Psycho-Pass: Sinners of the System bietet drei actiongeladene Kriminalfälle rund um das Sybil-System und die Ermittler des Amts für Öffentliche Sicherheit.
Gleich vorneweg: Die Case Files sind weiterführende Erzählungen des Systems um „Sybil“, welches eine Art Gesetzvollziehungsorganisation darstellt, um Kriminalität im 22. Jahrhundert in Japan zu bekämpfen. Es wäre somit anzuraten, vorher mindestens die erste und zweite Staffel von Psycho-Pass inklusive des Films gesehen zu haben, um Hintergrundinformationen zu verstehen. Die Filme werden nämlich auf Begriffe und Eigenarten des Psycho-Pass-Universums nicht weiter eingehen.
Auch die Charaktere, welche darin vorkommen, haben sich weiterentwickelt, dies jedoch zum Teil leider off-screen, sodass man kaum versteht, wieso sie letztendlich anders auf ihre früheren Kollegen reagieren als zum Beispiel in Staffel 2.
Die Handlung des ersten Filmes geht jedoch nicht wie eventuell erhofft um Inspektorin Tsunemori – der Hauptcharakter aus Staffel 1 und 2 –, sondern um Mika Shimotsuka, welche in Staffel 2 neu zum Team dazu gestoßen ist.
Februar, Jahr 2117, Mika ist mittlerweile drei Jahre in ihrem Beruf und versucht noch immer auf ihre Art und Weise, eine bessere Inspektorin als Akane zu sein. Und man kann schon in der Anfangsszene erkennen, dass sie mittlerweile mit den gegebenen Umständen besser klar kommt, als noch in der TV-Serie.
Während ihrer Nachtschicht bekommt sie den Auftrag, eine Latent Kriminelle auf der Hochstraße zu stoppen. Als die Frau nach der Kollision der Sicherheitsdronen und einer Straßenbarriere das Auto verlässt, merkt man sofort, dass etwas nicht in Ordnung zu sein scheint. Sie stellt sich den Behörden des Amtes für öffentliche Sicherheit ohne weiteres, wirkt verwirrt und unfähig, vollständige Sätze zu formulieren. Es stellt sich sehr schnell heraus, dass mehr hinter dem Raser steckt, als ursprünglich angenommen.
Dank Akane Tsunemori führt Mikas Reise samt zwei Vollstreckern nach Aomori zu der Isolationseinrichtung für Latente Kriminelle, welche ein scheinbares Paradies unter dem Namen „The Sanctuary“ darstellt.
Akane dagegen, die in der Welt von Psycho-Pass mittlerweile die Rolle des Beobachters für den eigentlichen Beobachter angenommen hat, stellt sicher, dass dem Team Unterstützung für den Notfall bereitsteht. Vor allem da ihr durch ihre mehr oder weniger zufällig erworbene Rolle die Hände gebunden sind, um tiefere Untersuchungen gegen das Sybil-System einzuleiten. Wer mehr wissen will, sollte die Serie wohl spätestens jetzt anfangen.
Sinners of the System Case 1 dient weitgehend dazu, Mikas Einstellung zu dem System und ihren Teamkollegen zu erläutern. Es wird sehr schnell klar, dass sich einiges in ihrer Einstellung und Herangehensweise im Beruf geändert hat. Vieles davon positiv.
Vor allem dient dieser Fall dazu, Mikas Betrachtung in Sachen Latenter Krimineller und auch des Sybil-Systems zu beeinflussen.
Etwa eine Stunde müsst ihr für einen der drei Filme einplanen, in denen I. G. Productions einen wieder einmal in das Zukunftssetting versetzt. Wie schon in der Serie sind alle Charaktere und deren Rollen klar zu erkennen. Im Gegensatz zu Staffel 2 gibt es kaum stilistische Diskrepanzen oder Abweichungen.
Sinners of the System Case 2:
Der zweite Film dreht sich um Vollstrecker Teppei Suo, der in der zweiten Staffel zum Team dazugestoßen ist. Zum damaligen Zeitpunkt im Sommer 2112 war er immer noch Soldat einer Luftkampfeinheit des Sybil-Systems und unter dem Codenamen „First Guardian“ bekannt.
Wem es hier nicht aufgefallen sein sollte, dieser Film spielt tatsächlich vor der ersten TV-Staffel von Psycho-Pass. So sind selbst Shusei Kagari, Shinya Kogami, Aoyanagi und Ginoza wieder mit dabei und es wird noch einmal sehr auf die einzelnen Charaktere eingegangen.
Im Hauptfokus liegt jedoch eine Art Militärverrat, der die Wahrheit über die Operation „Footstamp“ ans Licht bringt.
Auch wenn dieser Film als Pseudo-Prequel verstanden werden kann, sollte man ihn auf keinen Fall vor Staffel 1 und 2 sehen, denn so würden viel zu viele Informationen verloren gehen.
Sinners of the System Case 3:
Der Film spielt nach den Geschehnissen der Südost-Asiatischen Union aus dem Kinofilm und dreht sich weitgehend um die Ereignisse, die Shinya Kogami erlebt hat, welche sich in SS fortführen. Passend dazu ändern sich ebenfalls wieder die Anfangs- und Endsequenzen zurück zu den Season 1-Varianten, wenn auch als Remix.
Kogami wird auf seiner Reise nach Tibet bei einer Pause auf einen abprallenden Schuss aufmerksam, welcher ihn abermals in einen Plot verwickelt, dessen Ausmaße weit größer sind als zuerst gedacht. Wieder einmal ist es ihm unmöglich, dem sich immer weiter ausbreitenden Sybil-System zu entkommen.
Auch wenn es generell interessant ist, die alten Charaktere noch einmal zu sehen und mehr über sie zu erfahren, gibt es das Problem, dass der Schreiber Ubokata Tow (unter anderem bekannt für die Light Novel Mardock Scramble) sich generell zu sehr auf Charaktererzählung und -ausbau fokussiert. Dies kann etwas sehr Positives sein, jedoch leidet schon wie in Psycho-Pass Staffel 2 der eigentliche Hauptplot sehr darunter. Intelligent versteckte Hinweise auf Plotverläufe wie bei Staffel 1 und dem Film sucht man hier vergebens.
Viele der genutzten CG-Hintergründe sind wenig störend und sehr gut eingebracht. Generell muss man meist genauer hinsehen oder schon ein Auge dafür entwickelt haben, um bei den schnelleren Szenenwechseln etwas zu finden, das einem nicht zusagt.
I.G. Productions hat sich sehr bemüht, die Zuschauer visuell in ein glaubwürdiges Setting zu versetzen. Und auch wenn die gezeichneten Figuren dabei etwas herausstechen, merkt man sehr deutlich, wie viel Arbeit das Animations- und Planungsteam investiert hat. Von den schneebedeckten Hakkoda-Bergen über herkömmliche Straßen bis hin zur Durchsuchung in einem Apartment bei Sonnenuntergang und den üblichen futuristischen Technologien sowie von Neonröhren beleuchteten Gassen ist alles dabei. Gerade in der futuristischen Variante von Tibet hat man versucht, alles farbenfroh und lebendig zu gestalten, um einen starken Kontrast zwischen Kogamis Reisen und dem Sybil-System zu schaffen.
Auch in Sachen Synchronisation hat sich das Tonstudio sehr viel Mühe gemacht, allerdings konnte man gerade beim zweiten Film ab und an bemerken, dass die Aussprache einiger Worte nicht vollkommen klar war und zwischen den Soundeffekten des Films etwas unterging. Zum Glück ist dies selten der Fall, denn viele Dialogszenen finden meist ohne großartige Geräuschkulissen statt.
Es ist natürlich schwer, mit dem japanischen Originalton mitzuhalten, wenn dieser aus einer sehr starken Zusammenstellung von Berühmtheiten wie Kana Hanazawa (Akane Tsunemori), Ohara Sayaka und dem jetzt leider verstorbenen Kinryu Arimoto (Masaoka) besteht. Jedoch machen die deutschen Sprecher, darunter Axel Lutter und Felix Spieß als Masaoka und Ginoza sowie Silke Matthias als Risa Aoyanagi, generell einen guten Eindruck.
Das deutsche Skript glänzt dagegen etwas weniger, denn es kann die Balance zwischen autoritären Personen, den persönlichen Dialogen und Anredeformen nicht halten. Es stört etwas, wenn zum Beispiel ein Vorgesetzter von einem generell respektablen und höflichen Charakter während der Arbeitszeit sehr persönlich mit „Du“ angesprochen wird – und das auch noch vor allen Kollegen. Und das, obwohl das Studio und die Lokalisation generell einen klaren, verständlichen deutschen Ton halten möchte. Überraschend war es trotz alldem auch noch japanische Verniedlichungsformen und Ansprecheigenarten vorzufinden, wie zum Beispiel -kun, -san und -chan.
Fazit
Wer Psycho-Pass als TV-Serie schon mochte, wird hier durch viele Nebeninformationen auf seine Kosten kommen. Die drei Filme erreichen nicht ganz die Qualität der ersten Staffel oder des Kinofilms, sind aber dennoch sehenswert.
Leider werden es Neueinsteiger schwer haben, die noch nicht mit dem Material vertraut sind und im Gegensatz zu Staffel 1 ist es auch relativ schwierig zu sagen, dass die Filmreihe allein Lust auf mehr macht. Dazu sind die Informationen zu selektiv gewählt und werden zu schnell und verwirrend für Erstseher abgehandelt. Jedoch bieten sie eine gute Basis für die dritte Staffel und werden dem einen oder anderen Fan sicherlich ein Lächeln abringen können. Auch die Fans, die einfach mehr über Shinya Kogami erfahren wollen darüber, und was mit ihm passiert ist, sind mit S1, dem Kinofilm und Sinners of the System Case 3 gut bedient.
Die gesamte Serie ist weiterhin nichts für zart besaitete Menschen: Wer mit Blut, Gedärmen und platzenden Menschen sowie Massakern und diversen skrupellosen Tötungsmethoden nicht klar kommt, der sollte eventuell lieber auf die Serie verzichten. Allen anderen kann man sie nur empfehlen, vor allem mit etwas größeren Pausen zwischen den einzelnen Werken. Es ist immer noch interessant zu sehen, wie die Zukunft eines voll automatisierten Gesetzessystems einmal aussehen könnte.
Abschließend haben wir noch einen kleinen Tipp für alle, die gerne die Reise von PP in der unserer Meinung nach bestmöglichen Reihenfolge verfolgen wollen:
Staffel 1 -> Staffel 2 -> Psycho-Pass, der Kinofilm -> Sünder des Systems/Sinners of the System und dann schließlich Staffel 3.