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Im Test: Gran Turismo 7 – Der Real Driving Simulator?

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Gran Turismo feiert in diesem Jahr sein 25-jähriges Jubiläum. In unserem Test erfahrt ihr, ob Gran Turismo 7 wie beworben der “Real Driving Simulator” geworden ist.

Gran Turismo begeistert Fans seit vielen Jahren und die Entwickler brennen sichtlich für Automobile und Motorsport. Gran Turismo 7 ist dabei keine Ausnahme: Sobald wir das erste Menübuch im Café des Spiels aufschlagen, durchblätten wir für den Rest des Spiels ein gigantisches digitales Automobillexikon. In jeder neuen Karte erfahren wir mehr über Automarken wie Ford, Ferrari und BMW oder aber bestimmte Rennklassen wie Pick-up Trucks, Tourenwagen oder Rally.

Fans des Genres können, was diesen Aspekt anbelangt, bedenkenlos zugreifen, denn mit der Masse an Autos und dem hohen historischen Detailgrad in Gran Turismo 7 kann kein Mitbewerber mithalten. Hinzu kommt, dass die Autos grandios in Szene gesetzt werden, auf Wunsch im Scapes-Modus sogar von euch selbst an zahlreichen Orten auf der ganzen Welt – Postkartenmotive sind vorprogrammiert. Auf der PS5 kommt ihr in den Genuss von Ray Tracing, das die Spiegelungen in den Rennwiederholungen, in den Café-Sequenzen und im Fotomodus noch realistischer darstellt. Die Unterschiede zwischen der PS5- und der PS4-Version könnt ihr in dem unten stehenden englischsprachigen Multiplayervideo selbst in Augenschein nehmen. Die Güte des Netcodes schwankt stark, je nach eurem Standort und eurer Internetbandbreite. Während die Autos unglaublich detailliert dargestellt werden, wirken die Umgebungen oft leblos und leer. Die Norschleife, die wir in GT7 in ihrer Gänze befahren dürfen, ist eine der wenigen Ausnahmen. Hinzu kommen GT-Dauerbrenner wie Trial Mountain, Tokyo Expressway und Laguna Seca sowie F1-Kurse wie Spa-Francorchamps, Barcelona und Monza. Was zählt ist auf dem Asphalt und dort macht Gran Turismo 7 derzeit eine weniger gute Figur.

Die Spielmechanik erinnert an vergangene Gran Turismo-Teile, doch das ist aufgrund der Weiterentwicklung im Genre mehr ein Rückschritt als eine Besinnung auf alte Tugenden. Der “Real Driving Simulator” fühlt sich im Vergleich zu Spielen aus der DiRT-Reihe und Sim-Racern wie Assetto Corsa und iRacing wie ein Arcade-Rennspiel an. Jede Rennklasse unterscheidet sich allerdings spürbar voneinander. Das haptische Feedback und die dynamischen adaptiven Trigger des PS5-DualSense-Controllers werden auf gelungene Art und Weise genutzt, anders als etwa in F1 2021, in dem die Vibrationsmotoren deutlich überstrapaziert werden. Das Fahrverhalten jedes Autos scheint hingegen wie die Lotterietickets, die ihr im Laufe des Spiels gewinnt, eine Überraschungskiste zu sein. Mal erwischt ihr ein Auto mit gutem Handling, mal eines mit Wendekreis eines LKWs – ja, du bist gemeint, Ford Mustang. Sobald man jedoch das ideale Auto zum eigenen Fahrstil gefunden hat, spielt Gran Turismo 7 seine wahren Stärken aus, insbesondere in Kombination mit dem einzigarten dynamischen Wettersystem. Auf Suzuka kann es uns passieren, dass die Start-/Zielgerade trocken ist und wir uns auf dem Overpass mit starkem Aquaplaning herumkämpfen müssen. Der Tag-/Nachtwechsel führt zu realitätsnäheren Langstreckenrennen, die auf Wunsch auch im Split-Screen oder online ausgetragen werden können.

Polyphony Digital gibt den Spielern zwar eine Menge Anpassungsoptionen für die Autos an die Hand, erklärt sie aber unzureichend bis gar nicht. Eure Experimentierfreudigkeit ist also gefragt. Nach und nach schaltet ihr durch das Erfüllen von Café-Menübüchern und das Steigern eures Sammlerlevels neue Tuningteile frei und steigert die Leistungspunkte eures Autos, das macht die Rennen aber nicht realistischer. Das Spiel bietet euch hunderte von Lackierungen, sogenannte Styles, die von Spielern erstellt und online geteilt werden können. So könnt ihr im Handumdrehen ein aktuelles Formel 1-Rennen oder einen Le Mans-Klassiker nachstellen.

Das perfekte Beispiel für die unzureichenden Spielmechaniken sind die Rally-Rennen. Offensichtlich wurde Gran Turismo 7 nicht mit Rally-Rennen im Hinterkopf designt. Warum die Entwickler es für eine gute Idee gehalten haben, sie trotzdem zu integrieren, ist uns ein Rätsel. Selbst mit bestmöglicher Optimierung kämpft ihr mit Müh und Not damit, euer Auto auf den Schotter- und Matschpisten zu halten, und versucht Sprünge um jeden Preis zu vermeiden. Es ist beruhigend, aber auch belustigend zu sehen, dass auch die Künstliche Intelligenz (KI) ihre Probleme hat, das Vehikel auf der Strecke zu halten. Wir fragen uns, ob die Entwickler dieses Feature überhaupt vorher getestet haben. Hier wirkt GT7 im Vergleich zu den DiRT-Spielen wie ein Arcade-Rennspiel.

Die KI stellt euch vor keine all zu großen Herausforderungen. Den Unterschied zwischen Sieg und Niederlage macht meist nicht euer fahrerisches Geschick, sondern die Leistungspunkte eures Autos. Die KI kämpft oftmals nicht wirklich um Positionen und lässt sich einfach ohne Bestrafung von der Strecke drücken. Die Entwickler versuchen euch daran zu hindern, indem sie euch für makellose Rennen einen Bonus ausschütten, aber das dient letztendlich nur beinharten Sammlern als Ansporn und ändert nichts an der Schwierigkeit der Rennen.

Die Menge an Credits, die ihr für absolvierte Rennen erhaltet, wird seit Wochen kontrovers diskutiert. Zwischenzeitlich machte es den Anschein, dass Spieler mit Nachdruck zur Kasse gebeten werden, um sich alle Autos im Spiel mit Echtgeld zu kaufen. Die Legendären Autos sind nur zeitlich begrenzt verfügbar. Die Entwickler haben auf die Kritik der Spieler reagiert und so belohnt euch das Spiel insbesondere ab der zweiten Spielhälfte mit mehr Credits und lässt euch insgesamt mehr Credits verwalten. Nach wie vor ist der Grindfaktor allerdings enorm hoch. Die Legendären Autos wie der kosten Ferrari 250 GTO ’62 bis zu 20 Millionen Credits.

Fazit

Gran Turismo 7 verpasst die Chance, eine allumfassende Rennsimulation zu sein. Präsentation, Umfang und Leidenschaft für das Automobil, die das Spiel an jeder Ecke versprüht, sind über nahezu jeden Zweifel erhaben, doch die Spielmechanik und das Belohnungssystem schrecken uns derartig ab, dass wir das Spiel erst wieder starten wollen, sobald Polyphony Digital diese Probleme behoben hat. Wir hoffen inständig, dass die kommenden Updates das Spiel in einen Status versetzen, in dem es seiner Ambition gerecht wird. Die Schwächen von Gran Turismo 7 kommen vor allem in der späteren Phase zum Tragen. Neueinsteigern empfehlen wir, die weitere Entwicklung des Spiels und ggfs. einen Rabatt abzuwarten. Allen Automobil- und Motorsporenthusiasten, die über die genannten Schwächen hinwegsehen können, können wir den Kauf empfehlen.

Francesco und Patrick haben Gran Turismo 7 auf der PS4 und PS5 getestet. Grundlage war eine Vorabversion sowie alle Updates bis v1.11. Sony hat uns diese Versionen zur Verfügung gestellt.