In der Sony-Pressekonferenz auf der gamescom gab es wenig von der PlayStation Vita zu sehen. Dass der Handheld auch ohne PS4 auskommen kann, haben drei britische Titel unter Beweis gestellt, die wir anspielen oder ansehen konnten.
Flame Over – pyroguelike diesmal ohne Giraffen
Der Independent-Entwickler Laughing Jackal ist an der Ostküste Englands angesiedelt und kann auf über 10 Jahre Videospielgeschichte zurückblicken. Hat man zu Beginn noch Umsetzungen, DS-Spiele und PlayStation minis (etwa Hungry Giraffe) entwickelt, hat man sich nun der PlayStation Vita verschrieben und dabei gleich noch die Unity Engine für sich entdeckt. Flame Over ist ein pyroguelike, so nennt es der Entwickler. Es handelt sich um ein Roguelike, in dem ihr als Feuerwehrmann Brände bekämpft. Das Ganze spielt sich in einer isometrischen Perspektive wie ein Shoot’em-Up mit Rollenspielelementen.
Ihr übernehmt die Rolle von Blaze Carruthers, dem rastlosen Feuerbekämpfer, und müsst gegen die Zeit kämpfen und euch unterschiedlichen Arten von Häuserbränden stellen. Es gibt vier Areale – Büros/Büros der Bosse/Labor/Fabrik – und jeweils 16 Level pro Spielsitzung. Im Gespräch mit XTgamer offenbaren Designer Marc Keeling und PR-Manager Ross Brierley, dass man zwar gerne die Levels direkt auf der PS Vita zufallsgenerieren möchte, aber die Power des Handhelds dafür nicht ganz ausreicht und man so selbst innerhalb der Unity Engine die über 1.000 Level handgebaut hat. Interessant ist auch, dass das Spiel schon eine ganze Weile in der Entwicklung ist, man sich aber erst jetzt – wo das Spiel direkt spielbar war – für eine Enthüllung entschieden hat.
Wir haben uns den Weg zwischen den Feuermassen gebahnt und sind beeindruckt. Entegegen der YouTube-Kommentare des Teaser Trailers kann hier keineswegs von Flash-Spiel-Niveau gesprochen werden. Jede Oberfläche – etwa der Stoff von Teppichen oder das Holz von Verkleidungen oder Schränken – überträgt das Feuer auf andere Weise. So kann euch beispielsweise eine gewaltige Feuerwand entgegen kommen, sobald ihr den nächsten Raum betretet. Außerdem müsst ihr auf die Feuerentwicklung Acht geben und euren Wasserschlauch taktisch so einsetzen, dass ihr nicht eingeschlossen werdet und auch die zahlreichen NPCs retten könnt. Jedes Areal hat zusätzlich noch Besonderheiten, etwa ein Sicherheitssystem in der Chefetage, ausgeflossene Säure im Labor oder Annährungsminen im Fabrikbereich.
Flame Over spielt sich wie ein Twin-Stick-Shooter und macht bereits einen soliden Eindruck. Die Steuerung ist präzise, fühlt sich aber auch geschmeidig an. Die Feuerentwicklung zwingt euch zu schnellen Entscheidungen und lässt euch keine Zeit zum Verschnaufen. Neben dem Wasserschlauch setzt ihr auch euren Feuerlöscher, Wasserbomben und die vertraute Feueraxt im Kampf gegen die Flammen ein.
Wie erwähnt gibt es auch RPG-Elemente. Für gelöschte Brände erhält Blaze bares Geld. Dies kann er in zwischen den Räumen verteilten Shops für verbessertes Equipment ausgeben. Außerdem wird eure Zeit gezählt. Jedes Level dauert rund 5 Minuten und für jede/n gerettete/n Katze oder Zivilisten gibt es einen Gesundheits- oder Zeitbonus. Am Ende wird eure Erfahrung gutgeschrieben und je schneller ihr seid, desto schneller verbessern sich eure Fähigkeiten wie etwa die Laufgeschwindigkeit oder die Effektivität des Schlauches.
Das Spiel steckt voller Liebe zum Detail. Rennt euch doch mal die Zeit davon, so müsst ihr die Beine in die Hand nehmen, denn ein kleiner Sensenmann nimmt die Verfolgung auf. Außerdem sorgt man für zahlreichen Schabernack zwischen der Brandbekämpfung, etwa die Jagd nach Außerirdischen und vielen anderen Gags.
An eine Online-Komponente wurde auch gedacht. In den Ranglisten wird eure beste Zeit und euer Highscore verzeichnet. Ebenfalls geplant sind wöchentliche Herausforderungen, wie es sie beispielsweise in Rayman Legends gab. Hierbei müsst ihr gewisse Ziele erfüllen und habt die gleichen Voraussetzungen wie die anderen Spieler, könnt euch also unmittelbar und chancengleich mit Freunden und der Welt messen.
Flame Over scheint ein sehr durchdachter und umfangreicher Arcade-Titel zu sein, der zwar einfach zu erlernen ist, aber eine komplexe Feuersimulation im Hintergrund laufen hat und weitreichende Rollenspielelemente enthält. Dass es Laughing Jackal versteht, einzigartige unterhaltsame und dabei kurzweilige Spiele zu erschaffen, haben sie bereits bewiesen. Mit Flame Over veröffentlicht man im vierten Quartal 2014 für die PS Vita das bislang ambitionierteste Projekt und hat das Potenzial ein Pflichtkauf für Shoot’em-Up-Fans zu werden.
Frozen Synapse Prime – Rundumerneuerung des Taktik-Hits
Wir bleiben zwar an der Ostküste Englands, bewegen uns aber ganz nach Norden, denn dort entsteht derzeit bei Publisher/Entwickler Double Eleven ein neues Strategiespiel für Sonys Handheld. Frozen Synapse ist ein rundenbasiertes Taktikspiel für den PC. Das solche Spiele auch auf der Konsole wunderbar funktionieren, weiß man spätestens seit XCOM: Enemy Unknown. Nun macht das Spiel den Sprung auf die PlayStation Vita als erste Konsolenversion des Spiels und ist weit mehr als nur eine Portierung.
Doch grundsätzlich erstmal eine Erklärung, um was es in Frozen Synapse geht. Es stehen sich zwei Teams voller Elite-Soldaten gegenüber mit Scharfschützen, Frontkämpfern bis zu Grenadiern. Die Spielfelder sind komplett zufallsgeneriert und sind voller Deckungsmöglichkeiten – verschiedenste Räume, Wände, Fenster etc. -, die komplett zerstörbar sind. Jeder der Spieler plant seine Züge in jeder Runde und diese werden dann gegeneinander ausgespielt. Neu in der Vita-Version sind Sichtkegel der Einheiten. Ihr seht also schon in der Planungsphase, welche Gegner in eurem Blickfeld sein werden und umgekehrt.
Das sieht auf dem PC und Tablet schon bereits gut aus, doch für die Vita-Version hat Double Eleven zusätzlich zu den drei Jahren Entwicklungszeit des Originalentwicklers Mode7 nochmals zwei Jahre reingesteckt. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Alles ist in aufwändiger 3D-Optik modelliert, die Figuren sehen plastisch und detailverliebt aus und die Arenen sind schön ausgeleuchtet sowie in effektreichen Explosionen zerstörbar. Das kommt vor allem in den Nahaufnahmen der Killcam zur Geltung.
Bei der Steuerung hat man sich auch nicht lumpen lassen und lässt dem Spieler die freie Wahl. Das komplette Spiel ist mit den Tasten der PS Vita steuerbar, aber auch vollständig mit Touchscreen. Bewegt ihr die Kamera lieber mit dem Analogstick, gebt die Befehle per präzisem Fingerdruck auf die Position auf dem Touchscreen und benutzt dann im radialen Befehlsmenü die Aktionstasten, geht das auch. Jede Mischung ist möglich, was erhebliche Freiheit bei der Spielweise ermöglicht. Wir finden die Steuerung nochmals ein gutes Stück komfortabler als die Icons, die man in der Tablet-Version am Bildschirmrand angeordnet hat. Kein Wunder, denn die Tablet-Version war nur 3 Monate in Entwicklung.
Für Freiheit sorgt auch der Level-Editor. Hier könnt ihr ähnlich wie in Worms mit Schiebereglern einstellen, wie offen das Terrain sein soll und welche Objekte vorherrschend auf der Karte platziert sein sollen. So erstellt man kinderleicht auf die eigenen Präferenzen zugeschnittene Level.
Seid ihr kompetitiv veranlagt dürfte euch interessieren, dass man für jedes Match einen Replay-Code am Spielende erhält, den ihr direkt im Spiel aktivieren könnt und sodann das Replay in eigener Geschwindigkeit mit Perspektivenwechseln und Killcams ansehen könnt. Das ist sehr hilfreich, um die Taktiken des Gegners auszuloten.
Weniger kompetitive Spieler dürfte interessieren, dass der Storymodus eine komplexe Geschichte erzählen soll und laut Entwickler auf Roman-Niveau ist. Genaueres ist uns darüber noch nicht bekannt.
Frozen Synapse Prime scheint eine gelungene Vervollständigung für die Spielebibliothek der PS Vita zu sein. Sowohl für Fans bietet die Prime-Version ausreichend neues, aber auch Neulinge sollten recht schnell Erfolge feiern können und den wendungsreichen Taktik-Schlachten einige spannenden Stunden im Multiplayer oder Einzelspielermodus abgewinnen.
La Mulana EX – mobiles Hardcore 2D-Adventure
Ebenso wie FS Prime ist auch La-Mulana EX eine Umsetzung eines bereits veröffentlichten PC-Titels für die PlayStation Vita. Bei La-Mulana handelt es sich um ein anspruchsvolles 2D Action-Adventure, bei dem es hauptsächlich um das Erforschen, das Plündern von Schätzen und das Besiegen von Bossgegnern geht. Die PC-Version ist – erst gratis und das als erweiterte Version – bereits eingeschlagen wie eine Bombe. Viele Spieler wurden davon angefixt, in den sagenumwobenen Ruinen von La-Mulana nur mit einer Peitsche und einem Federo ausgestattet auf Beutejagd zu gehen. Und ja, Indiana Jones war eine Inspirationsquelle, wie wir im Gespräch mit Rising Star Games erfahren haben.
Wir konnten zwei Gebiete kurz anspielen, die ihr auch in den Bildern seht. Wir starten unser Abenteuer in einem von Zelten umgebenden Lager. In diesen Zelten befinden sich zahlreiche Shops, allerdings müssen wir uns das Geld erst hart verdienen, indem wir die zahlreichen Monster um das Lager erledigen. Hier gibt es aber nur eine weitere Waffe, nämlich die Pistole. Alle anderen Objekte beziehen sich eher auf eure Attribute.
La-Mulana EX ist ein Spiel alter Schule durch und durch. Verlasst ihr einen Bildschirm und kehrt zurück, so erscheinen auch alle Gegner wieder. Ihr startet nur mit rund einem Sechzehntel eurer Lebensenergie aufgeladen und müsst eure Leiste durch das Besiegen von Feinden aufladen. Doch die zahlreichen Geier, Skelete und Bosse ziehen euch gehörig Energie ab, hier ist also Vorsicht geboten.
Auch Bosse, die wir zu Beginn treffen, können wir nicht sofort bekämpfen, sondern benötigen erst Upgrades. Das lädt zum Erforschen der Spielwelt ein, um möglichst stark in den nächsten Bosskampf zu gehen. Apropos Erforschung: Es gibt auch zahlreiche Geheimnisse und verschlossene Schatztruhen zu entdecken. Wen die Hintergrundgeschichte interessiert, der findet auch optional zahlreiche Geschichten.
Platforming ist bei diesem 2D-Spiel natürlich auch ein Element und da kommt die Vita-Umsetzung ins Spiel. Sowohl Springen als auch Kämpfen funktioniert ziemlich gut mit den kleinen Sticks den Handhelds. Leider kann man sich in der Luft nur kaum in Richtungen bewegen, was wohl dem altgediegenen Spielstil geschuldet ist. Mit der Peitsche richtig zu treffen ist zu Beginn auch recht knifflig, was natürlich den Reiz des Kampfsystems ausmacht und man auch bei der Angriffsweise der Gegner deren Flug- bzw. Laufweisen ausloten muss.
Optisch sieht das Spiel auf dem Vita-OLED-Bildschirm toll aus und die aufwändige Pixelart kommt wirklich zur Geltung. Die Ausleuchtung in Höhlen sieht toll aus und vermittelt gemeinsam mit der Musik eine schaurig schöne Atmosphäre.
Wer gerne die Klassiker wie Ghouls ‘n Ghosts oder Terraria gern auf seiner PS Vita gespielt hat, der sollte La-Mulana EX auf jeden Fall näher ansehen. Die düstere Atmosphäre und das ausgeklügelte Level- und Bossdesign haben uns bereits sehr gut gefallen. Wer sich nicht schnell von zu hoher Schwierigkeit abzuschrecken ist und auf Erkundung steht, sollte dem Game im Winter eine Chance geben.
Das war unser kleiner Überblick über drei PS Vita-Titel, wir auf der Messe anspielen konnten bzw. ansehen (Frozen Synapse Prime) konnten. Schreibt ruhig in die Kommentare, was ihr von den Spielen denkt. Uns würde interessieren, ob ihr neues Spielefutter für eure Vita gefunden habt. Es wird auch noch einige mehr Artikel von der gamescom in den nächsten Tagen kommen. Aufgrund von Terminflut, nächtlicher Abreise und unserer dementsprechender Verfassung ist bislang noch nicht so viel gekommen, aber glaubt uns da kommt noch so einiges und es würde uns freuen, wenn ihr reinschaut.