Loading...
Test

Im Test: Leisure Suit Larry – Wet Dream Don’t Dry

Seit 31 Jahren ist der schmierige Casanova Larry Laffer in der Videospielwelt unterwegs. Ob sein Reboot zeitgemäß ist, erfahrt ihr im XTgamer-Test.

Das 14. Spiel in der Leisure Suit Larry-Reihe Wet Dreams Don’t Dry transportiert die Kultpersona ins 21. Jahrhundert. Dort setzt auch die Story an: Larry wird direkt aus dem Jahr 1987 in die Gegenwart in das US-Modelstädtchen New Lost Wages katapultiert und muss sich mit neuen Technologien wie Smartphones, Künstlicher Intelligenz (KI) und Sozialen Netzwerken auseinandersetzen. Auch die Gesellschaft hat sich verändert. Die Hamburger Entwickler CrazyBunch hätten dabei einen einfachen Weg einschlagen können und Larry der politischen Korrektheit entsprechend anpassen können. Das ist aber, da können wir Fans der Serie beruhigen, nicht der Fall. Larry ist noch ganz der alte und hält sich mit Sprüchen, die unter die Gürtellinie gehen, nicht zurück. IM Gegensatz zu den Vorgängern ist die Welt von Wet Dreams Don’t Dry allerdings wesentlich offener gegenüber allen Richtungen der Sexualität, was sich in dem bunten Ensemble an Charakteren wiederspiegelt.

Story

Doch um was geht’s eigentlich in Wet Dreams Don’t Dry? Larry macht es sich zur Aufgabe, die Chefin des klinisch weißen Technologiekonzerns Prune – wirklich keine Verbindung zu Apple – zu daten. Die erfolgreiche Geschäftsfrau geht aber nicht mit jedem aus und verlangt von Laffer, dass er mindestens einen Timber-Score von 90 aufweisen muss. Fortan steigert Larry seine Punktzahl in der Dating-App, in dem er den Einwohnern von New Lost Wages Gefälligkeiten erweist und dabei auch die ein oder andere Dame bezirzt. Da wäre zum Beispiel ein zerstrittenes Pärchen, von dem ein Teil sich seine homosexuelle Orientierung partout nicht eingestehen will. Larry ist da gerne zur Stelle und versucht die Liebenden wieder zu vereinen. Ein Camgirl hat wiederum das Problem, das ihr Zimmer nicht stimmungsvoll genug ausgestattet ist und auch hierfür hat der Protagonist die passende Lösung parat. Insgesamt gibt es allerdings nur eine Handvoll Frauen, mit denen Larry anbandeln kann. Am Ende jedes Kapitels folgt eine kurze Sequenz, die wie eine Instagram-Story inszeniert wird. Der Service ist sogar wie Tinder im Spiel vorhanden und hört auf den Namen Instacrap.

Die übergreifende Handlung wird in Form von Zwischensequenzen in Spielgrafik erzählt. Sie handelt von den dubiosen Machenschaften von Prune rund um den Launch ihres neuen Smartphones Pi-Phone. Diese Szenen sind angenehm kurz, motivieren aber dazu mehr herauszufinden und mehr von den zahlreichen Seitenhieben an aktuelle Konzerne und Phänomene zu erleben. Fitness-Sucht, Dating-App-Wahnsinn, Self-Made-Food-Wahn, Marken-Zwang, Politik als Showbusiness – Wet Dreams Don’t Dry kokettiert auf intelligente Weise den derzeitigen Zeitgeist. Die Dialoge haben zudem Witz, die Charaktere Tiefe und von Charakterentwicklung ist selbst bei Herrn Laffer gehörig etwas zu merken, ohne die Figur zu verunstalten und Fans vor den Kopf zu stoßen. Die Cortana nachempfundene KI sorgt zudem für einige fantastische Pointen und hätte unserem Empfinden nach ruhig noch etwas mehr Screen-Time bekommen können.

Gameplay

Leisure Suit Larry: Wet Dreams Don’t Dry ist ein klassisches Point’n’Click-Adventure. Per Mausklick nehmen wir eine unbegrenzte Anzahl an Gegenständen auf und sprechen andere Figuren an. Genreüblich gilt es oft mehrere Items zu kombinieren, um etwa im Sexshop eine Attrappe des Einhornschädels zu bauen, um diesen für ein eigenwilliges Cosplay-Date zu zweckentfremden. Die von Beate Uhse inspirierte Leiterin des Geschäfts bastelt derweil munter weiter an einem Sex-Spielzeug, das euch verblüffen und von euch in einer ungewöhnlichen Weise eingesetzt werden wird. Zwar gibt es stets nur ein richtiges Item, das den gewünschten Effekt bewirkt und die Kombinationsmöglichkeiten sind aufgrund der schieren Masse an Gegenständen, die Larry mit sich rumschleppt recht groß, selten knobelt man aber so lange an einem Rätsel, dass es frustrierend werden würde.

New Lost Wages ist eine Mischung aus verschiedenen US-Großstädten. Der Strip, an dem sich eine Mischung aus Starbucks und Bioladen, der Sexshop und das Fitness-Studio befinden, ist klar von Las Vegas inspiriert worden, während im Hintergrund stets das angestrahlte phallusartige Prune-Gebäude am Firmament sichtbar ist, ähnlich dem Griffith Observatory in L.A. Am Strand findet ihr einen Vergnügungspark wieder und dürft zusätzlich auch einen Rock-Schuppen mit einem besonderen VIP-Bereich und sogar einem Darkroom betreten. Für Serienkenner ist allerdings direkt die erste Lokalität der Höhepunkt: Leftys Bar. Der alte Haudegen braut nach wie vor sein traditionelles Bier, auch wenn Larry ihm diesmal dabei unter die Arme greifen muss. Schön: Wir können auf der Straße jederzeit ein Unter rufen und werden in wenigen Sekunden zum nächsten Schauplatz befördert. Das ist aber auch bitter nötig, denn es geht ständig von einer Location zur nächsten. Auch wenn am Ende eine Überraschung auf euch wartet hat man schnell ganz New Lost Wages gesehen. Wir hätten uns etwas mehr Locations gewünscht, die so pfiffig inszeniert sind, wie die vorhandenen Areale.

In den vollständig deutsch vertonten Dialogen könnt ihr optional mehr über die Charaktere erfahren. Wer allerdings lediglich die Hauptgeschichte erleben will, muss sich damit nicht aufhalten. Jedes Gespräch dient aber letztendlich der Fortführung der Handlung. Recht viel Entscheidungsmöglichkeiten habt ihr also nicht. Richtige Nebenaufgaben sucht man ebenfalls vergeblich. Mit einer Spielzeit von knapp zehn Stunden bietet Wet Dreams Don’t Dry ausreichend Futter für Adventure-Fans.

Die Steuerung mit Maus und Tastatur klappt gut. Betätigt ihr das Mausrad, könnt ihr am oberen Bildschirmrand eure Items ansehen bzw. benutzen. Da ihr wie bereits erwähnt sehr viele Sachen sammelt, müsst ihr zuweilen mehrfach auf Pfeile, die euer Inventar verlängern, klicken. Das hätte man etwas eleganter lösen können. Noch dazu öffnet sich Larrys Smartphone, mit dem ihr eure aktuellen Timber-Matches checken, die letzten Instacrap-Storys nochmals ansehen und ein Unter rufen und damit die Oberweltkarte aufrufen könnt. Das Point & Click-Gameplay wird durch Minigames wie eine Variante des Spielhallenklassikers Tapper auf gelungene Weise aufgelockert.

Technik

Die Umgebungen in New Lost Wages wurden detailliert modelliert und den Charakteren wurde auch visuell viel Liebe zum Detail geschenkt. Wir lehnen uns so weit aus dem Fenster zu sagen, dass es bislang kein schöner anzusehendes Leisure Suit Larry-Abenteuer gegeben hat. Das Spiel sieht wie aus einem Guss aus, bietet aber auch Abwechslung. Ist man draußen unterwegs, ist die Spielwelt stets in violette Töne getaucht, der Strand ist realitätsgetreu voller Müll. Im Prune-Turm hingegen ist alles auf Hochglanz poliert und ein steriles Weiß herrscht vor. Das derzeit PC- und Mac-exklusive Game ist sehr genügsam mit seinen Hardware-Anforderungen und bietet ein flüssiges Spielerlebnis. Der Soundtrack wurde sehr gut auf die einzelnen Schauplätze abgestimmt und die deutsche Sprachausgabe ist durchweg hochwertig. Medienaffine freuen sich über Gastauftritte von Uke Bosse & mehr.

Fazit

Mit Leisure Suit Larry: Wet Dreams Don’t Dry ist es den Hamburgern von CrazyBunch gelungen, die Videospielikone Larry Laffer stilvoll aus den 80ern in das 21. Jahrhundert zu hiefen. Darüber hinaus ist Wet Dreams Don’t Dry ein motivierendes Adventure mit spannender Handlung, illustren Charakteren und einer stimmigen Spielwelt. Wir hätten uns lediglich mehr Schauplätze innerhalb New Lost Wages und mehr Dates für Larry gewünscht. Langeweile kommt allerdings aufgrund der unterhaltsamen Dialoge selten auf. Wer also mit Larry groß geworden ist, der sollte Wet Dreams Don’t Dry in jedem Falle spielen. Neulinge können sich anhand unseres Let’s Plays ansehen, ob das Spiel etwas für sie ist (s.o.). Nach dem geglückten Reboot hoffen wir auf weitere Larry-Abenteuer und hoffen nicht all zu lange darauf warten zu müssen.