin. In True Colors arbeitet sie in einem Plattenladen und als Radio-DJane. Mehr dazu in unserem Test zur Erweiterung Wavelengths.

Life Is Strange ist bekannt für tiefgründige Geschichten, authentische Dialoge und drei-dimensionale Charaktere. True Colors erfüllt die Qualitätsstandards der Serie. Schwere Schicksalsschläge stellen Alex‘ emotionale Stabilität auf die Probe und sie erlebt im Laufe des Spiels eine spürbare Charakterentwicklung, genauso wie mancher aber nicht jeder Nebencharakter. Die stärksten Momente erleben wir zu Beginn und am Ende des Spiels. Besonders intensiv inszeniert sind die spielbaren Rückblenden, in denen wir mehr über das tragische Schicksal der Chen-Geschwister erfahren. Im Kontrast zu diesen Szenen stehen die Momente, in denen Alex auf der Terrasse zu passenden Akustik-Songs ihre Erlebnisse verarbeitet.

In True Colors erkunden wir kurzzeitig die Berge und Minen rund um Haven Springs, bleiben größtenteils aber doch in der Kleinstadt und dürfen zwei Straßen und vier Geschäfte begehen. Im Vergleich zu anderen Spielen der Franchise ist das ein relativ kleines Spielgebiet. Für Abwechslung sorgen die Entwickler, indem sie verschiedene Feste in Haven Springs veranstalten. In einem Live-Action-Roleplay (LARP) sprechen wir mit den kostümierten Charakteren und dürfen sogar in bester Final Fantasy-Manier rundenbasierte Kämpfe austragen, die in einem vollwertigen episch inszenierten Bosskampf kulminieren. Auf dem Frühlingsfest kann Alex mehr oder minder freiwillig ihre Leidenschaft für Musik ausleben.

Deck Nine Games schmückt die Spielwelt mit vielen Details aus, die nicht nur grafischer Natur sind. Mit ihrer Fähigkeit die Gedanken von Menschen zu lesen kann Alex die Anzahl in einem Glas befindlichen Geleebohnen erraten und so zum Unmut der genervten Geleebohnenfrau einem Mann zu einem Gutschein verhelfen. In der Kneipe können wir mit geschickten Fragen das von Steph auserwählte Albumcover finden und so den Verzerr eines ekligen Getränks vermeiden. In Alex Zimmer befinden sich zwei Arcade-Automaten mit dem Spielhallenklassiker Arkanoid und dem Hugo-artigen Game Mine Haunt! Erkundet Alex aufmerksam die Umgebung und liest die ständig einprasselnden SMS und E-Mails erfährt sie mehr über die einzelnen Charaktere.

Den Entwicklern gelingt es, mit diesen Elementen den aus den Life Is Strange-Spielen bekannten Gameplay-Loop aus Herumlaufen und Dialogoptionen auswählen gelungen auf. Life Is Strange: True Colors bietet sechs unterschiedliche Enden. Ein Durchgang des Spiels beschäftigt euch für etwa zehn Stunden. Für ausreichend Wiederspielwert wird also gesorgt. Die Enden reflektieren eure Entscheidungen, sind teils aber unklar in ihrem Ausgang und bemühen die Vorstellungskraft des Spielers.

Zu den Stärken von Life Is Strange zählt für gewöhnlich der Soundtrack. Für True Colors haben sich die Macher das Geschwisterduo Angus & Julia Stone ins Boot geholt, die bereits in Life Is Strange mit ihrem Song Santa Monica Dream zu hören waren und eigens für dieses Spiel ein Album und Instrumentals aufgenommen haben. Zusätzlich wird wieder lizenzierte Musik verwendet. Wir wollen dabei nicht verraten, von welchen Künstlern die Musik stammt, um euer Spielerlebnis nicht zu beeinträchtigen. Die Musik ist stets der Stimmung zuträglich, ob das ein gemütlicher Country-Song in der urigen Kneipe oder die fiebrigen Gitarrenklänge in einer entscheidenden Szene sind.

Die englische Synchronisation ist über jeden Zweifel erhaben. Interessanterweise verleihen gleich zwei Personen Alex ihre Stimme. Während Erika Mori die Dialoge vertont hat, performt die Sängerin mxmtoon die Songs, die Alex im Laufe des Spiels zum Besten gibt. Katy Bentz aus Before The Storm kehrt als Steph zurück. Zwei Mankos der Serie konnten die Entwickler ausbessern: Die Lippensynchronisation ist besser als je zuvor und die Dialoge wurden erstmals auch in deutscher Sprache eingesprochen. Die deutschen Untertitel verraten allerdings einen Großteil der Dialoge, bevor diese ausgesprochen werden.

Grafisch bleibt True Colors dem Comic-Look der Serie treu. Die Umgebungen strotzen vor kleinen Details, die die Spielwelt glaubwürdig machen, insbesondere in Alex‘ Zimmer, Stephs Plattenladen und Eleanors Blumenladen. Wir haben True Colors auf einem potenten zwei Jahre-alten PC mit SSD und auf der Xbox Series X getestet. Kauft ihr das Spiel im Microsoft Store, erhaltet ihr beide Versionen dank Play Anywhere-Unterstützung. Obwohl PC und Xbox mit SSD ausgestattet sind, lädt das Spiel auf dem PC spürbar schneller. Problematisch ist, dass die Texturen ab und an spät geladen werden, wodurch wir für kurze Momente durch detailarme PS1-Welten laufen. Das reißt uns aus der ansonsten so dichten Atmosphäre raus.
Seit Anfang Oktober ein Update erschienen ist verfügt das Spiel auf der Xbox Series X über einen optionalem Performance-Modus mit einer stabilen Bildrate von 60 Bildern pro Sekunde und niedrigerer Auflösung. Haven Springs sieht in diesem Modus allerdings nicht erkennbar schlechter als in dem Modus mit höherer Auflösung aus.

Fazit

Life Is Strange: True Colors setzt auf die Stärken der Franchise: Tiefgründige Geschichten, authentische Dialoge, drei-dimensionale Charaktere und großartige Musik. Wenn ihr bislang mit Life Is Strange nicht warm geworden seid ist es unwahrscheinlich, dass True Colors das ändern wird. Wir haben unseren Aufenthalt in Haven Springs genossen, hätten uns aber zusätzliche Gebiete und eine technisch sauberere Umsetzung gewünscht. Insgesamt hat uns True Colors deutlich mehr Spaß gemacht als Before The Storm und wir sind gespannt, wie Square Enix und Deck Nine Games die Serie fortsetzen werden.

Life Is Strange: True Colors – Wavelengths

Wavelengths ist ein Jahr vor True Colors angesiedelt. Darin übernehmen wir die Rolle von Steph Gingrich, die neu in Haven Springs angekommen ist, ganz wie Alex Chen im Hauptspiel. Bei der Erweiterung handelt es sich um ein Kammerspiel. Wir führen den lokalen Plattenladen und betreiben einen Radiosender aus der integrierten Kabine. Den Laden dekorieren wir saisongerecht zu Ereignissen wie Pride Month, Halloween und Weihnachten. Gleichzeitig arbeiten wir an unserer Gesangskarriere und stellen am Ende unseren eigenen Song fertig. In der Radiokabine kümmern wir uns um die Musik, sagen Anzeigen auf und mit einem D20-Würfel Anrufern die Zukunft voraus. Steph hat damit zu kämpfen, dass das Ablesen der Anzeigen für die lokalen Geschäfte aufgrund der steigenden Anforderungen und der abnehmenden Lesbarkeit der Notizen zunehmend kniffliger wird. Ein Table-Top-Rollenspiel mit einem alten Bekannten darf natürlich nicht fehlen.

Im Laufe der drei Spielstunden erfahren wir, was mit Steph seit den Ereignissen von Before the Storm passiert ist. Unseren Spielstand dürfen wir zwar nicht importieren, zu Beginn dürfen wir aber eines der beiden Enden von Life Is Strange 1 auswählen. Die Geschichte wird entsprechend angepasst. Das ist ein großer Spoiler für LIS 1, da sich die Erweiterung allerdings ohnehin an langjährige Fans richtet, sollte er nicht all zu große Wellen schlagen. Auch einige der Charaktere aus Before the Storm feiern in Wavelengths ihr Stelldichein. Schön: Unsere Entscheidungen in der Radiokabine werden im Verlauf des Spiels in den Dialogen reflektiert. Auf den Plattenspielern landen nicht die Songs aus dem Hauptspiel, sondern gänzlich neue Lieder, u. a. Pond – Paint Me Silver, Hayley Kiyoko – Feelings, alt-j – The Gospel of John Hurt und Foals – Black Bull.

Wenn Steph eine ruhige Minute hat, startet sie Flirtversuche in einer Dating-App. Dort warten immer neue Matches, die nach rechts oder links geswiped werden wollen. Die Konversationen sind deutlich umfangreicher als wir erwartet haben, und reichen von oberflächlichen Flirts zu tiefgründigen Gesprächen.

Völlig frei von Fehlern ist Wavelengths nicht: Nachdem wir zu viel on-air gefrotzelt haben, konnten wir nicht mit dem D20-Würfel interagieren und den Dialog fortsetzen. Die Lösung war es, das Spiel mehrfach neu zu laden und kontinuierlich mit dem Mikrofon zu interagieren bevor der Anruf angenommen wird. Und siehe da, der D20 hat wieder seinen Dienst verrichtet.

Fazit

Wavelengths ist ein Geschenk für alle langjährigen Fans der Life Is Strange-Serie und sorgt mit den Kameos bekannter Charakteren für magische Momente. Spielerisch ist die Erweiterung mit der Tätigkeit als Radio-DJane und Ladenverkäuferin sogar abwechslungsreicher als das Hauptspiel True Colors. Wollt ihr mehr über Steph und die Ereignisse nach Before the Storm erfahren, ist Wavelengths ein Pflichtkauf für euch.

Die Screenshots haben wir am PC aufgenommen.