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Im Test: Like a Dragon: Infinite Wealth

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Im achten Serienteil verschlägt es Ichiban Kasuga, Kazuma Kiryu & Co. nach Hawaii. Wie schlägt sich das RPG im Vergleich zu Yakuza: Like a Dragon?

Like a Dragon: Infinite Wealth (in Japan: Ryu Ga Gotoku 8/Like a Dragon 8) ist ab sofort für die PlayStation 5, PlayStation 4, Xbox Series X|S, Xbox One und den PC erhältlich. Es ist der direkte Nachfolger von Yakuza: Like a Dragon, mit dem die Serie von der traditionellen Nummerierung abgewichen ist und die Serie im Westen von Yakuza in Like a Dragon umbenannt hat. Infinite Wealth greift die Geschehnisse des Vorgängers und des Spin-offs Like a Dragon Gaiden: The Man Who Erased His Name, welches im vergangenen November erschienen ist, auf, ihr solltet diese Spiele aber gespielt haben, um den kompletten Kontext zu verstehen und genug emotional investiert zu sein, um bis zu über 100 Stunden mit dem Rollenspiel verbringen zu wollen. Mit Yakuza: Like a Dragon tauschte Entwickler Ryu Ga Gotoku Studio (RGG Studio) schließlich das Brawler-Echtzeit-Kampfsystem mit rundenbasierten Rollenspiel-Kämpfen aus und die lange Spielzeit von Yakuza 5 wurde zur Norm der Reihe.

Die Protagonisten von Like a Dragon: Infinite Wealth sind Ichiban Kasuga (bekannt aus Yakuza: Like a Dragon) und Kazuma Kiryu (der Hauptcharakter aus Yakuza 0-6 sowie aus Like a Dragon Gaiden). Beide machen sich aus eigenen Gründen nach Hawaii auf –  Ichiban, um nach seiner Mutter Akane zu suchen, und Kiryu, um für die Daidoji-Fraktion nach der gleichen Frau Ausschau zu halten. Diese Geheimallianz bietet Kiryu, nachdem er in Yakuza 6: The Song of Life seinen Tod vortäuschen musste um seine Liebsten zu schützen, Unterschlupf, kontrolliert ihn aber auch auf Schritt und Tritt. Die beiden verbünden sich mit altbekannten Charakteren wie dem Ex-Detective Adachi und dem gelernten Krankenpfleger Nanba und neuen Figuren wie dem Taxifahrer Tomizawa und der mysteriösen Chitose, die zunächst vorgibt die Haushälterin von Ichibans Mutter Akane zu sein. Insgesamt zehn spielbare Charaktere treten nach und nach euren beiden Parties bei.

Die Serie ist bekannt für ihren Klamauk, aber eben auch für ihre ernsthafte Seite und in beiden Punkten liefert Like a Dragon: Infinite Wealth auf ganzer Linie ab. Zu Ersterem kommen wir später, nachdem wir ein paar Worte zur Story verlieren. Infinite Wealth führt die Geschichte von Ichiban, dem ehemaligen Yakuza, der versucht seine Ursprünge zu finden, auf gelungene Weise fort. Bereits im Vorgänger haben wir den Baseball-Schläger-schwingenden tollpatschigen Mann mit der verrückten Frisur und reinem Herz in unser selbiges geschlossen. Der ergraute Ex-Yakuza Kiryu nimmt ebenfalls einen wichtigen Teil in der Story von Infinite Wealth ein. Einerseits ist Infinite Wealth eine Wiederbelebung des Drachen von Dojima, andererseits auch ein Abgesang an den vierten Oyabun des Tojo-Clans und ehemaligen alleinigen Protagonisten der Serie, der den Staffelstab an Ichiban übergibt. Die Geschichte dreht sich um klassische Serienthemen wie Freundschaft, Liebe, Treue, Rechenschaft, Verrat und Vergebung. Aktuelle Themen wie Social Media, Fake News und Klimawandel sehen ebenfalls Teil der Geschichte. Besonders die Charakterentwicklung und die vielen kleinen Geschichten, die man zu den einzelnen Party-Mitgliedern erfährt – sei es durch die Hauptgeschichte oder durch Gespräche im Bistro oder am Wegesrand (mit einem witzigen Bingospiel verbunden), sind es, bereichern das Spiel ungemein. Hinzu kommt eine Fülle an optionalen Aufgaben, die teils absurde, teils herzerwärmende Geschichten erzählen. Infinite Wealth fährt erwartungsgemäß einige imposante Antagonisten auf und bietet viele Drehungen und Wendungen. Serienveteranen freuen sich über ein Wiedersehen mit liebgewonnen Charakteren, aber auch die neue Truppe macht eine gute Figur. Das Ende wirkt etwas überstürzt und dürfte in der Fan-Gemeinschaft für gemischte Gemüter sorgen. Im Zweifel wartet aber schon das nächste Spin-off, welches uns ein weiteres Puzzlestück der Handlung bietet, darauf von RGG Studio enthüllt zu werden.

Während wir in der ersten Hälfte des Spiels Ichiban spielen und mit ihm die beiden Schauplätze Honolulu, Hawaii und Isezaki Ijincho, Yokohama, Japan (bekannt aus dem Vorgänger) erkunden, hält sich Kiryu in der zweiten Spielhälfte hauptsächlich in Ijincho und Kamurocho, Tokio (der Schauplatz der klassischen Yakuza-Spiele) auf. Die Story des Spiels bestimmt größtenteils, welchen Charakter ihr spielt, welche Tageszeit es ist und wo ihr euch aufhaltet, gegen Ende des Spiels und im Premium Adventure-Modus, der nach Vollendung der Story freigeschaltet wird, könnt ihr die Schauplätze und Tageszeiten nach Belieben wechseln und dabei übrige Nebenaufgaben erledigen.

In der offenen Welt, in speziellen Dungeons oder in von der Story vorgegebenen Instanzen müssen wir uns diversen Größen der Unterwelt, Schlägern und Ganoven in rundenbasierten Kämpfen zur Wehr setzen. Vor den Auseinandersetzungen zeigen erstmals Symbole an, wie stark die Gegnergruppe im Vergleich zu unserer Party ist (blau = schwach, rot = auf einem level, lila = schwer). Besiegte Wächter der Stadt, die mit einem Kronensymbol versehen werden, legen neue Bereiche von Honolulu frei. Ein neuer Nähe-Indikator hilft uns dabei Zufallskämpfe zu vermeiden, wenn uns nicht danach ist. Das Kampfsystem aus Yakuza: Like a Dragon wurde sinnvoll um einige Neuerungen bereichert, etwa der Möglichkeit seinen Charakter in einem festgelegten Umkreis positionieren zu können. Dadurch können wir Boni für Nähe, Von-hinten-Angriffe und Abpraller erhalten und auch Komboangriffe vom Stapel lassen, sofern wir diese in den Drink-Links genannten Bargesprächen mit unseren Verbündeten vorher freigeschaltet haben. Gleiches gilt für die Kettenangriffe für am Boden liegende Gegner, in denen ein weiteres Party-Mitglied nach unserem Angriff mit einstimmt. Umgebungsgegenstände können wie in den Echtzeitkämpfen der ursprünglichen Yakuza-Spiele als Waffen zweckentfremdet werden, indem wir einen normalen Angriff in deren Nähe vollführen. Jeder Charakter verfügt über eigene Jobs, die wir nach und nach freischalten und die bereitstehenden Skills bestimmen. So können wir den einzelnen Charakteren spezielle Rollen wie Tank, Heiler oder Damage Dealer zuweisen. Wir können auch Party-Mitglieder austauschen, da wir grundsätzlich zu fünft unterwegs sind, aber nur vier kämpfen dürfen. Apropos Echtzeit: Auch die klassischen Brawler-Kämpfe feiern eine Rückkehr, allerdings in sehr beschränkter Form als Teil eines Super-Modus von Kiryu und in kleineren Revierkämpfen auf Dondoko Island.

Nahezu jeder Skill erfordert diesmal ein Quick-Time-Event, die man allerdings genau wie die perfekten Paraden schnell verinnerlicht hat. Die Schwächen der Gegner werden vor Einsatz eine Skills angezeigt und oftmals muss deren Deckung durchbrochen werden, bevor man den vollen Schaden austeilen kann. Jobs und Outfits können weiterhin nur an vorgesehenen Standorten gewechselt werden. Eure Party-Mitglieder sammeln nicht nur Erfahrungspunkte und steigen im Rang auf und steigern dadurch ihre Grundwerte wie Gesundheit und Verteidigung, sondern verfügen auch über einen Job-Rang, mit dem ihr neue Skills freischaltet. Kenner des Vorgängers werden wenig Probleme haben, die erste Spielhälfte zu bewältigen und spätestens dann werdet ihr einige der starken Essenzen und Tag-Team-Moves freigeschaltet haben, die Gegnergruppen mit einem flächendeckenden Angriff zerbersten.

In jedem Schauplatz befinden sich mehrgeschoßige Dungeons, in denen man sehr viele Erfahrungspunkte und einige nützliche Ausrüstungsgegenstände finden kann, die müssen aber nicht wie im Vorgänger bis zum Beinahe-Kollaps gegrindet werden. Will man sich eine Hand voll in die Länge gezogenene Bosskämpfe ersparen, schadet es nicht hier etwas mehr Zeit zu verbringen. In den Bosskämpfen spielen vor allem (De-)Buffs eine wichtige Rolle, also statusverändernde Skills und Gegenstände. Aber auch die Ausrüstung ist nicht unwichtig, deren Stärke in Sternen dargestellt wird. Schön: Wir können diesmal nicht nur innerhalb der Dungeons, sondern auch in den teils langen Story-Instanzen zwischenspeichern und uns so nach einem Ableben des Haupthelden lange Wiederholungen ersparen. Während wir zu Beginn des Spiels noch unter notorischer Geldarmut leiden, sollten wir nicht sehr viel Zeit auf Dondoko Island verbringen, können wir uns gegen Ende nahezu jede noch so starke Waffe und Rüstung leisten. Das Equipment kann in Safes (diesmal passt jeder Schlüssel in Gold- und Silbersafes!) und Koffern, die in der Spielwelt verteilt sind, gefunden und über das Pausemenü jederzeit verbessert und neue Waffen mit Gegenständen, die wir in der offenen Welt finden, gecrafted werden. Gegen Statuseffekte wie Bluten, Brennen oder Lähmung können wir durch unsere Bindungen zu den Party-Mitgliedern oder durch geschlossene Freundschaften mit Nicht-Spieler-Charakteren in der offenen Welt (Aloha Links; StreetPass lässt grüßen) unsere Persönlichkeitsattribute Charisma, Güte, Intelligenz, Leidenschaft, Stil und Selbstsicherheit steigern.

Die Serie lebt von einer lebendigen Open World und so ist es nicht verwunderlich, dass neben der Story auch zahlreiche Nebenaktivitäten auf uns warten, die als Teil der Kampagne eingeführt und nach Belieben teilweise stundenlang weitergespielt werden können. Uns steht es frei, auf Dondoko Island im Animal Crossing-Stil ein Eiland zu bevölkern und zu bewirtschaften, in Sujimon Ganoven und Perverslinge mit Geschenken zu ködern und sie ähnlich wie in Pokémon im Kampf gegen Arena-Leiter antreten zu lassen, mit der Dating-App die große Liebe zu finden, auf dem Fahrrad entweder im Crazy Taxi-Verschnitt Crazy Delivery Pizzen und Burger auszuliefern und dabei waghalsige Stunts zu vollführen oder wie im Vorgänger unter Zeit- und Konkurrenzdruck Pfand einzusammeln, in Batting Cages ein paar Homeruns zu schlagen, diverse Serienklassiker und neue Lieder in Karaokebars in Rhythmusspielen zum Besten zu geben, mit real gefilmten Hostessen Zeit zu verbringen, Poker, Blackjack oder Mahjong zu spielen, alle Motive mit unserer Kamera abzuknipsen oder uns in den Arcades an Greifautomaten zu versuchen und SpikeOut: Final Edition, Virtua Fighter 3b sowie SEGA Bass Fishing zu zocken. In der Open World bewegen wir uns nicht nur per pedes, sondern auch auf einem jederzeit bereitstehenden Segway mit Autopilot-Funktion, die praktisch ist aber nicht immer reibungslos funktioniert, oder per Schnellreise mit Taxen in Windeseile umher. Alle Aktivitäten von Ichiban werden in einer Art Tagebuch festgehalten und Highscores verbessern eure Persönlichkeitswerte.

Das gleiche gibt es auch auf Kiryus Seite, dort ist es als Erwachen des Drachen betitelt. Darunter fallen nicht nur Aktivitäten wie alle Menüs der zahlreichen Restaurants zu vertilgen oder 30 Kilometer per pedes abzuklappern, sondern auch eine Bucket List, in der wir Erinnerungen an frühere Spiele freischalten. Diese zahlreichen Erinnerungen sind in Ijincho und Kamurocho verteilt und werden lediglich als Standbilder und Textboxen präsentiert. Das wirkt etwas lieblos. Teil davon ist auch eine Reihe an Nebengeschichten, in denen wir mit Serienveteran Detective Date Charaktere aus vergangenen Spielen besuchen. Um wirkliche alle Begegnungen zu erleben, müssen eine Menge an Open World-Aktivitäten absolviert werden. Lohnenswert für Fans der Franchise, aber warum man das nicht in die Hauptgeschichte integriert und hinter Fleißaufgaben versteckt hat ist uns ebenso so schleierhaft wie die Entscheidung, den bei Fans beliebten Modus Neues Spiel+, in dem man einen weiteren Durchlauf mit den freigeschalteten Errungenschaften starten kann, hinter den höherpreisigen Deluxe- und Ultimate-Editionen und defacto einem 15 Euro-Upgrade von der Standard-Version verbirgt. Auch ohne Neues Spiel+ bekommt man viel für sein Geld: Während man für die Vollendung der Story mindestens 50 Spielstunden einkalkulieren sollte, kann sich diese Spielzeit mehr als verdoppeln, wenn man wirklich alles erleben will.

Grafisch macht Like a Dragon: Infinite Wealth eine gute Figur. Die vorgerenderten Zwischensequenzen sehen großartig aus, während die Gesichter der Charaktere in Spielgrafik etwas puppenhaft animiert sind und nicht die Intensität der Synchronisation, die erstmals in drei Sprachen verfügbar ist (Japanisch, Englisch und jetzt auch Chinesisch), wiederspiegeln. Spielt ihr mit japanischer Sprachausgabe, müsst ihr damit vorlieb nehmen, dass selbst der schlimmste Obermotz manchmal in schlechtes Englisch abdrifted, was der Atmosphäre etwas abträglich ist. Die Animationen sind auf einem hohen Niveau und besonders die Essenzen und Tag-Team-Moves zeigen in Effektgewittern, wozu die Dragon Engine im Stande ist. Bei den sehr belebten Stränden von Honolulu kommt die Bildwiederholungsrate schon einmal etwas ins Schwitzen, das stellt aber eher die Ausnahme dar. In der von uns getesteten PlayStation 5-Version läuft Like a Dragon: Infinite Wealth in 60 Bildern pro Sekunde, auf der vergangen Konsolengeneration muss man sich der halben Framerate begnügen. In Anbetracht der drei riesigen abwechslungsreichen Schauplätze fallen die nach wie vor geisterhaft verschwindenden oder im Kreis laufenden Passanten im Hintergrund von Zwischensequenzen, die zwar verbesserte aber immer noch nicht zeitgemäße Darstellung von Wasser und die teils kargen Umgebungstexturen nicht so schwer ins Gewicht. Die Mischung aus treibender Elektronikmusik, harten Gitarrenriffs und einfühlsamer Klaviermusik von SEGA Sound Team, Hyd Lunch, 83key und weiteren Künstlerinnen und Künstlern schließt nahtlos an die hohe Qualität der Musik in der gesamten Serie an und verstärkt die Dramatik in den Kämpfen und Zwischensequenzen. Die gelungene deutsche Übersetzung transportiert die wilde Mischung an Stimmungen in den Dialogen gut, weist bei dem hohen Umfang aber einige verschmerzenswerte Fehler auf.

Fazit

Like a Dragon: Infinite Wealth ist ein kompetentes Rollenspiel mit mitreißender Story, tiefgründigen Charakteren, ausgefeiltem Kampfsystem und riesigem Umfang. Spielerisch wurde Yakuza: Like a Dragon in nahezu jedem Aspekt sinnvoll verbessert und ergänzt. Nach der großartig erzählten Origin-Geschichte Ichibans im Vorgänger tritt Infinite Wealth ein schweres Erbe an, da gleichermaßen noch der alte Protagonist Kiryu verabschiedet werden soll. Das Spiel hat so seine Probleme beides unter einen Hut zu bekommen und Kiryu ein würdiges Finale zu verschaffen, aber das ist aber Meckern auf einem hohen Niveau. Rollenspiel-Fans wie -Neulinge werden mit dem einfach zu erlernenden und hart zu meisternden Kampfsystem und den zahlreichen detailliert ausgearbeiteten Nebenaktivitäten viel Freude mit Like a Dragon: Infinite Wealth haben.

Der Publisher hat uns eine PS5-Version von Like a Dragon: Infinite Wealth zur Verfügung gestellt, mit der wir die Screenshots und das Video (Konsolenauflösung: 4K, Capture-Auflösung: 1080p) erstellt haben.