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Test

Im Test: Cloudpunk

Cloudpunk vermischt Das fünfte Element mit dem Euro Truck Simulator 2. Nachfolgend berichten wir euch von unserem Trip nach Nivalis.

Story

Die Protagonistin Rania kommt zu Beginn des Spiels von der Osthalbinsel nach Nivalis. Nivalis ist eine hochtenisierte Metropole, die einst von einer Künstlichen Intelligenz (KI) geleitet wurde und jetzt immer mehr ins Chaos verfällt. Rania heuert für den Lieferdienst Cloudpunk an. Ein Zuteiler ordnet ihr Aufträge zu, in denen sie meist Pakete von einem Distrikt der Stadt in einen anderen bringen soll. Die einzige Regel: Schau niemals ins Paket. Es kommt wie es kommen muss: Im Plausch mit den Kunden erfährt sie, was sich so alles in den Paketen befindet. Gemeinsam mit der treudoofen KI ihres Vehikels Camus, der denkt ein Hund zu sein, deckt sie eine Verschwörung auf. Es hat schon einen Grund, warum Clodupnk von dem autoritären Regime als Terrorismusorganisation eingestuft wird. Ranias Ziel ist es mehr über die Hintergründe Nivalis und von Cloudpunk zu erfahren und die turbolente verregnete Nacht zu überstehen.

Abseits der Hauptgeschichte erfährt man von verschiedenen tragischen Einzelschicksalen, sofern man ein offenes Ohr hat, während man durch die Stadt streift. Da wäre etwa ein Aufzug, der sich für eine Todesmaschine hält und denkt, er würde Passagiere verdauen, wenn er sie nach unten befördert, aber seinen Geschmack an Menschen verloren hat. Oder eine Frau, deren Gedächtnis Rania mittels in Nivalis verteilten Lochkarten allmählich auffrischt und dramatische Erkenntnisse erlangt. Auf dem Gelände desehemaligen Techgiganten Anderson findet sie die seit Jahrzehnten verlassene Belegschaft – unzählige Klone des Besitzers. Ähnlich wie in dem klassischen bekannten Asterix-Sketch werden wir von einem Klon zum nächsten geschickt. Sie alle wollen ihr Schicksal nicht wahrhaben. Am Ende haben wir die Wahl, sie sich mit der Hoffnung des Erwachens selbst zu überlassen oder den Server dieser Corp (Corporation; Firma) endgültig abzuschalten. Fans von Better Call Saul können sich vorstellen, wen der zwielichtige Händler Gaz Goodtime namenstechnisch inperfekter CORAlation vertreten könnte.

Von diesen Nebenquests gibt es Dutzende und die Dialoge sind darin mindestens genauso gut geschrieben wie in der Hauptgeschichte. Die moralisch gefärbten Wahlmöglichkeiten, ob beim Aufstöbern einer Bombe oder eines tödlichen Viruses, begleiten uns das gesamte Spiel über. Sie haben zwar keinen Einfluss auf den Ausgang der Geschichte, verändern aber die Dialoge und Charaktere, auf die wir treffen können.

Nivalis

Der wahre Star in Cloudpunk ist die pulsierende Metropole Nivalis – von der geschäftigen Downtown bis hin zu den Tunneln außerhalb der Stadt gibt es viel zu entdecken. Die Gebäude ragen ewig weit in den Himmel hoch und sind voll mit subversiven und weniger subversiven Werbebotschaften. Heißt die Polizei “Corpsec” (für “Corporationsecurity”; Sicherheit für Firmen), weiß man, dass man am Siedepunkt des Kapitalismus angekommen ist.

Nivalis erkundet ihr sowohl in eurem Hovercraft (auch HOVA genannt) als auch zu Fuß. In Nivalis wurden dedizierte Fahrbahn-Röhren für den Verkehr vergeben, in denen sich Fahrzeuge auf mehreren Ebenen tummeln. Per Knopfdruck steigt euer Vehikel auf und ab und bei freier Fahrbahn könnt ihr auch einen Turbo zünden. Das Handling und die Geschwindigkeit sowie die Farbe der Neonspur, die euer Craft hinter sich her zieht, könnt ihr in Werkstätten anpassen und an Tankstellen euren Akku aufladen lassen. Das Spiel lässt euch nach wenigen Spielstunden einmalig ein Vehikel auswählen, das ihr für den Rest des rund ein Dutzend Stunden langen Spiels verwenden werdet. Angesichts der Spielzeit gibt es zu wenig Anpassungsmöglichkeiten. Stattdessen könnt ihr euer Apartment mit zusätzlichen Betten, Nahrungsspendern und ähnlichem Firlefanz zustellen, obwohl ihr dort nur gegen Ende des Spiels etwas Zeit verbringen werdet.

Gameplay

Die Steuerung des Vehikels erfordert etwas Eingewöhnung. Zwar lernt ihr es schnell, anderen Vehikeln auszuweichen, euer Gefährt schert in Kurven jedoch selbst mit allen verfügbaren Upgrades so sehr aus, dass ihr am Ende doch Schaden im Gegenverkehr nehmt und eure Rostlaube ab und an für teures Geld reparieren lassen müsst. Schadens- und Hungeranzeigen gibt es indes nicht, doch das Spiel weist euch darauf hin, wenn ihr zu sehr ramponiert seid oder auch wenn Rania hungert. Letzteres Bedürfnis löst ihr durch den Besuch eines der zahlreichen Ramenstände. An ausgewiesenen Parkplätzen landet ihr euer Hovercraft an Art Fußgängerinseln. Dort lauft ihr mit Rania in einer 2,5D-Perspekte durch die nassen Gassen von Nivalis, gebt Polizisten aufgesammelte Flyer und macht dadurch neue Bereiche zugänglich. In diesen verlassenen Ecken Nivalis’ findet ihr in der Regel Elektroteile und Ähnliches, die ihr bei den örtlichen Straßenhändlern verkaufen und dafür neue Kleidung oder Quest-Objekte kaufen könnt. Neben der dynamischen 2,5D-Perspektive könnt ihr jederzeit in eine Verfolger- oder Ego-Perspektive schalten. Aus der Verfolgeransicht können wir Ranias Hoodies und Brillen in Augenschein nehmen.

Besonders imposant ist es, Nivalis aus der per Update hinzugefügten Ego-Ansicht zu erleben. Auf unterschiedlichen Ebenen rauschen Hochgeschwindigkeitszüge an euch vorbei, heruntergekommene Gebäude stürzen ein und die Corps Sec verfolgen Raser. Jedes Viertel hat seinen eigenen Stil, alelrdings wiederholen sich die Passanten, Werbebanner und Gebäude schnell. Das Leveldesign ist mit seiner Vertikalität, Aufzügen und Teleportgängen interessant aufgemacht.

Spielerisch verändert sich Cloudpunk über die gsamte Spielzeit hinweg nicht sonderlich: Rania bekommt eine Aufgabe zugewiesen, landet am Zielpunkt und bringt das Paket mit dem Vehikel an seinen Bestimmungsort, während sie sich mit Camus unterhält. Im Laufe des Spiels setzt Cloudpunk aber auch teils durchaus herausfordernde Zeitlimits, sodass unser Puls doch ein ums andere Mal höher schlägt, während wir versuchen uns den schnellsten Weg durch die eng befahrenen Highways zu bahnen und durch die Häuserschluchten hinweg unter Einsatz unseres Turbos abkürzen. Ein automatisches Navigationssystem gibt es übrigens im Unterschied zu anderen Open World-Spielen nicht. Anhand einer Minikarte und einer im Menü aufrufbaren großen Karte des aktuellen Distrikts müssen wir uns orientieren, was nach ein paar Spielstunden auch immer besser funktioniert, auch ohne Zuhilfenahme der Pausenkarte.

Mit zusätzlichen Spielmechaniken hätte man das starre Gameplay-Korsett von Cloudpunk etwas auflockern können, ohne dabei die Identität zu verändern. Die Berliner Entwickler von Ion Lands verfolgen mit Cloudpunk hingegen konsequent bis zum Schluss eine Linie.

Technik

Grafisch ist Cloudpunk vor allem aufgrund der imposanten Größe und des enormen Detailgrads von Nivalis, ohne dabei zu realistisch zu sein und eher einen leichten Spielzeuglook zu versprühen, ein Highlight, auch wenn die Charaktermodelle simpel gehalten sind und die Dialoge lediglich über fantastisch gesprochene englische Voice-Over und gut ins Deutsche übersetzte Textboxen erzählt werden.

Der großartige düstere Soundtrack unterstützt die großartige Atmosphäre während der Fahrten und Botengänge enorm. Erst kürzlich wurden im Rahmen des Butter-Updates drei weitere Songs hinzugefügt. Dank diesem Update könnt ihr auch Technologien wie FreeSync, G-SYNC und Surround Sound nutzen. Es würde uns nicht überraschen, wenn entweder die deutschen Entwickler oder findige Modder eine Möglichkeit finden, dass wir Nivalis in VR erleben können. Wir beten zu CORA.

Fazit

Cloudpunk erzählt eine spannende Geschichte und schmückt die herrlich verfallene hochtechnisierte großartig in Szene gesetzte Metropole Nivalis mit so vielen interessanten Hintergrundstories aus, dass dem Spieler erst bei der Hälfte auffällt, im Grunde immer das Gleiche zu machen. Aufgrund der Länge von circa 12 Spielstunden hätte es nicht geschadet, das Spieldesign etwas abwechslungsreicher zu gestalten. Wer allerdings damit klar kommt, kann in die atmosphärische Welt von Cloudpunk regelrecht abtauchen und seine Cyberpunk-Bedürfnisse mehr als ausreichend stillen.

Cloudpunk ist aktuell ausschließlich für den PC erhältlich, Versionen für Xbox One, PlayStation 4 und Nintendo Switch sollen noch veröffentlicht werden.

Alle Screenshots haben wir selbst anhand der von dem Entwickler zur Verfügung gestellten PC-Version erstellt.