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Im Test: F1 2019 – Das bis dato beste Formel 1-Spiel

Die Formel 1 ist zurück aus der Sommerpause und nach unserer Testrunde kehren wir auf den heißen Asphalt zurück, um euch unser Fazit zu F1 2019 zu präsentieren.

Mit der Veröffentlichung von F1 2019 feierte Codemasters sein 10-jähriges Formel 1-Jubiläum. Am 19. November 2009 wanderte mit F1 2009 erstmals ein Formel 1-Spiel von den Briten über europäische Ladentheken, damals noch exklusiv für die Nintendo Wii und die PlayStation Portable. F1 2019 ist bereits am 28. Juni 2019 erschienen und damit ist in der Codie-Ära kein F1-Spiel früher erschienen. Rekordhalter war bislang F1 2015 am 10. Juli 2015.

Trotz des frühen Releases innerhalb der Formel 1-Saison 2019 – zu diesen Zeitpunkt wurden erst acht von 21 Rennen im realen Motorsport absolviert – bietet F1 2019 einen riesigen Umfang, auch wenn ein paar Fan-Favoriten nicht mit dabei sind. Einzelspieler freuen sich über einen Karriere-Modus, den klassischen Grand Prix, Zeitrennen und Herausforderungen. Im Online-Bereich gibt es Schnellrennen, Lobbies und Meisterschaften.

Im Grand Prix-Modus kann ein Rennwochenende nach Belieben gespielt werden: Zunächst entscheidet ihr euch für eine Fahrzeugklasse. F1 2019 umfasst alle Fahrer, Teams, Autos und Rennstrecken der F1-Saison 2019, der F2-Saison 2018 (die 2019er Daten soll innerhalb der nächsten Wochen als gratis Update hinzugefügt werden) und bis zu 22 klassische Flitzer, abhängig von der erworbenen Edition (18 bekommt jeder, die 2010er Ferrari F10 und McLaren MP4-25 bleiben Besitzern der Jubiläums-Edition vorbehalten und Käufer der Legends Edition erhalten zusätzlich Sennas Ferrari F1-90 und Prosts McLaren MP4/5B aus 1990). Wer es ganz realistisch will, absolviert alle Trainigs- und Qualifyingphasen sowie 100 Prozent der Renndistanz, deaktiviert alle Fahrhilfen und aktiviert Simulationsfahrzeugschäden, ist dann aber pro Rennen mehrere Stunden beschäftigt und vor eine waschechte Herausforderung gestellt. Puristen deaktivieren darüber hinaus die Rückspulfunktion, mit der ihr Fahrfehler und Crashes blitzschnell ausbügeln könnt.

Die Herausforderungen bieten etwas Abwechslung im Formel 1-Alltag: Mit vorgegebenen Autos werdet ihr entweder in das Ende eines langwierigen Rennens geschmissen und müsst unter erschwerten Bedingungen gewinnen, müsst in einem kurzen Rennen zehn Autos überholen oder eine bestimmte Zeit schlagen. Das Duell der Giganten Ayrton Senna und Alan Prost um die WM 1990 ist das übergreifende Thema der Legends Edition und daher gibt es auch hierfür ein paar passende Challenges. In F1 2011 für den Nintendo 3DS gab es noch kreativere Herausforderungen, zur Auflockerung halten sie aber allemal her. Besonders aufgrund der Tatsache, dass sie auch im Karriere-Modus zwischen den Rennen eingestreut werden und die Rivalität mit eurem Team-Kollegen befeuern. Apropos Abwechslung: Der Foto-Modus ist besonders in den Replays, wo man mehr Zeit dafür hat, ein netter Zeitvertreib. Hier könnt ihr die Kamera frei auf oder neben der Strecke platzieren, Brennweite und Objektiv bestimmen und ein paar schicke Schnappschüsse, wie der des Motorplatzers des Alfa Romeos oben, machen. Unschön: Das Logo des Spiels lässt sich nicht ausblenden, dafür an verschiedenen Stellen platzieren.

Im Karriere-Modus beginnt ihr eure Motorsport-Laufbahn am Saisonende der Formel 2. Je nachdem wie ihr abschneidet, bekommt ihr Angebote von prestigeträchtigen Teams oder von Motorställen mit weitaus weniger Budget. Toll: So integriert Codemasters die Auswahl des Schwierigkeitsgrads direkt ins Spiel, ähnlich wie im Training in Call of Duty 4: Modern Warfare. In der Karriere habt ihr die gleiche Optionsvielfalt wie im Grand Prix und könnt selbstverständlich auch die Feinabstimmung für jedes Rennwochenende vornehmen. In kurzen Interviews könnt ihr zwischen den Rennen den Ruf eures Teams steigern oder einzelne Abteilungen hervorheben und somit ihre Motivation steigern oder auch euch einen Ruf als kaltschnäuziger Einzelgänger ergattern. Abhängig von eurem Abschneiden im Qualifying und im Rennen sammelt ihr Rivalitätspunkte gegen euren Teamkollegen. Es gilt ständig euren Marktwerkt, eure Rivalitätspunkte und euren Ruf beim eigenen und fremden Teams durch Entscheidungen im Rennen in Balance zu halten. So werdet ihr es euch zwei Mal überlegen, ob ihr euren Rivalen einfach passieren lässt oder um eure Position im Team kämpft. Schießt ihr hingegen den Spitzenfahrer des rivalisierenden Teams ab, könnt ihr von diesem Rennstall aus kein unmittelbares Vertragsangebot erwarten.

Die Karriere ist motivierend, allerdings passen die Interviewfragen nicht immer unmittelbar zum gerade absolvierten Qualifying oder Rennen. Wenn wir uns hart einen vierten Platz erkämpfen und im Gespräch von einer herben Enttäuschung geredet wird und das Team ebenfalls unzufrieden ist, obwohl der Teamkollege nur im zweistelligen Bereich gelandet ist, hält sich unser Verständnis dafür gering. Zusätzlich verpasst man es, eine wirkliche Rivalität zwischen den Fahrer aufzubauen, außerhalb der fiktiven F2-Fahrer Lukas Weber und Devon Butler, die mit euch in die Königsklasse aufgestiegen sind. Eine Fahrer-Pressekonferenz, wie es sie nach jedem realen F1-Rennen gibt, ist etwa nicht enthalten.

Mit dem Sprung auf die Konsolen der aktuellen Generation hat man in F1 2015 den Splitscreen-Modus entfernt. Seither ist es umso wichtiger, dass der Online-Modus gut funktioniert und hierfür gibt es allerlei Anlass zur Kritik. Es liegt in der Natur der Sache, dass Videospiele direkt nach der Veröffentlichung meist einen holprigen Online-Start haben. Deshalb haben wir F1 2019 in den vergangenen Monaten immer wieder online gespielt und kommen nicht umher, euch unsere gemischten Gefühle dazu zu beschreiben. Zunächst bleibt positiv hervorzuheben, dass das komplette Fahrerfeld aus menschlichen Piloten bestehen kann. Leere Plätze können mit Computer-gesteuerten Konkurrenten aufgefüllt werden. Ihr könnt entweder ein schnelles Rennen mit rudimentären Einstellungen wie Rennlänge angehen – das klassische Matchmaking – oder auf Lobbies zurückgreifen. Das Menüdesign bietet direkt Anlass zur Kritik: Nicht nur sind diese Modi so versteckt, dass man sie kaum findet, auch die Benennung ist verwirrend. Im Server-Browser gibt es keine Such- oder Filterfunktion. Noch dazu ordnet das Spiel die verfügbaren Server bei jedem Start neu an und zeigt im Großteil der Fälle veraltete Daten an. Man landet also ständig in Lobbies mit begonnen Rennen und darf entweder warten oder das Spielchen von vorn beginnen. Der Online-Modus strotzt vor Fehlern: Oftmals lädt der Server-Browser erst gar nicht, wir dürfen keinen Lobbies beitreten oder Rennen starten partout nicht, ohne Möglichkeit in das Hauptmenü zurückzukehren. Nach und nach verlassen die Spieler dann das Spiel und ihre Rückkehr ist dann fraglich. Diese Fehler sind uns zuhauf passiert und das weit nach Launch.

Ist man dann mal in einem Online-Rennen, läuft das Spiel gut. Wir haben dann keine Verbindungsabbrüche oder Lags erlebt. Lediglich bei Kontrahenten von einem anderen Kontinent kann es zu Lags kommen. Das Verhalten der Fahrer sollte man in jedem Fall besser ahnden. Hat man früher Abzüge von Erfahrungspunkte erfahren, wenn man andere Spieler weg crasht, ist das in F1 2019 nicht der Fall. Daher ist es an der Tagesordnung, Rambos auszuweichen. Glücklicherweise sind diese allerdings in der Minderheit, da der Großteil des Fahrerfelds ehrenwert um seine Position kämpft.

Der Meisterschaftsmodus erlaubt es, mit bis zu 20 Fahrern ein ganze Saison anzugehen. Zur Verfügung stehen alle Autos der F1, F2 und Klassiker, Rennen können an festgelegten Tagen stattfinden oder man startet sie spontan. Zunächst gibt es auch hier allerlei Fehler: Als Host oder Mitglied kann man Änderungen an den Einstellungen vorschlagen und zur Abstimmung stellen. Erst wenn alle zugestimmt haben, kann die Regeländerung vollzogen werden. In unserem Fall wollten wir lediglich den Schwierigkeitsgrad der Künstlichen Intelligenz (KI) von 40 auf 30 senken. Es hat uns bestimmt ein Dutzend Versuche gebraucht, bis das System die Änderung vorgenommen hat. Darüber hinaus haben wir oftmals die o.g. Lobby-Probleme erlebt. Cool: Ihr könnt nicht nur mit den Originalautos fahren, sondern auch mit einem von Codemasters speziell designten Fantasieauto, das ihr nach Belieben anpassen könnt. Spieler der Legends Edition stehen hierfür Skins im Senna– und Prost-Design zur Verfügung, die wir natürlich direkt angelegt haben. Ob wir der Rivalität zwischen Senna und Prost in unserer F1 2019 Meisterschaftssaison Ehre gemacht haben, könnt ihr in der unten stehenden Playlist in 4K und 60 FPS ansehen. Die Veröffentlichung der kommenden Videos wird immer am Samstag um 15 Uhr vor dem jeweiligen real gelegten Rennsonntag erfolgen.

Die Wahrheit liegt natürlich auf dem Asphalt. Nach zahlreichen Rennen bestätigt sich unser positiver erster Eindruck, es gibt aber auch hier allerlei Anlass zur Kritik. Zunächst ist das Fahrgefühl, sobald in einem der PS-starken Boliden Platz nimmt, fantastisch, womöglich sogar besser als jemals zuvor in einem reinen Formel 1-Spiel. Selbst als regelmäßiger Spieler der Vorgänger muss man sich zunächst an das Fahrverhalten der Rennwagen gewöhnen. Sobald man allerdings ein Gefühl für die richtige Dosierung von Gas und Bremse und die für sich ideale Linie gefunden hat (Anfänger oder Gelegenheitsspieler schalten die eine 3D-Ideallinie hinzu, die Bremspunkte anzeigt) und im Qualifying die Pole Position ergattert, ist die Freude groß. Auch die Simulation von Boxenstopps und Funkverkehr mit der Crew ist gelungen. Per Sprachbefehl lassen wir uns die Position unseres Teamkollegen, den Zustand unseres Autos durchsagen und legen fest, welche Reifenmischung wir als nächstes aufziehen wollen. Diese Strategie könnt ihr allerdings bereits vor dem Rennen festlegen und viele der Informationen und Befehle erhaltet ihr bzw. könnt ihr auch mit Knöpfen vollführen. Da eure Konzentration allerdings besonders bei anspruchsvollen Strecken wie Monaco, Suzuka oder Singapur auf der Kontrolle des Fahrzeugs liegen sollte, machen die Sprachbefehle durchaus Sinn. Allerdings funktionieren sie oftmals nicht richtig, da das Spiel euren Befehl nicht erkennt. Außerdem beißt sich das System mit dem Sprach-Chat mit Mitstreitern. Die Boxenstopps laufen entweder voll automatisiert ab oder ihr steigert graduell den Anspruch. Eure Sicherheit ist eurer Crew allerdings herzlich egal und so sind folgenlose “Unsafe Releases” an der Tagesordnung.

Das große Problem der F1-Spiele von Codemasters ist das Strafensystem und auch in F1 2019 funktioniert die Regelauslegung mehr schlecht als recht. Euer Gegner schießt euch hinterhältig ab? Beide bekommen eine Kollisionsverwarnung. Ihr berührt den Grünstreifen, fliegt ab, fahrt wieder auf die Fahrbahn und obwohl ihr ausweicht erwischt euch ein KI-Fahrer? 5 Sekunden Stop-and-Go-Strafe. Die Liste an unfairen Bestrafungen in F1 2019 können wir endlos fortsetzen. Selten liegt das System richtig, außer wenn es einmal um die blaue Flagge zur Überrundung geht. Selbst hier gibt es ab und an Zeitstrafen, obwohl der Überrundete einfach schneller fährt als der besser positionierte Fahrer dahinter. In Anbetracht der 10-jährigen Historie ist es ein Armutszeugnis von Codemasters, dass sie das Regelsystem immer noch nicht halbwegs funktionstüchtig gemacht haben. Ausschalten kann man es indes nicht, lediglich noch strenger schalten.

Ein paar Worte zur KI: Die Schwierigkeit lässt sich von 1 bis 100 Punkten frei wählen. Somit hat man viel Spielraum, um die Rennen herausfordernd aber nicht frustrierend zu gestalten. In der Theorie. In der Praxis muss man die KI-Fahrer mit Samthandschuhen anfassen, schließlich fahren sie stur ihre Linie ab, komme was wolle. Sollte die Ideallinie ein Überholmanöver also an einer Stelle nicht zulassen, werdet ihr einfach abgeräumt. Es gibt auch diverse spannende Duelle, die wir mit der KI hatten. Sie liefern sich auch gegenseitig beinharte Positionskämpfe. Mit etwas mehr Übersicht auf den Rennstrecke und Feingefühl gegenüber den menschlichen Kontrahenten würden die Rennen gegen die KI um einiges mehr Spaß machen.

Grafisch ist F1 2019 bedenkenlos das bis dato schönste Formel 1-Rennspiel. Die Autos wurden bis zum letzten Sponsorenaufkleber eins zu eins ihren realen Vorbildern nachmodelliert. Auch die Rennstrecken entsprechen ihren realen Vorbildern. Dank des überarbeiteten Beleuchtungssystems sind die Nachtrennen in Abu Dhabi und Singapur ein visueller Genuss. Lediglich das Leben um die Strecke ist etwas starr. Hier hätten wir uns etwas mehr Leben gewünscht, schließlich hat Codemasters mit ihren Rallye-Spielen bewiesen, dass sie das drauf haben. F1 2019 läuft auf PlayStation 4 und Xbox One in Full HD-Auflösung bei 60 Bildern pro Sekunde, wobei das Bild der Xbox One auf diese Auflösung hochgerechnet wird und auf der PS4 in nativen 1.920×1.080 Pixeln dargestellt wird. Die Xbox One X nutzt eine ähnliche Darstellungsweise, erhöht die Auflösung allerdings auf 3.840×2.160 Pixel (4K). Auf der PS4 Pro werden die Bildinformationen auf 3.200×1.800 Pixel hochgerechnet. Diese Infos stammen von Eurogamers Digital Foundry.

F1 2019 läuft auf der Xbox One X butterweich und sieht gestochen scharf aus. Egal wie viel auf der Strecke los ist und wie schwierig die Wetterverhältnisse sind, die Bildwiederholungsrate senkt sich äußerst selten von 60 Bildern pro Sekunde ab. Im Vorjahr haben wir F1 auf der PS4 Pro gespielt und “Screen Tearing” (Zeilenverschiebungen) war dort ein ernsthaftes Problem. Das haben wir in diesem Jahr auf der X nicht erlebt. Auch die Motoren- und Umgebungsgeräusche überzeugen. Wie im Handling gibt es auch im satten bis schrillen Motorensound einen himmelweiten Unterschied zwischen einem aktuellen Ferrari SF90, in dem Vettel und Leclerc ihren Job machen, und dem 1976er Ferrari 312 T2, in dem Lauda und Villeneuve ihre Runden drehten. Die Musik reicht zwischen offiziellen Melodien der TV-Übertragung bis hin zu generischer Untermalung. Als deutsche Sprecher konnte man Heiko Wasser von RTL gewinnen, ihm gegenüber ist allerdings kein bekannter Sport-Kommentator. Die beiden kommen ohnehin wie Kai Ebel nur zwischen den Events zu Wort.

Fazit

F1 2019 ist ein gelungen Rennspiel für Neueinsteiger und Profis. Fahrgefühl, Umfang und Grafik waren nie besser in einem F1-Spiel. In Sachen KI, Regelsystem und Online-Stabilität besteht jedoch starker Verbesserungsbedarf. Wir freuen uns bereits auf das bald erscheinende Formel 2-Update mit den Fahrern der Saison 2019 und würden im Angesicht der Verfügbarkeit von zahlreichen alten Karossen die Wiederaufnahme von klassischen Strecken wie Brand’s Hatch und Imola wie im 2013er-Teil begrüßen.

Alle Screenshots und das Videomaterial wurden von uns mit der Xbox One X aufgenommen.