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Test

Im Test: Ken Follett – Die Säulen der Erde – Buch 2

Drei Monate nach der Veröffentlichung des ersten Kapitels der Videospielumsetzung von Ken Follets Epos Die Säulen der Erde, Aus der Asche, folgt das zweite Buch. Wir überprüfen, ob es mit dem fulminanten Einstand mithalten kann.

Für Informationen zur zugrundegelegten Epoche sowie den einzelnen Charakteren empfehlen wir euch, unseren umfangreichen oben verlinkten Tests zu Gemüte zu führen.

Die Geschichte

Die Romanvorlage ist in sechs Bücher geteilt, das Spiel hingegen nur in drei Bücher. Währen das erste Buch des von der Hamburger Traditionsschmiede entwickelten Point’n’Klick-Adventures wirklich lediglich den Inhalt des ersten Buches der literarischen Vorlage und damit die Jahre 1135 bis 1136 darstellt, umfasst Buch 2 des Spiels die Bücher 2 bis 4 aus der Feder von Ken Follett. Dadurch umspannt das neue Abenteuer die Jahre 1136 bis 1144 und wurde von Daedalic, wie schon im Buch zuvor, in sieben Kapitel geteilt.

Kommen wir zum wichtigsten Teil des Spiels, der Geschichte. Die beiden Kinder vom ehemaligen Grafen von Shiring namens Bartholomäus sind Aliena und Richard und sie werden vom ständig mies gelaunten und kaltblütigen Sohn des Grafen von Shiring, der in der Pause zwischen den Büchern auf mysteriöse Art und Weise verstorben ist und William den Titel des Grafen verschaffte, gefangen gehalten. In Shiring regnet’s ständig, es gibt kaum Essen und die Angestelten haben sich besser bezahlte Arbeit beschafft. William lässt seinen ganzen Missmut an der hübschen Aliena aus, die sich allerdings nicht länger herumschubsen lässt und mit Richard, der wie ein Tier angekettet lediglich den Schlamm im Innenhof zu verköstigen bekommt, entkommt und ihr Glück als Wollhändler versuchen, um nicht von ihrem Adelstitel abhängig und womöglich auch nicht dafür geschändet zu werden.

Den zweiten wichtigen Eckpfeiler der Geschichte ist Jack Builder. Wir kennen den wilden wissbegierigen Rotschopf als 11-jährigen Doofkopf, aufgrund der massiven Zeitspanne, die das Spiel umfasst, wächst er im Laufe des zweiten Buches allerdings zu einem stattlichen 20-jährigen Erwachsenen heran. Er kabbelt sich weiterhin mit Alfred, seinem älteren Halbbruder. Die Rückkehr von Aliena in das Leben der ungleichen Streithähne bringt die Stimmung zum überkochen.

Jede gute Geschichte braucht selbstverständlich einen Antagonisten und das ist, wie ihr unter Umständen schon erraten habt, William Hamleigh. Haben wir ihn im vorigen Buch in der Rolle von Prior Philip noch mit Inkarnationen des Teufels erschrecken können, so befindet sich William jetzt auf direktem Weg in’s Fegefeuer. Seine unmenschlichen Handlungen im Roman mussten aufgrund der USK12-Freigabe des Spiels in ihrer Drastik gemildert werden, nichtsdestotrotz zeigt Die Säulen der Erde einen schonungslosen Einblick in’s England des 12. Jahrhunderts, wo buchstäblich an jeder Ecke der Tod lauerte. Der Fokus liegt diesmal mehr auf den Schicksalen der uns an’s Herz gewachsenen Figuren und nicht auf Entitäten wie der Kirche.

Während uns das erste Buch all die relevanten Charaktere in Gänze vorgestellt hatte und uns an zahlreiche Schauplätze entführte, so lässt man sich im zweiten Buch mehr Zeit für einzelne Sequenzen. Das mag überraschen, bringt man hier doch in ähnlicher Spielzeit wesentlich mehr Stoff unter, Daedalic gelingt der Balanceakt trotzdem und so vermitteln die Hamburger eine wahnsinnig emotionale dramatische Geschichte, die mit einem großartigen Kammerspiel endet.

Die Spielmechanik

Daedalic hat fleißig am spielerischen Aspekt des Spiels gefeilt. Statt ständig zwischen Exposition, in der man der spielenden Person die Kontrolle enzieht, und spielerischen Anteilen zu wechseln, hat man jetzt für längere Zeit die Kontrolle über die Figuren. Diesmal gibt’s lediglich zwei spielbare Charaktere, Aliena und Jack. In der Rolle des Powercouples erkunden wir sowohl bekannte als auch neue Orte, darunter Kingsbridge, Earlscastle, Lincoln und Shiring. Wir sind dabei nicht nur in klassischen Point’n’Klick-Bildschirmen unterwegs, sondern dürfen etwa Shiring aus der Vogelperspektive erkunden, mit Menschen sprechen, kleine Nebenaufgaben erledigen und unterschiedliche Viertel bereisen – toll! Genau das haben wir uns im Test von Buch 1 gewünscht.

Auch Reisen, in denen sehr viel erzählt wird und wir minimal Eingriff in den Verlauf nehmen dürfen, sind wieder dabei. Die Quick-Time-Events, in denen Jack meist Steinskulpturen herausschlägt, sind sehr reduziert, allerdings anspruchsvoller als zuvor. Daedalic gelingt es, den Spieler nicht nur mit der spannenden Geschichte bei Lauen zu halten, sondern versteckt einige neue spielerische Kniffe im Spiel und bringt besonders am Ende die Auswirkungen eurer Entscheidungen auf ein neues Niveau innerhalb des Epos.

Technik

Buch 2 ist weitaus düsterer als der Vorgänger. Das betrifft nicht nur die Story, sondern auch das Wetter und die Farbgebung. Zur Abwechslung liegt das nicht ausschließlich an unserem Aufnahmegerät, das Spiel ist wirklich sehr dunkel, das trägt allerdings auch zur großartigen Atmosphäre bei. Ein Lichtblick stellt Lincoln dar. In der hell ausgeleuchteten Burg sehen wir, wie detailliert Daedalic die Umgebungen gestaltet hat.

An unserem guten Eindruck von der Performance und den Leistungen des Komponisten sowie der deutschen Synchronsprecher aus dem ersten Buch hat sich nichts geändert.

Fazit

Die Säulen der Erde: Wer den Wind sät stellt eine würdevoller Fortsetzung dar. Wer mit der pompös und nachvollziehbar gestalteten Geschichte in Buch 1 warm wurde, der wird für seine investierten Emotionen belohnt. Erwartet ihr hingegen ein waschechtes Point’n’Klick-Adventure mit allerlei Rätseln zum Knobeln, Inventarmanagement & Co., werdet ihr enttäuscht. Die Säulen der Erde ist eher mit Telltales Game of Thrones vergleichbar, sowohl was das Setting als auch was die Spielmechanik angeht. Das Spiel der Hamburger ist hingegen deutlich mehr Adventure als das Game aus Westeros Kalifornien. Wir sind – als Nichtkenner der Romanvorlage – darauf gespannt, wie Daedalic die Geschichte auflöst und inwieweit sich unsere Entscheidungen wirklich auf das Ende auswirken. Das sollen wir im Mai 2018 herausfinden können, wenn Im Auge des Sturms voraussichtlich erscheinen wird.