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Special

Kino im Bayerischen Landtag: The Zone of Interest

Der dreimalige BAFTA-Gewinner und für sechs Oscars nominierte Film The Zone of Interest wurde heute im Bayerischen Landtag gezeigt und wir waren vor Ort.

Vor knapp 6 Wochen hatten wir die Gelegenheit erstmals The Zone of Interest zu sehen und haben unsere Gedanken dazu bereits mit euch geteilt. Zwischenzeitlich ist der Film nicht nur in Teilen Europas angelaufen, sondern auch in bestimmten Regionen bereits als Kauf-Stream erhältlich. In Deutschland müssen wir uns länger gedulden: The Zone of Interest wird am 29. Februar 2024 in deutschen Kinos anlaufen und am 14. Juni 2024 im Heimkino auf DVD und Blu-ray erscheinen. Als Teil der Aktion “Kino im Landtag” wurde der Film von Regisseur Jonathan Glazer heute im Senatssaal des Bayerischen Landtags gezeigt und dabei von einer Diskussionsrunde begleitet. Zahlreiche Personen aus Film und Fernsehen, aus der Politik und der Wirtschaft nahmen an der Vorführung teil, darunter die Präsidentin und der Vizepräsident des Bayerischen Landtags Ilse Aigner (CSU) und Ludwig Hartmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) sowie der Unternehmer und Kunstsammler Herzog Franz von Bayern, das aktuelle Oberhaupt der Familie Wittelsbach, der früheren Herrscherfamilie des Königreichs Bayern, und Überlebender der KZ Sachsenhausen, Flossenbürg und Dachau.

Glazers Portrait der Höß-Familie um den Lagerkommandanten des Konzentrationslagers Auschwitz Rudolf Höß (Christian Friedel) und dessen Frau Hedwig (Sandra Hüller) wirkt auch beim wiederholten Ansehen nach. Immer wieder findet man neue Details im Augenwinkel einer der vielen Kameras, mit denen das Schauspiel eingefangen wurde, und Verbindungen zwischen früheren Dialogen und späteren Szenen. Die gezeigte Fassung war nicht untertitelt und so gingen manche Details verloren, etwa ein kurzer Dialog auf Polnisch, aber auch viele weitere Dialoge sind aufgrund der dokumentar-artigen Tonabmischung nicht leicht zu verstehen. Dem allgegenwärtigen Klangteppich der Todesmaschinerie und der verstörenden Musik von Mica Levi tat das keinen Abbruch. Da der Film in Deutschland noch nicht veröffentlicht wurde, war dies für viele Zusehende das erste Mal, dass sie den Film sehen konnten. Die Resonanz zu dem Film war sowohl unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Panels als auch unter den Zusenden positiv, obwohl das Holocaust-Drama sichtlich an die Substanz geht.

Im Anschluss des Films sollte ein Gespräch darüber stattfinden, welches aber auch diverse gesellschaftliche Themen der aktuellen Zeit diskutierte. Die Gesprächsrunde bestand aus Alexandra Senfft, Autorin, Beisitzerin im Präsidium der Lagergemeinschaft Dachau und Enkelin des SA-Obergruppenführer Hanns Ludin, der als Kriegsverbrecher 1947 hingerichtet wurde, Prof. Dr. Jörg Skriebeleit, Kulturwissenschaftler, Leiter der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg und Gründungsdirektor des Zentrums Erinnerungskultur an der Universität Regensburg und Prof. Dr. Dieter Frey, Leiter des LMU Center for Leadership and People Management, Professor für Sozial- und Wirtschaftspsychologie an der LMU München und Mitglied im wissenschaftlichen Beirat des NS-Dokumentationszentrums. Prof. Skriebeleit lobte den Film in seiner Gesamtheit, Senfft findet besonders den Aspekt der Mutter von Hedwig im Film spannend im Kontext des Widerstands in der NS-Zeit und Prof. Frey appelliert vor allem an die Leadership-Künste an Schulen und Universitäten, um die Werte der Demokratie stärker zu vermitteln. Schnell verlor sich die Diskussion in aktuellen Themen wie Hass und Hetze in Sozialen Medien und im Parlament oder die Gestaltung einer modernen Erinnerungskultur. An Ideen und Idealen für eine “bessere Welt”, wie es die Teilnehmenden beschreiben, mangelte es nicht, der konkrete Bezug zum Film ging allerdings verloren. Öfters wurde darauf hingewiesen, dass es immer weniger Zeitzeugen gibt, auf der Bühne war jedoch auch keiner zu finden.

Landtagspräsidentin Ilse Aigner sprach vor der Vorführung des Films und nach der Diskussionsrunde. Ihre Rede vor der Vorführung stimmte das Publikum mit passenden Worten auf den schonungslosen Film ein. Dabei wurden konkrete Szenen beschrieben, die nicht in den Trailern enthalten waren, fast schon als ob der Film vorher gesichtet wurde oder der Verleih Leonine seine Finger im Spiel hatte. Aigner schließt die Veranstaltung mit einem alten und verbreiteten Grundsatz der praktischen Ethik, auch als “Goldene Regel” bekannt: “Was du nicht willst, dass man dir tu, das füg auch keinem andern zu.” Es wäre ein guter Anfang, wenn alle diesem Grundsatz folgen würden.

The Zone of Interest wurde am vergangenen Sonntag bei den BAFTAs als Bester Britischer Film, Bester Nicht-Englischsprachiger Film und für den Besten Ton ausgezeichnet. Zudem ist der Film für sechs Oscars nominiert. Die Verleihung findet am 11. März 2024 ab Mitternacht deutscher Zeit statt.

Der Bayerische Landtag gewährte uns Zugang zu der Veranstaltung “Kino im Landtag”.