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Im Test: Valiant Hearts: Coming Home

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Knapp zehn Jahre nach dem Überraschungs-Hit Valiant Hearts: The Great War ist der Nachfolger Coming Home für alle aktuellen Systeme erschienen.

Valiant Hearts: Coming Home wurde am 27. Januar 2023 zunächst exklusiv für Netflix-Abonnenten für iOS und Android veröffentlicht. Am 9. März 2024 ist das Spiel für PC, Nintendo Switch, PlayStation 4 und Xbox One erschienen. Solltet ihr Valiant Hearts bislang verpasst haben, könnt ihr beide Spiele in einer Collection zum reduzierten Preis erwerben. Anders als The Great War wurde Coming Home maßgeblich von Old Skull Games entwickelt, allerdings waren den Credits und einer kurzen Moby Games-Recherche zu urteilen nach auch einige Entwicklerinnen und Entwickler des ersten Teils aus dem Hause von Ubisoft Montpellier an der Entwicklung des Spiels beteiligt.

Das Adventure setzt die Geschichte von Valiant Hearts: The Great War (2014) fort: Die letzten Jahre des Ersten Weltkriegs erlebt ihr in den Rollen der belgischen Sanitäterin Anna, des britischen Piloten George, des deutschen Matrosen Ernst sowie der Brüder Freddie, der für Frankreich in den Krieg zieht, und James, der als Teil der 369. Infanteriedivision, auch als Harlem Hellfighters bekannt, die US-Streitkräfte unterstützt. Anna und Freddie sind uns bereits im ersten Teil ans Herz gewachsen und so ist es umso emotionaler, die Entwicklung der beiden mitzuerleben.

Die neuen Charaktere bringen allesamt eine neue Sichtweise hinzu: Während der Bruchpilot George eine etwas untergeordnete Rolle spielt und ihm wenig Spielzeit zugeordnet wird, in welcher wir dabei helfen sein ramponiertes Flugzeug wieder in Stand zu setzen, ist der Seegang mit Ernst doch etwas interessanter gestaltet, schließlich sabotieren wir mit dem ehemaligen Händler ein deutsches U-Boot, um dem kriegerischen Treiben in der Nordsee ein Ende zu bereiten und seinen neuen amerikanischen Freund James zu beschützen. James hingegen hat mit dem tragischen Schicksal der Harlem Hellfighters zu kämpfen: Einer nach dem anderen seiner Kameraden, mit denen er auch musiziert, kommt im Krieg als Kanonenfutter um. Als wenige Lichtblicke dienen das Aufeinandertreffen mit Ernst, der ihm seine Klarinette schenkt als seine eigene in den Hafen Baltimores fällt, und die Vereinigung mit seinem älteren Bruder Freddie. Doch wie im Vorgänger sind diese Momente von kurzer Dauer und werden schnell durch den nächsten Schicksalsschlag getrübt.

Das Spiel wurde ursprünglich für mobile Endgeräte konzipiert, daher unterscheidet es sich spielerisch etwas von dem Vorgänger. Es gibt kaum große Areale zu erkunden, stattdessen knackigere Szenen, in denen wir etwa in einem Lazarett mit Anna in Quick-Time-Events Verwundete versorgen müssen, mit James hinter feindlichen Linien durch Schützengräben schleichen und in der eigenen Stellung für Nachschub sorgen, mit George im Düsenjäger feindlichen Flugzeugen, Heißluftballons und Flakgeschossen ausweichen (ähnlich zu den Fahrzeugjagden in Teil eins) und mit Freddie Stellungen markieren, die von George angegriffen werden sollen. Aufgelockert wird das Spielgeschehen durch das Musizieren der 369. Infanteriedivision rund um James, welches in Quick-Time-Form wie in einem Rhythmusspiel abläuft und in der Gesamtschau etwas fehl am Platz wirkt. Die Flugpassagen mit George sind wenig anspruchsvoll und treten einen Tick zu oft auf. Das möglichst schnelle und korrekte Verarzten der vom Krieg entstellten Menschen mit Anna hingegen lässt uns durch seine Visualisierung und das knappe Zeitlimit den Puls hochtreiben und erinnert etwas an den Indie-Hit Fall of Porcupine, welcher für das Beste Deutsche Spiel beim Deutschen Computerspielpreis nominiert wurde. Das Ausweichen von Wachen im Schützengraben ist hingegen wieder sehr einsteigerfreundlich und wenig herausfordernd gehalten.

Valiant Hearts: The Great War lebte von seiner dichten Atmosphäre, dem schicken Grafikstil und den glaubwürdigen Charakteren. Coming Home steht dem kaum nach. Auch wenn Freddie etwa weniger Screentime bekommt als noch im Vorgänger, ist er essentiell für die Geschichte. Der schicke Grafikstil des ersten Teils, welcher mit dem UbiArt Framework (u.a. auch Rayman Origins/Legends) erschaffen wurde, findet auch in Coming Home Anwendung. Der handgezeichnete Look sieht auch im Nachfolger wieder toll aus und macht die Serie einzigartig in ihrer Darstellung und Erzählweise des Ersten Weltkriegs, ähnlich wie auch 11-11 Memories Retold. Auf der Nintendo Switch wird der Detailgrad im Handheld-Modus etwas gesenkt, allerdings bleibt das Spiel immer stabil. Der von Klavier-Stücken geprägte Score des ersten Teils wird im Nachfolger ebenfalls gelungen fortgesetzt und um aufbrausende Big Band-Stücke ergänzt. Die Spielzeit ist mit circa drei Stunden erheblich kürzer als der ohnehin knapp bemessene Vorgänger und wir hätten uns gewünscht etwas mehr Zeit mit den Charakteren verbringen zu können. Ebenfalls wünschenswert wäre eine Lokalisierung der Sprachausgabe gewesen. Die deutsche Synchronisierung von Valiant Hearts: The Great War war großartig, diesmal muss man mit der ebenso hochwertigen englischen Narration vorlieb nehmen.

Fazit

Valiant Hearts: Coming Home führt die Geschichte von Valiant Hearts: The Great War über das Schicksal von Menschen unterschiedlicher Herkunft, verschiedenem Geschlechts und Berufsstandes inmitten des Ersten Weltkriegs zu einem bittersüßen Ende und setzt dabei auf den ikonischen Grafikstil, die bekannte Erzählweise und die bewährte Gameplay-Formel aus Point’n’Click-Szenen und Rhythmus-Minispielen, wobei der Fokus eher auf kürzeren Passagen liegt. Anhänger des Originals freuen sich über die gelungene Fortführung, so wirklich viel Neues bringt Coming Home allerdings nicht mit. Hier hätten wir uns etwas mehr Mut zur Innovation gewünscht. Wer story-getriebene Adventures mag und Valiant Hearts bislang verpasst hat, hat jetzt die Gelegenheit dazu der Serie eine Chance zu geben.

Ubisoft hat uns Valiant Hearts: Coming Home für die Nintendo Switch und die Screenshots zur Verfügung gestellt.