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Test

Im Test: Alan Wake

Pünktlich zur heutigen Veröffentlichung der PC-Version von Alan Wake im stationären Handel präsentieren wir euch unseren Test zum psychologischen Thriller und fühlen dem Autor einmal auf den Zahn.

Alan Wake ist ein Autor, der sein neues Buch eigentlich schon vor sechs Jahren abliefern wollte. Geplant für Windows Vista und mit Open-World-Zügen erlebten dann letztendlich nur Xbox 360-Spieler 2009 das nun lineare Abenteuer. Doch heute ist der Tag, an dem jeder den Krimi selbst erleben kann – und dabei ist es egal, welches Windows-Betriebssystem auf eurem Rechner schlummert.

Das Actionspiel startet direkt mit einem regelrechten Albtraum: Der brünette Alan findet sich alleine in einem entlegenen Wald wieder. Nur er und seine Taschenlampe. Schon bald würde er sich nur sehnlich wünschen tatsächlich alleine zu sein. Ein Mann mit dem Wunsch mit seiner Axt des Schriftstellers Kopf zu spalten verfolgt ihn jetzt. Eine seltsame Dunkelheit umgibt den Mann, die ihm Schutz vor Kugeln liefert und ihn mit superschnellen Reflexen ausstattet.

Doch das Licht ist auf unserer Seite. Ein greller Schein weist uns den Weg und gibt uns den Tipp, den verrückt brabbelnden Übeltäter mit der Taschenlampe anzustrahlen, um ihn dann mit Pistolenkugeln verwunden zu können.

Wenn das Licht unser Verbündeter ist, ist der nahe gelegene Leuchtturm bestimmt eine sichere Zuflucht. Kam sind wir auf der verlassenen Straße angekommen, an deren Wegesrand ein überdimensionales Werbebanner zu Alans aktuellem Buch prangert, scheint sich die Dunkelheit gegen uns verschworen zu haben und rollt unaufhörlich auf uns zu. Angekommen im Leuchtturm flüstert uns eine verzerrte Stimme zu aufzuwachen.

This would make a wonderful location for a book

So beginnt die erste aus insgesamt acht Episoden von Alan Wake. Die Stimme unseres Weckers gehört Alice, Alans Frau. Sie sind gerade auf einer Fähre unterwegs nach Bright Falls. Die von endlosen Fichtenwäldern und merkwürdigen Einwohnern beheimatete Region liegt im pazifischen Nordwesten der USA. Das Ehepaar ist in diese entlegene Gegend gefahren, um zu entspannen.

Im örtlichen Diner trifft Alan schon auf seinen ersten Fan. Die Kellnerin hat eine lebensgroße Pappfigur von Alan im Restaurant aufgestellt und himmelt Alan regelrecht an. Viele der Charaktere, die wir hier das erste Mal zu Gesicht bekommen, spielen wichtige Rollen in der Story des Spiels und wir haben sie nicht zum letzten Mal gesehen. Das gilt auch für die dunkel gekleidete alte Dame, die uns den Schlüssel zur falschen Hütte gibt.

Damit nimmt alles seinen Lauf: Angekommen auf der kleinen Bird Leg Cabin auf der Insel Diver’s Isle, die sich auf dem riesigen See Caldron Lake befindet, bricht ein Streit zwischen Alan und Alice aus. Sie möchte, dass er wieder ein neues Buch schreibt und an seine alten Erfolge anknüpft. Alan ist dagegen ganz anderer Meinung und flüchtet in die Dunkelheit, um einen klaren Kopf zu bekommen.

Als er sich langsam beginnt zu entspannen, hört er einen entsetzten Schrei von Alice. Kaum ist er zurück im Inneren der Hütte, sieht er, dass etwas Alice mitsamt dem Balkon aus den Gebäude in den tiefen, schwarzen See gezogen hat. Ohne zu zögern springt er hinter ihr her und das Abenteuer beginnt.

Der weitere Verlauf der Handlung ist voller überraschender Wendungen und Wake kann bald nicht mehr zwischen der Realität und seinen von besessenen Menschen bevölkerten Träumen unterscheiden. Die Geschichte wird durch Manuskriptseiten weitergesponnen, die Alan auf seiner Suche nach Alice findet und die anscheinend von ihm selbst geschrieben wurden. Sie sind in wirrer Reihenfolge, offenbaren aber entweder etwas, das er gerade erlebt hat, oder, was ihm noch bevorsteht.

Neben der spannenden Story haben die finnischen Jungs und Mädels von Remedy (Max Payne, das seit dieser Woche glücklicherweise in Deutschland nicht mehr indiziert ist!) auch gleichzeitig glaubwürdige Charaktere erschaffen. Dazu zählen zum Beispiel Alans bester Freund und Literaturagent Barry Wheeler, der voll von trockenen Witzen ist, und die beiden sympathischen ehemaligen Gitarristen der 70er Jahre-Band Old Gods of Asgard.

Hinter der hervorragenden Musik der beiden Oldies steckt übrigens die finnische Rockgruppe Poets of the Fall, die einige der Songs zum hervorragenden Soundtrack hinzusteuern und auch einen Gastauftritt in einer der eigens für das Spiel produzierten Realfilm-TV-Shows haben. Darunter ist neben einer Talkshow, in der auch das Körpermodel von Alan Ikka Villi und der Autor des Spiels Sam Lake ihr Stelldichein geben, eine klar von Twin Peaks inspirierte Mystery-Show Night Springs, deren wirre Episoden mit dem Alan Wake-Universum verwoben ist.

Apropos Episoden: Alan Wake ist wie eine moderne Thriller-Fernsehserie aufgebaut. Das Spiel ist in verschiedene Episoden eingeteilt, die ganz im Stil von Filmklassikern auch Unterbrechungen haben, in denen die hervorragende lizenzierte Musik (von Roy Orbison über Muse und Nick Cave bis hin zu Depeche Mode) gespielt wird. Zu Beginn jedes Kapitels werden sogar wie in einer US-TV-Shows die Geschehnisse der letzten Episode zusammengefasst.

Kämpfe, Kämpfe, Kämpfe

Doch natürlich ist in Alan Wake im Gegensatz zu etwa einer Visual Novel auch jede Menge Gameplay vorhanden. Zu meist streunert ihr durch dicht Wildwuchs und müsst in düsteren Wäldern gegen die Besessenen kämpfen.

Neben den mit Äxten und Messern ausgestatteten Standardgegnern, die meist irgendwelche Holzfäller sind, schmeißt euch das Spiel auch besonders schnelle oder besonders starke Feinde entgegen. Diese können dann auch schon einmal mit einer Motorsäge auf euch losstürmen [Insert: Resident Evil 4 Flashback]. Apropos entgegen werfen: Da der ganze Gedankenstrudel von Alan immer verrückter wird, werden auch Objekte auf euch zugeschleudert.

Die Dunkelheit kämpft nämlich nicht direkt gegen euch, sondern manipuliert die Umgebung. Als das erste Boot direkt vor unserer Nase landet müssen wir trotz all der schaurigen Atmosphäre, die Remedy exzellent erzeugt, aufgrund der Abstrusität erst einmal laut loslachen.

Bosskämpfe dürfen natürlich in einem modernen Actiontitel nicht fehlen. Das sind neben den Charakteren, die die Dunkelheit zu ihrer Gunst nutzt, auch gefährliche Schaufelbagger, Mähmaschinen, Rennautos oder ein ganzer Tornado aus Gegenständen. Selbst eine einfache Tonne oder Couch wird ganz schnell zu einem gefährlichen Wurfgeschoss. Hierfür empfehlen sich neben dem für kleinere Gegner gedachten Equipment (Taschenlampe, Pistole, Jagdgewehr) auch Leuchtfackeln, Blendgranaten und Leuchtpistolen. Neue Gegenstände bekommt ihr regelmäßig in roten Notfallboxen oder an Geheimverstecken, an denen eine mysteriöse Person ständig neuen Vorrat für euch bunkert und Wände mit Zeichen bekritzelt, die nur mit einer Taschenlampe zum Vorschein kommen.

Sprechen Taten wirklich lauter als Worte?

Doch auch außerhalb der schon etwas repetitiven normalen Kämpfe gibt es Abwechslung. In Pick-ups plätten wir die verschrobenen Einwohner, in einer Lore verteidigen wir uns gegen böse Krähen und eine Inception-mäßig rollendes Haus müssen wir auch überwinden. Langeweile kommt nie auf und besonders die am PC enthaltenen, auf der Xbox 360 seperat zu zahlenden DLCs fügen nochmal einige frische Ideen hinzu. So ist es beispielsweise unsere Aufgabe unterschiedliche Begriffen mit unserer Laterne anzustrahlen, um das entsprechende Objekt erscheinen zu lassen. So sind auch manche der Sprung- und Balancepassagen gestaltet, die in gesundem Maße vorhanden sind.

Dass der spielbare Schauer-Thriller ursprünglich mit einer völlig offenen Spielwelt geplant war, merkt man Alan Wake an allen Ecken an. Gilt es die Aussichtsplattform Lover’s Peak zu erreichen, so sehen wir diese schon von Weitem. Aufgrund des episodenhaften Erzählstiles entschied sich Remedy doch für eine lineare Spielmechanik, die aber mit der offen dargestellten Region erstaunlich gut harmoniert.

Remedy gibt offen zu, ein Sammelsurium an Popkulturreferenzen in Alan Wake verwendet zu haben. Da wären die gefährlichen Krähen aus Hitchocks Die Vögel, der an Twin Peaks erinnernde Soundtrack oder eine von der slawischen Mythologie inspirierten Hexe. Das komplette Szenario mit dem gebrochenen Schriftsteller als Protagonisten könnte direkt aus einem Roman von Stephen King stammen. Trotzdem haben es die Nordeuropäer geschafft, dem psychologischen Action-Thriller ihren eigenen Stempel aufzudrücken – toll!

Kein technischer K.O.

Die PC-Umsetzung von Alan Wake wurde unter Remedys Argusaugen vom finnischen Entwicklerstudio Nitro Games übernommen. Bei den grafischen Einstellungen kann neben Kantenglättung und Umgebungsweite endlich das von vielen Xbox 360-Spielern geforderte Field of View (FoV) angepasst werden, das einen breiteren Bereich darstellt. Das ist am PC auch ein Muss, da die konsolenüblichen 70 Grad einfach zu wenig sind. Maximal kann man hier 120 Grad einstellen, allerdings nur mit einem Schieberegler, der die Werte nicht anzeigt – ohne Worte. Nvidias 3D Vision 2 wird ebenfalls unterstützt.

Grafisch sieht man Alan Wake sein Alter schon beizeiten etwas an. Die Figuren sehen außerhalb der toll inszenierten Zwischensequenzen sehr lebensarm aus. Ansonsten ist die PC-Version mit höher aufgelösten Texturen schon ganz schick.

Das Sounddesign überzeugt über alle Maßen. Die Dunkelheit jagt einem einen regelrechten Schauer über den Körper. Dass die Sounds ursprünglich aus Babygeschrei und Katzenmiaue gemixt wurden, tut da gar nichts zur Tatsache! Der melancholische, orchestrale Soundtrack von Petri Alanko unterstreicht die Atmosphäre zu jeder Zeit perfekt und ist glücklicherweise in jeder Edition (egal ob auf Steam, in der Packung, ob Collector’s Edition oder nicht) enthalten.

Die englische Synchronisierung ist einsame Spitze. Fred Bermans Stimme als Barry Wheeler könnte direkt aus einem Martin Scorsese-Streifen entliehen sein. Im Übrigen hat er schon Vinnie Gognitti in Max Payne 2 gesprochen und auch der Sprecher von Max Payne hat einen Gastauftritt in Alan Wakes Hatz nach Manuskriptseiten.

Die deutsche Übersetzung ist über alle Maßen gut, die Qualität der Sprecher jedoch nur Mittelmaß. In den Steam-Eigenschaften des Spiels könnt ihr die Sprache frei wählen.

Die Bedienung hat Nitro Games gut hinbekommen. Alan steuert sich mit Maus und Tastatur ebenso direkt wie mit dem auch am PC unterstützten Xbox 360-Controller. Selbst die Fahrzeugsteuerung ist gut, auch wenn hier ein schneller Wechsel zum Gamepad empfehlenswerter ist.

Versionen

Alan Wake ist sowohl als digitaler Download über Steam (noch ist die Collector’s Edition dort ohne Aufpreis erhältlich), als auch in einer Standard-Version und als Limited Collector’s Edition via Nordic Games/EuroVideo im Handel erhältlich. Auch die im Laden zu erwerbenden Versionen müssen über einen beigelegten CD-Key über Steam registriert werden. Im Folgenden klären wir euch über die Inhalte auf.

  • Spiel Alan Wake
  • DLCs Das Signal und Der Schriftsteller
  • optionaler Audiokommentar der Entwickler (nur in der Limited Collector’s Edition/Steam CE)
  • Multilinguales Handbuch (nur in den Ladenversionen)
  • Zwei Bonus-DVDs mit Making-ofs, Trailer und Storyboardanalysen (nur in der Limited Collector’s Edition)
  • Audio-CD/MP3-Sammlung mit 13 Liedern aus dem Soundtrack
  • Buch/PDF The Alan Wake Files (nur in der Limited Collector’s Edition/Steam CE)
  • Beidseitig bedrucktes A3-Poster (Alan in Action und Alan Wake-Logo) (nur in den Ladenversionen)
  • Sechs Postkarten mit Motiven aus Bright Falls (nur in den Ladenversionen)
  • Sieben Aufkleber (nur in den Ladenversionen)

Und wie sieht der Kram in der Limited Collector’s Edition eigentlich so aus? Schaut dazu einfach unser Unboxing.

Video: Die ersten zehn Minuten in Alan Wake (deutsch)

Fazit

Endlich, werden PC-Spieler erfreut aufatmen. Endlich ist Alan Wake auch für den PC erhältlich. Und wie ist es? Alan Wake funktioniert als tiefgründiger psychologischer Action-Thriller sehr gut. Die spannende Handlung erzeugt mit den glaubwürdig gezeichneten Figuren und der düsteren Schattenwelt eine ganz eigenwillige Atmsophäre, aus der man wie Alan so schnell nicht entfliehen kann. Der Umfang ist mitsamt der beiden DLC mit knapp 12 Stunden Spielzeit auch gut und die Ausstattung – besonders in Nordic Games’ Retailfassungen – üppig. Da die PC-Umsetzung den Finnen technisch super gelungen ist, gibt es keinen Grund, nicht in Alan Wakes albtraumhafte Welt abzutauchen. Nur her mit der PC-Umsetzung von Alan Wake’s American Nightmare, die uns Remedy/Nitro Games hoffentlich bald bescheren.

Alle Screenshots wurden von uns persönlich in einer Auflösung von 1.920x.1080 mit vollen Details gemacht.

Alan Wake
System: PC, Xbox 360
Verwendetes System: PC
Preis: ca. 40/50 Euro (Retail), 31,99 Euro (Steam) / ab 11 Euro (Xbox 360)
Genre: Action-Adventure
Entwickler: Nitro Games (PC), Remedy (Xbox 360)
Publisher: Nordic Games (PC Retail), Remedy (Steam), Microsoft (Xbox 360)

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