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Im Test: Dead Island 2 – Willkommen in HELL-A

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Nach über zehn Jahren Entwicklungszeit und drei Studios ist Dead Island 2 gestern erschienen und wir klären, ob sich der Trip nach HELL-A lohnt.

Auf der gamescom 2014 wurde Dead Island 2 erstmals der Weltöffentlichkeit präsentiert. Anders als der Vorgänger sollte das Spiel von dem Berliner Studio Yager entwickelt werden. Ein paar Stände weiter zeigte Techland, der Entwickler des ersten Dead Island und der Dying Light-Serie, ihr neues Game Hellraid. Aus beiden Projekten wurde letztendlich nichts: Von Hellraid haben wir nie wieder etwas gehört und Dead Island 2 sollte zunächst von Sumo Digital (Sackboy: A Big Adventure, Crackdown 3) entwickelt werden, bis das Spiel endgültig bei den Deep Silver Dambuster Studios (Homefront: The Revolution, Chorus) landete. Am 21.4.2023 ist Dead Island 2 für PC (Epic Games Store; Testplattform), Xbox Series X|S, PlayStation 5, Xbox One und PlayStation 4 erschienen.

Dead Island 2 setzt zehn Jahre nach den Ereignissen des ersten Teils an. Zu Beginn wählt ihr euren Schlächter aus. Zur Wahl stehen die Athletin Amy, der Zuhälter Bruno, die Mechanikerin Carla, die Einzelhandelskauffrau Dani, der exotische Tänzer Ryan und der Stuntman Jacob. Die Charaktere unterscheiden sich in Werten wie Ausdauer, Zähigkeit und Kritischer Schaden. Wir haben uns für den zähen und mit viel Gesundheit ausgestatteten Jacob entschieden. Ihr könnt euch solo oder mit bis zu drei weiteren Schlächtern per Online-Koop nach HELL-A aufmachen. Euer Fortschritt wird dabei gespeichert, egal ob ihr Host oder Gast seid. Lediglich in der Story nach vorne springen ist nicht möglich. Eine technische Einschränkung ist derzeit für Zockerinnen und Zocker auf Konsolen der vergangenen Generation vorhanden. Auf PS4 und Xbox One könnt ihr keine Sitzung hosten, sondern lediglich einer laufenden Partie beitreten. Dambuster plant diese Einschränkung in einem zukünftigen Update zu entfernen. Plattform-übergreifendes Spielen ist innerhalb einer Konsolenfamilie möglich, also PS5+PS4 und Xbox Series+One.

Unsere Reise durch HELL-A führt uns quer durch Los Angeles, von den Nobelbezirken Bel-Air und Beverly Hills bis nach Hollywood, Venice Beach und Santa Monica. Dead Island 2 ist kein Open-World-Spiel, die Bezirke sind vielmehr recht große Hubs, zu denen wir per Schnellreisefunktion später zurückkehren können, um zu handeln oder Nebenmissionen zu erledigen. Wir haben uns auf die Haupt-Story mit ihren 24 Quests konzentriert und nur 3 der über 30 Nebenmissionen in unseren knapp 20 Spielstunden erledigt. Im Laufe des Spiels treffen wir auf einen bunten Strauß an abgefahrenen Charakteren, darunter befinden sich der Protagonist des Vorgängers Sam B, die Schauspielerin und Sams Ex Emma und der Kriegsveteran und Film-Nerd Patton. Die Dialoge sind ab und an witzig und genau wie das gesamte Spiel ziemlich derbe, aber wirklich innovativ ist die Geschichte um den von dem Zombie-Virus immunen Protagonisten, der von unterschiedlichen Organisationen ausgenutzt wird, nicht.

Die Hauptmotivation stellt wie schon im Vorgänger das Kampf- und Loot-System dar. Euer Arsenal in Dead Island 2 besteht aus zahlreichen Hieb-, Stich-, Schusswaffen und Wurfgeschosse wie Schwertern, Keulen, Hämmer, Gewehren, Schrotflinten, Wurfsternen, Haft-, Chemie- und Nagelbomben. Jede Waffe bietet individuelle Talente und kann an freigiebig in der Spielwelt verteilten Werkbänken stark modifiziert werden, um etwa Elementarschaden hinzuzufügen oder den Kritischen Schaden sowie die Haltbarkeit zu erhöhen. Die Upgrades findet ihr in HELL-A oder kauft sie bei einem der rar gesäten Händlerinnen und Händler. An ebenso seltenen Spinden könnt ihr überschüssige Waffen loswerden, um sie später zu verkaufen. Die Fähigkeiten eures Charakters erhöht ihr mit zahllosen Karten, die ihr euch mit Rangaufstiegen verdient. Die Karten verändern sowohl euer Bewegungsrepertoire (z. B. Blocken, Ausweichen, Sprungkick), die Möglichkeiten in der Raserei (z. B. Elementarschaden, Verlängerung der Raserei durch das Töten von Zombies, Spezialattacken wie Säurespucken oder Bodenstampfer) und Autophage-Fertigkeiten. In der Raserei erhöht sich eure Bewegungsgeschwindigkeit und euer Schaden. Mit der Autophage könnt ihr eurem inneren Zombie freien Lauf lassen, das geht allerdings auf Kosten eurer Menschlichkeit. Mit Autophage-Karten könnt ihr eure Raserei verlängern, mit getöteten Zombies eure Ausdauer schneller zurückgewinnen oder eure Angriffsgeschwindigkeit erhöhen, allerdings reduziert sich gleichzeitig eure maximale Gesundheit und Ausdauerregeneration. Selbst Waffen können mit Zombieteilen für die Autophage eingesetzt werden.

Da euer Inventar auf 16 Slots limitiert ist und ihr ständig stärkere Waffen findet, müsst ihr sie oft austauschen. Glücklicherweise können die Waffen per Knopfdruck etwa wie in Destiny auch in Einzelteile zerlegt werden, da der nächste Spind erfahrungsgemäß eine gute Ecke entfernt ist. Jeder Gegner hat individuelle Schwachpunkte, die wir mit unseren zahlreichen Nahkampfwaffen anvisieren müssen, und auch bestimmte Elementarschwächen. Es ist eine Freude, die unterschiedlichen Waffen auszuprobieren und zu modifizieren. Der Gewaltgrad ist dabei selbst in der hiesigen geschnittenen Version sehr hoch. Mit präzisen Schlägen lassen sich den Untoten gezielt Gliedmaßen abschlagen, allerdings nur so lange sie vor euch stehen. Getötete Zombies lassen sich nicht weiter verstümmeln. Das ist die einzige uns bekannte Einschränkung in der in Deutschland verkauften Fassung von Dead Island 2 und auf diese Möglichkeit verzichten wir gut und gerne, da dies absolut nichts zum Spielerlebnis beiträgt.

Während wir zu Beginn die Zombies einzeln dank der präzisen Steuerung relativ gefahrlos besiegen können, wirft euch das Spiel später immer mehr Gegnerwellen mit stärkeren Widersachern entgegen. Gerade gegen Spielende macht es sich bezahlt, einige der Nebenaufgaben erledigt und euren Charakter gehörig aufgelevelt zu haben, sonst wird der letzte Bosskampf zur Geduldsprobe. Auch die Umgebung kann als Waffe zweckentfremdet werden und so könnt ihr Wasser auf dem Boden verteilen, eine Autobatterie in einem Generator aufladen und in die Pfütze werfen – zack feddich Zombie-Ragout. Das gleiche ist mit Benzin/Feuer und einer giftigen Chemikalie möglich. Diese Fallen verweilen nur kurzzeitig und müssen gut getimed werden. Zwischen den Kämpfen und Story-Sequenzen streut das Spiel ab und an kleinere Rätsel ein, in denen ihr Stromkreise vervollständigen oder Wasserdruck ausgleichen müsst. Das sorgt für etwas Abwechslung, wirklich knifflig werden diese Puzzles allerdings selten.

HELL-A wird in Dead Island 2 toll in Szene gesetzt und so besuchen wir zahlreiche ikonische Örtlichkeiten wie den Santa Monica Pier, den Hollywood Boulevard oder Venice Beach. Die Begrenzungen in der Spielwelt fühlen sich oft zu künstlich gesetzt an, etwa wenn in den Serpentinen von Bel-Air die Straßen genau auf so von Rettungsfahrzeugen blockiert werden, dass wir unseren Weg durch die Villen der Reichen und Schönen machen müssen. Die zahlreichen Anspielungen an Hollywood-Klassiker wie Indiana Jones und Friends oder George Romero, den Urvater von Horrorfilmen, setzen dem Hollywood-Flair das I-Tüpfelchen auf.

Im Gegensatz zu anderen aktuellen PC-Veröffentlichungen ist Dead Island 2 ziemlich gut optimiert, soweit wir das mit unserem Testsystem beurteilen können. Die Performance ist auch zu keiner Zeit eingeknickt und dank FSR-Implementierung müssen auch auf älteren Szenen wenig Abstriche bei der spektakulären Optik gemacht werden. Der lizenzierte Soundtrack von Künstlerinnen und Künstlern wie Karen O & Danger Mouse, SWMRS und Perturbator und der Score von Ross Tregenza, Nick Hill und weiteren Komponisten fügen sich gut in das B-Movie-Setting ein. Die Qualität der englischsprachigen Synchronisation ist durch die Bank top. Eine deutsche Synchro wurde dem Spiel nicht spendiert und so müssen wir mit deutschen Untertiteln vorliebnehmen.

Fazit

Dead Island 2 ist ein gelungener Ego-Shooter, der euch viel spielerische Freiheit bietet und der top in Szene gesetzt wird. Nach der beschwerlichen Entwicklungszeit ist das Endprodukt überraschend kompetent geworden. Wem der Vorgänger gefallen hat, der wird in Dead Island 2 auf bewährte Qualitäten treffen: Ein präzises Nah- und Fernkampfsystem, viel Loot, lustige Dialoge und eine explizite Bildsprache. Während die relativ vorhersehbare klischeebehaftete Story schnell in den Hintergrund tritt, motivierten die Rollenspielelemente bis zum Schluss. Mit über 20 Spielstunden ist die Reise nach HELL-A auch ordentlich umfangreich. Etwas mehr Abwechslung und Anspruch hätten wir uns bei den eingestreuten Rätseln gewünscht, spielbare Arcade-Automaten und auch ein etwas ausbalancierteres Finale wären schön gewesen. Der Expansion Pass soll neue Missionen, Feinde, Waffen, Fertigkeiten und Gebiete bieten und so wird es uns hoffentlich bald wieder nach HELL-A verschlagen.

Dead Island 2 wurde uns von dem Hersteller zur Verfügung gestellt. Die Screenshots wurden von uns mit der PC-Version (deutsche Version) angefertigt.